Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Janusprojekt

Das Janusprojekt

Titel: Das Janusprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
nicht. Nichts Konkretes.»
    «Dann beantworte mir eine Frage», sagte ich. «Glaubst du, ich könnte mich für ihn ausgeben? In Wien. Bei diesen Anwälten.»
    Sie sah mich an und dachte einen Moment darüber nach. Dann nickte sie langsam. «Das ist eine Pfundsidee», sagte sie. «So weit ich weiß, war er schon zwanzig Jahre nicht mehr in Wien. In zwanzig Jahren kann man sich ziemlich verändert haben.»
    «Vor allem in den letzten zwanzig Jahren», sagte ich und ballte die Faust. «Ich war mal Kirchenorganist. Wo ist sein Pass?»
    «Das ist wirklich eine glänzende Idee», sagte sie enthusiastisch.
    «Nicht besonders nobel», sagte ich.
    «Aber nützlich. Und in dieser konkreten Situation ist nützlich vielleicht besser als nobel. Auf so was wäre ich nie gekommen.»
    Engelbertina stand auf, ging hinaus und kam mit einem braunen Umschlag wieder.
    Ich öffnete ihn und entnahm ihm einen Pass. Ich sah ihn mir genau an. Er war noch gültig. Ich studierte das Foto kritisch. Ich reichte ihr das Dokument. Sie musterte das Foto und fuhr mir dann mit den Fingern durchs Haar, als ob sie feststellen wollte, ob da nicht zu viel Grau war. «Deine Frisur müssten wir natürlich ändern», sagte sie. «Du bist älter als Erich. Aber das Komische ist, du siehst nicht viel älter aus. Doch, ja, man könnte dich für ihn halten.» Sie wippte auf meiner Bettkante. «Wollen wir ihn nicht fragen, was er davon hält?»
    «Nein», sagte ich. «Lass uns noch abwarten. Bis heute Abend. Im Moment ist er wahrscheinlich zu durcheinander, um darüber nachdenken zu können.»

27
    «Das ist eine Schnapsidee», sagte Erich Grün, als ich ihm meine Idee dargelegt hatte. «Die verrückteste Schnapsidee, die ich je gehört habe.»
    «Warum?», fragte ich. «Sie sagen doch, Sie sind diesem Anwalt nie begegnet. Er weiß nicht, dass Sie im Rollstuhl sitzen. Ich zeige ihm Ihren Pass, und er sieht eine ältere, dickere Ausgabe der Person auf dem Foto vor sich. Ich unterschreibe die Papiere. Sie kriegen Ihre Erbschaft. Leichter geht es kaum. Solange da wirklich niemand ist, der Sie näher gekannt hat.»
    «Meine Mutter war eine sehr schwierige Person», sagte Grün. «Sie hatte kaum Freunde. Ich war nicht der Einzige, mit dem sie nicht auskam. Selbst mein Vater konnte sie nicht ertragen. Sie war nicht mal auf seiner Beerdigung. Nein, da ist nur der Anwalt. Aber hören Sie, die wissen, dass ich Arzt war. Wenn sie Ihnen nun irgendeine medizinische Frage stellen?»
    «Ich komme, um eine Erbschaft anzutreten», sagte ich. «Nicht um mich für eine Stelle im Krankenhaus zu bewerben.»
    «Stimmt.» Grün inspizierte den Inhalt seiner Pfeife. «Trotzdem, das behagt mir nicht. Es fühlt sich so unehrlich an.»
    Engelbertina zog die Decke über seinen Beinen zurecht. «Bernie hat recht, Erich. Einfacher geht es nicht.»
    Grün sah Henkell an und streckte ihm seinen Pass hin. Henkell hatte sich noch nicht zu meinem Plan geäußert. «Was meinst du, Heinrich?»
    Henkell studierte das Foto ausgiebig. «Ich glaube, es besteht kein Zweifel, dass Bernie als ein etwas älter gewordener Erich Grün durchgehen kann», sagte er. «Und es besteht auch kein Zweifel, dass das Geld unseren Forschungen sehr zugute käme. Major Jacobs stellt sich stur, was das Elektronenmikroskop angeht. Er sagt, wir müssen bis zum nächsten Frühjahr warten, wenn seine Abteilung neue Mittel erhält.»
    «Daran habe ich noch gar nicht gedacht», sagte Grün. «Du hast recht. Das Geld wäre wirklich von großem Nutzen, was? Das Vermögen meiner Mutter könnte unsere Arbeit problemlos finanzieren.» Er lachte bitter. «Mein Gott, sie würde sich im Grab umdrehen.»
    «Ich habe ziemlich viel von meinem eigenen Geld reingesteckt, Erich», sagte Henkell. «Nicht, dass es mir etwas ausmacht. Das weißt du. Ich werde alles tun, um diese Vakzine zu isolieren. Aber Jacobs wird allmählich lästig. Wenn wir neue Mittel hätten, könnten wir es uns leisten, ihn und die Amis auszubooten. Dann wäre das ein rein deutsches Forschungsunternehmen. Genau wie früher.»
    «Wenn Bernie für mich hinführe, würde das schon eine Menge Probleme lösen, nicht wahr?», sagte er. «Ich fühle mich wirklich nicht in der Lage, selbst hinzufahren. Da hattest du recht.»
    «Die Frage ist nur», sagte Henkell, «ob Sie sich dazu in der Lage fühlen, Bernie. Sie sind gerade erst wieder genesen. Und Sie sagen selbst, dass Sie immer noch sehr leicht müde werden.»
    «Mir geht es gut», wischte ich seine Bedenken weg. «Ich

Weitere Kostenlose Bücher