Das Janusprojekt
Gott erfreut ist, wenn wir jemandem den Schädel wegpusten. Die schon.»
Das Treffen fand in Eichmanns riesiger Suite im National statt.
Der Großmufti, einen Kopf kleiner als alle Übrigen im Raum, trug einen weißen Turban und ein schwarzes Gewand. Er war absolut humorlos und ziemlich aufgeblasen, was durch das kriecherische Verhalten seiner Gefolgsleute zweifellos noch gefördert wurde. Am meisten verblüffte mich, wie ähnlich er Eichmann sah. Eichmann mit ergrautem Bart. Vielleicht verstanden sie sich deshalb so gut.
Hadsch Amin war in Begleitung von fünf Männern, alle im sandfarbenen Tropenanzug mit Tarbusch, der ägyptischen Version des Fez. Sein Dolmetscher hatte ein graues Hitlerbärtchen, ein Doppelkinn und die Augen eines Mörders. Er hielt einen dicken, geschnitzten Gehstock in der Hand und trug wie die übrigen Araber – bis auf Hadsch Amin selbst – ein Schulterhalfter.
Hadsch Amin sprach nur Arabisch und Französisch, aber das Deutsch seines Dolmetschers war gut. Der Mann vom deutschen Nachrichtenbüro, Franz Reichert, der inzwischen von seinen Magenbeschwerden genesen war, übersetzte ins Arabische, was die beiden SD-Leute sagten. Ich saß neben der Tür, lauschte dem Gespräch und mimte eine Wachsamkeit, wie sie mir als selbsternanntem SD-Leibwächter zukam. Hauptsächlich redete Hadsch Amin, und was er sagte, war zutiefst schockierend – nicht zuletzt, weil ich nicht auf seinen abgrundtiefen Antisemitismus gefasst war. Auch Hagen und Eichmann mochten Juden nicht. Das war in Deutschland nichts Ungewöhnliches. Sie rissen Witze über die Juden und wollten sie aus dem öffentlichen Leben in Deutschland verbannt sehen, aber Hagens Antisemitismus schien mir naiv und der von Eichmann nicht viel mehr als Opportunismus. Hadsch Amin hingegen war von einem erbitterten Judenhass erfüllt.
«Die Juden», sagte Hadsch Amin, «haben eine Veränderung des Lebens in Palästina gebracht. Und wenn sie ungehindert so weitergeht, führt sie unweigerlich zur Vernichtung der Araber in Palästina. Wir haben ja nichts dagegen, dass Leute als Besucher in unser Land kommen. Aber die Juden kommen als Invasoren nach Palästina. Sie kommen als Zionisten, ausgestattet mit allen Äußerlichkeiten des modernen europäischen Lebens, die als solche schon einen Angriff auf die heiligsten Grundsätze des Islam darstellen. Wir sind die europäische Lebensart nicht gewohnt. Wir wollen sie nicht. Wir wollen, dass unser Land so bleibt, wie es war, ehe die Juden es überschwemmten. Wir wollen keinen Fortschritt. Wir wollen keinen Wohlstand. Fortschritt und Wohlstand sind die Feinde des wahren Islam. Und es wurde bereits genug geredet. Mit den Briten, den Juden, den Franzosen. Jetzt reden wir mit den Deutschen. Aber ich sage Ihnen, von nun an wird allein das Schwert über das Geschick dieses Landes entscheiden. Dessen sollten die Deutschen sich bewusst sein, bevor sie den Zionismus unterstützen. Unsere Politik ist es, alle Zionisten und diejenigen, die den Zionismus befördern, bis auf den letzten Mann zu vernichten. Aber ich bin nicht hierhergekommen, um Ihrem Führer zu drohen, Herr Eichmann. Deutschland ist kein imperialistisches Land wie Großbritannien. Es hat keinem einzigen arabischen oder moslemischen Land jemals etwas angetan. Es war im Krieg mit dem Osmanenreich verbündet. Ich habe selbst in der Osmanenarmee gedient. Deutschland hat immer gegen unsere imperialistischen und zionistischen Feinde gekämpft. Gegen die Franzosen. Die Briten. Die Russen. Die Amerikaner. Dafür gebührt Ihrem Volk unsere Dankbarkeit und Bewunderung. Nur dürfen Sie uns keine Juden mehr schicken, Herr Eichmann. Ich habe das großartige Buch des Führers gelesen. Zwar nur in der Übersetzung. Aber ich glaube dennoch behaupten zu dürfen, dass ich das Denken des Führers kenne, meine Herren. Er hasst die Juden wegen der Niederlage, die sie 1918 über Deutschland gebracht haben. Er hasst die Juden, weil es der Jude Chaim Weizmann war, der das Giftgas erfand, das den Führer im Krieg verletzte und zu seiner vorübergehenden Erblindung führte. Für seine Wiederherstellung danken wir Gott. Der Führer hasst die Juden, weil sie Amerika dazu gebracht haben, an der Seite der britischen Zionisten in den Krieg einzutreten, und die dazu beitrugen, dass Deutschland den Krieg verlor. Das alles verstehe ich nur zu gut, meine Herren, weil auch ich die Juden hasse. Aus unzähligen Gründen. Vor allem aber hasse ich den Juden als Verfolger Jesu, der ein
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