Das Janusprojekt
das ist gut. Ist natürlich nicht das, was er will. Er will viel mehr. Zum Beispiel sämtliche Funktionen unseres Referats übernehmen.» Er klopfte mir auf die Schulter. «Danke, Gunther. Sie sind ein feiner Kerl, wissen Sie das? Ja. Sie können ihm sagen, ich hätte mir auf Spesen einen schicken neuen Tropenanzug gekauft. Das wird ihn auf die Palme bringen.»
«Den haben Sie ja auch auf Spesen gekauft», sagte Hagen. «Von dem übrigen Zeug mal ganz abgesehen. Tropenhelme, Moskitonetze, Wanderstiefel. Er hat mehr Material mitgeschleppt als die italienische Armee. Nur nicht das, was wir wirklich brauchen. Wir haben keine Pistolen. Wir sind im Begriff, uns mit dem gefährlichsten Terroristen in ganz Nahost zu treffen, und haben nichts zu unserer Selbstverteidigung.»
Eichmann zog eine Grimasse, was ihm nicht weiter schwerfiel. Sein normaler Gesichtsausdruck war schon fratzenhaft genug. Sooft er mich ansah, dachte ich, er würde mir gleich erklären, dass ihm meine Krawatte missfiel. «Es tut mir leid», sagte er zu Hagen. «Ich sagte es ja schon. Es ist nicht meine Schuld. Aber ich weiß nicht, was wir da jetzt noch machen könnten.»
«Wir waren auf der deutschen Botschaft und haben dort um Waffen gebeten», erklärte mir Hagen. «Aber ohne offizielle Genehmigung aus Berlin wollen sie uns keine geben. Und wenn wir die anfordern würden, stünden wir da wie die letzten Dilettanten.»
«Können Sie nicht einfach zu einem Waffenhändler gehen und sich Pistolen kaufen?», fragte ich.
«Die Briten sind wegen der Lage in Palästina so nervös, dass sie den Verkauf von Waffen in Ägypten verboten haben», sagte Hagen.
Ich hatte schon die ganze Zeit darüber nachgedacht, wie ich es schaffen könnte, bei ihrem Treffen mit Hadsch Amin dabei zu sein. Jetzt sah ich eine Möglichkeit. «Ich kann eine Waffe besorgen», sagte ich. Ich wusste schon, wer mir eine leihen würde.
«Wie denn?», fragte Eichmann.
«Ich war schließlich mal bei der Kripo», erklärte ich ausweichend. «Es gibt immer Mittel und Wege, an Waffen zu kommen. In einer Stadt wie Kairo erst recht. Man muss nur wissen, wo man zu suchen hat. Die Unterwelt funktioniert überall auf der Erde gleich.»
Ich suchte Feivel Polkes in seinem Zimmer im Savoy auf.
«Ich weiß jetzt, wie ich bei ihrem Treffen mit Hadsch Amin dabei sein kann», erklärte ich. «Sie haben Angst vor der Istiqlal und vor den Moslembrüdern. Und sie haben Angst vor der Haganah. Und irgendwie haben sie es geschafft, ohne Pistolen zu reisen.»
«Die Angst ist vollkommen berechtigt», sagte Polkes. «Wenn Sie sich nicht bereit erklärt hätten, die beiden auszuhorchen, hätten wir sie vermutlich umgebracht und es dann den Arabern in die Schuhe geschoben. Wäre nicht das erste Mal gewesen. Gut möglich, dass der Großmufti seinerseits auf die Idee gekommen ist, uns etwas anzuhängen. Sie sollten vorsichtig sein, Gunther.»
«Ich habe mich erboten, in der Kairoer Unterwelt eine Waffe zu beschaffen und als ihr Leibwächter zu fungieren», sagte ich.
«Wissen Sie denn, wo Sie hier eine Waffe kaufen können?»
«Nein. Ich hatte gehofft, Sie könnten mir Ihren Webley borgen.»
«Kein Problem», sagte Polkes. «Ich kriege jederzeit einen neuen.» Er zog das Jackett aus, schnallte sein Holster ab und reichte es mir. Der Webley war so schwer wie ein enzyklopädisches Lexikon und beinah ebenso unhandlich. «Das ist ein Kipplaufrevolver mit Spannabzug, Kaliber fünfundvierzig», erklärte Polkes. «Wenn Sie damit schießen müssen, bedenken Sie zwei Dinge: Zum einen gibt es einen Rückschlag, als ob Sie ein Maultier tritt. Und zum Zweiten hängt da eine gewisse Geschichte dran, wenn Sie verstehen, was ich meine. Also werfen Sie das Ding in den Nil, wenn Sie können. Und noch eins. Seien Sie vorsichtig.»
«Das sagten Sie schon.»
«Ich meine es ernst. Das sind die Kerle, die Lewis Andrews ermordet haben, den Hochkommissar von Galiläa.»
«Ich dachte schon, das waren Ihre Leute.»
Polkes grinste. «In diesem Fall nicht. Wir sind jetzt in Kairo. Kairo ist nicht Jaffa. Hier sind die Briten zurückhaltender. Hadsch Amin wird nicht zögern, Sie alle drei umzubringen, wenn er glaubt, Sie könnten mit uns ins Geschäft kommen, also tun Sie so, als gefiele Ihnen das, was er sagt, auch wenn es nicht der Fall ist. Diese Leute sind Irre. Religiöse Fanatiker.»
«Ihre Leute doch auch, oder nicht?»
«Nein, wir sind einfach nur Fanatiker. Das ist etwas anderes. Wir gehen nicht davon aus, dass
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