Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Janusprojekt

Das Janusprojekt

Titel: Das Janusprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
schaffe das.»
    In vielfacher Hinsicht war der Aufenthalt in Henkells Haus genau das Richtige für mich. Ich hatte wieder etwas zugenommen. Sogar im Schach hatte ich dank Grüns hilfreicher Tipps Fortschritte gemacht. Oberflächlich betrachtet, war es wohl selbst dem Floh in der Mähne von Kaiser Caligulas Lieblingspferd nicht bessergegangen. Aber ich wollte unbedingt nach Wien. Ich hatte nämlich bei genauerer Untersuchung der leeren Blätter aus Major Jacobs’ Notizblock den Abdruck einer Wiener Adresse gefunden. Horlgasse 42, Wohnung 3. Neunter Bezirk. Komischerweise dieselbe Adresse, die mir der vermeintliche Butler am Telefon für Britta Warzok gegeben hatte. Ein weiterer Grund war Engelbertina.
    «Dann bin ich einverstanden», sagte Grün und rauchte seine Pfeife wieder an. «Ich bin einverstanden, aber unter folgenden Bedingungen. Und die sind unumstößlich. Die erste Bedingung ist, dass Sie dafür bezahlt werden. Meine Familie ist reich, und ich werde für immer in Ihrer Schuld stehen, also muss es schon ein anständiger Betrag sein. Ich denke, zwanzigtausend österreichische Schilling wären für einen so wertvollen Dienst angemessen.»
    Ich hob an zu protestieren, dass das zu viel sei, aber Grün schüttelte den Kopf. «Keine Widerrede. Wenn Sie meine Bedingung nicht akzeptieren, dann akzeptiere ich nicht, dass Sie hinfahren.»
    Ich zuckte die Achseln. «Wenn Sie darauf bestehen», sagte ich.
    «Und nicht nur das Honorar, sondern die Übernahme sämtlicher Spesen», setzte er hinzu. «Sie sollen so logieren, wie ich es täte, jetzt, wo ich reich bin.»
    Ich nickte, nicht sonderlich erpicht darauf, mich gegen solche Großmut zu wehren.
    «Meine dritte Bedingung ist delikater», sagte er. «Sie erinnern sich vermutlich, dass ich Ihnen erzählt habe, wie ich damals in Wien ein Mädchen in anderen Umständen habe sitzenlassen. Ich weiß, es ist ein bisschen spät, aber ich möchte da eine kleine Wiedergutmachung leisten. Ihr Kind, mein Kind, muss jetzt einundzwanzig sein. Ich möchte beiden etwas Geld zukommen lassen. Aber sie sollen nicht wissen, dass es von mir ist. Deshalb möchte ich, dass Sie sie aufsuchen und so tun, als kämen sie als Privatdetektiv im Auftrag einer Person, die anonym bleiben möchte. Irgendetwas in der Art jedenfalls. Sie wissen ja sicher, wie man so was macht, Bernie.»
    «Und wenn die beiden tot sind?», sagte ich.
    «Wenn sie tot sind, sind sie tot. Ich habe eine Adresse. Sie könnten dort nachfragen.»
    «Ich werde Jacobs dazu bringen, uns bei der Beschaffung der nötigen Papiere zu helfen», sagte Henkell. «Sie brauchen eine alliierte Reiseerlaubnis, um durch die britische, französische und amerikanische Zone zu fahren. Und einen Passierschein für die russische. Wie wollen Sie denn hinkommen?»
    «Am liebsten mit dem Zug», sagte ich. «Das ist am unauffälligsten.»
    «Ich gehe immer zu einem Reisebüro am Münchner Hauptbahnhof», sagte Henkell. «Ich werde veranlassen, dass die Ihnen eine Fahrkarte ausstellen. Wann wollen Sie fahren?»
    «Wie lange braucht Jacobs, um diese Papiere zu besorgen?»
    «Nicht lange, würde ich meinen», sagte Henkell. «Er hat ziemlich gute Verbindungen.»
    «Das habe ich schon mitgekriegt.»
    «Vierundzwanzig Stunden?», sagte Henkell.
    «Dann fahre ich übermorgen.»
    «Aber welchen Namen soll ich angeben?», fragte Henkell. «Ihren oder Erichs? Das müssen wir uns gut überlegen. Mal angenommen, Sie werden durchsucht und man findet bei Ihnen einen zweiten Pass? Die würden doch annehmen, dass einer falsch ist und dass Sie illegal aus der russischen Zone geflohen sind. Man würde Sie den Russen übergeben, und die würden Sie ins Arbeitslager stecken.» Er runzelte die Stirn. «Es ist ganz schön riskant, Bernie. Sind Sie wirklich sicher, dass Sie’s tun wollen?»
    «Es würde komisch aussehen, wenn meine Reisepapiere auf einen Namen lauten würden und meine Hotelbuchung auf einen anderen», sagte ich. «Da könnten Ihre Anwälte leicht dahinterkommen. Nein, aus Kontinuitätsgründen muss alles – Fahrkartenbestellung, Reisepapiere, Hotelbuchungen – auf den Namen Erich Grün gehen. Und meinen eigenen Pass werde ich in meiner Münchner Wohnung lassen.» Ich zuckte die Achseln. «Ich würde in Wien sowieso nicht gern meinen eigenen Pass benutzen. Als ich das letzte Mal dort war, hatte ich eine unersprießliche Begegnung mit einem MWD-Oberst namens Poroschin.»
    «Und die Beerdigung?», fragte Grün.
    «Könnte riskant sein, da hinzugehen»,

Weitere Kostenlose Bücher