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Das Jesusfragment

Das Jesusfragment

Titel: Das Jesusfragment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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anderen Ende der Leitung fort. »Jetzt wird es etwas kompliziert. Du musst ein gutes visuelles Gedächtnis haben. Du wirst jetzt nacheinander die Zacken der waagrechten und senkrechten Achse abklappern. Immer eine Zacke jeder Achse gleichzeitig. Dadurch müsstest du dreiunddreißig neue Positionen erhalten. Jede müsste dir eine einzige Farbe des Gemäldes zeigen.«
    »Ja«, fuhr ich fort, »und die Position der Farbe in der Palette ergibt eine Zahl. Lucie hat es richtig erraten.«
    »Ausgezeichnet. Mach weiter!«
    Ich atmete tief durch. Ich wusste, dass es nicht leicht werden würde. Mein Gedächtnis würde nie und nimmer gut genug sein, um mir die Position der jeweiligen Farbe in der Palette zu merken, und ich würde regelmäßig zur ersten Position zurückkehren müssen. Es war nicht einfach, aber ich durfte keine Zeit vergeuden.
    Ich setzte die fantastische Maschine von Leonardo da Vinci in Bewegung. Durch den kleinen Sucher entdeckte ich eine leuchtende Farbe nach der anderen. Lucie reichte mir Papier und Bleistift, und ich fing an, Notizen zu machen. Mehrere Male irrte ich mich. Ich musste wieder zurückgehen. Streichen, was ich aufgeschrieben hatte. Von vorn anfangen. Meine Augen begannen zu brennen. Mein Blick wurde trüb. Ich trat etwas zurück, schüttelte den Kopf und machte mich von neuem an die Arbeit.
    Es war ein magischer Augenblick. Der Raum war erfüllt von respektvollem, ängstlichem Schweigen. Wir warteten alle auf das Geheimnis, das da Vinci uns über die Jahrhunderte hinweg hinterlassen hatte. Ich hatte das Gefühl, in seinem Atelier in Mailand zu stehen. Sein Lachen hinter mir zu hören. Leonardo war zufrieden. Seine Schlauheit hatte sich bewährt.
    Nach einer halben Stunde oder vielleicht etwas später, richtete ich mich wieder auf und verkündete, dass ich fertig war.
    »Und?«, fragte mich François.
    »Und was?«, fragte ich zurück und zeigte ihm meine Notizen. »Es sind nur Zahlen.«
    Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Es war 21:15 Uhr. Wir hatten nicht die Zeit, uns den Code näher anzusehen. Die dreiunddreißig Zahlen waren da. In meiner Hand. Der Schlüssel, der es ermöglichen würde, die Botschaft Jesu zu entziffern. Und ich musste ihn denen aushändigen, die Sophie entführt hatten.
    Was erhofften sie sich? Wollten sie die Botschaft vor allen anderen entdecken und für sich behalten? Wussten sie, dass wir im Besitz des Textes waren und ihn auch entschlüsseln konnten? Würden sie dann versuchen, uns zu töten? Das war eine Möglichkeit. Fast eine Tatsache. Aber ich hatte nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Im Augenblick zählte nur eins: Sophie retten.
    »Wir fahren jetzt los! Wir werden den Code sofort zum Père-Lachaise bringen. Das ist unsere einzige Chance!«
    »Okay, gehen wir!«, wiederholte François.
    »Nein!«, unterbrach ich ihn. »Du nicht. Ich gehe mit Badji allein.«
    »Das meinst du doch nicht im Ernst?«
    »Ich meine das sehr ernst, François. Ihr bleibt alle hier. Ich habe keine Lust, dass etwas schief geht. Ich gehe allein, nur mit Stéphane.«
    Badji trat vor.
    »Es kommt überhaupt nicht in Frage, dass Sie mitfahren, François. Ich weigere mich, dieses Risiko einzugehen. Aber dafür, Monsieur Louvel«, wandte er sich an mich, »werden wir ganz bestimmt nicht allein dorthin gehen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich rufe die Jungs aus meinem Laden an.«
    »Sie sind verrückt! Wir sind auf keiner Kommandomission!«
    »Hören Sie, Louvel, ich mag Sie gern, aber wir haben jetzt keine Zeit, darüber zu debattieren, okay? Können Sie mit einer Waffe umgehen?«
    »Nein.«
    »Haben Sie schon mal an einer Geiselbefreiung teilgenommen?«
    »Nein, aber …«
    »Gut, ich schon«, unterbrach er mich, »das ist mein Beruf, okay? Also, Sie vertrauen mir, dann haben wir gute Chancen.«
    »Es darf unter keinen Umständen schief gehen!«, erwiderte ich.
    Er nickte. Er griff nach seinem Handy und machte sich auf den Weg zu seinem Wagen. Ich sah, wie er im Kofferraum seines Safranes etwas suchte und gleichzeitig mit seinen Kollegen telefonierte.
    François stellte sich vor mich hin.
    »Bitte, ruft uns alle drei Minuten an, wir werden hier umkommen vor Sorge um euch!«
    »Vielleicht nicht alle drei Minuten«, erwiderte ich, »aber wir rufen auf jeden Fall an. Versprochen.«
    Wir hatten noch eine Dreiviertelstunde bis zum Friedhof. Wir durften keine Minute mehr verlieren. Uns blieb nur die Autofahrt, um uns vorzubereiten.
    Estelle brachte mir meinen Mantel. Ich steckte den

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