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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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das Universum, abgesehen von lokalen Fluktuationen, im Gleichgewicht befindet und schon immer befunden hat – tat Lemaîtres Theorie als »Urknall«* [* So der deutsch eingebürgerte Begriff, eigentlich der Große Knall (Big Bang). – Anm. d. Übers. ] ab. Der Name hielt sich. Die Theorie ebenfalls, zu Hoyles Unbehagen. Hoyle hatte die Theorie vom stationären Zustand 1948 entwickelt, unterstützt von Thomas Gold, Hermann Bondi und anderen. Sie erforderte, dass in den leeren Räumen zwischen den Sternen ständig neue Materie entsteht, sacht, Teilchen für Teilchen, damit die Dichte des Universums nicht abnimmt, während das Universum größer wird. Die notwendige Erzeugungsrate war niedrig, etwa ein Wasserstoffatom pro Kubikmeter alle Milliarden Jahre.
    Zu Hoyles Pech häuften sich immer mehr Indizien gegen die Theorie vom stationären Zustand und für den Urknall an. Der rauchende Revolver war die Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung 1965, ein zufälliges Knistern im Radiorauschen, das entstand – wie wir inzwischen vermuten –, als das Universum zum ersten Mal für Radiowellen durchsichtig wurde, kurz nach dem Urknall. Mehr noch, ihre Temperatur stimmte mit der Theorie überein. Hawking hat diese Beobachtung »den letzten Nagel im Sarg der Theorie vom stationären Zustand« genannt.
    Privat war Einstein von Lemaîtres Lösung für ein sich ausdehnendes Universum nicht beeindruckt. Er akzeptierte die Mathematik, nicht aber die physikalische Realität. Doch als zwei Jahre später Hubbles Ergebnisse veröffentlicht wurden, änderte Einstein seine Meinung sofort und unterstützte Lemaître in der Öffentlichkeit nachhaltig. 1935 bewiesen Howard Robertson und Arthur Walker, dass jedes homogene, isotrope Universum – eines, das an jedem Punkt und in jeder Richtung gleich ist – einer speziellen Familie von Lösungen der Einstein’schen Feldgleichungen entspricht. Die resultierenden Universen könnten statisch sein, sich ausdehnen oder sich zusammenziehen; ihre Topologie könnte einfach oder komplex sein. Die Familie wird Friedmann-Lemaître-Robertson-Walker-Metrik genannt – oder das »Standardmodell der Kosmologie«, falls der andere Name zu lang ist. Es herrscht mittlerweile in der Hauptrichtung des kosmologischen Denkens vor.
    Nun setzte sich das Narrativium durch und führte viele Kosmologen in den Bereich wissenschaftlicher Mythologie. Die korrekte Aussage »Es gibt Lösungen der Einstein’schen Feldgleichungen, die den klassischen nicht euklidischen Geometrien entsprechen« mutierte zu der falschen Aussage »Das sind die einzigen möglichen Lösungen für konstante Krümmung«. Der Fehler ist vielleicht entstanden, weil die Mathematiker der Astronomie und die Astronomen der Mathematik zu wenig Aufmerksamkeit schenkten. Robertsons und Walkers Eindeutigkeitssatz beweist, dass die Metrik eindeutig sein muss, und man kann sich leicht vorstellen, auch der Raum müsse eindeutig sein. Definiert denn nicht die Metrik den Raum?
    Nein, tut sie nicht.
    Die Metrik ist lokal, der Raum ist global. Sowohl der unendliche euklidische Raum als auch der flache Torus haben dieselbe Metrik, weil die Geometrie kleiner Bereiche identisch ist. Der Computerbildschirm bleibt flach; es ändern sich die Regeln, was passiert, wenn der Rand überschritten wird. Aber global gesehen hat der flache Torus geodätische Linien, kürzeste Wege, die geschlossene Schlaufen bilden, während der euklidische Raum keine hat. Also definiert die Metrik nicht den Raum. Doch die Kosmologen glaubten, sie täte es. 1999 schrieben Jean-Pierre Luminet, Gleen Starkman und Jeffrey Weks im Scientific American : »Die Jahrzehnte von 1930 bis 1990 waren das dunkle Zeitalter dieses Themas. Die meisten Astronomiebücher beriefen sich aufeinander und stellten fest, das Universum müsse entweder eine Hypersphäre, ein unendlicher euklidischer Raum oder ein unendlicher hyperbolischer Raum sein. Andere Topologien waren weitgehend vergessen.«
    Tatsächlich ist in jedem der drei Fälle mehr als eine Topologie möglich. Friedmann hatte ebendas in seiner Arbeit für negative Krümmung gesagt, doch irgendwie war die Bemerkung in Vergessenheit geraten. Endliche Räume mit Null-Krümmung waren schon entdeckt worden, darunter als offensichtlichster der flache Torus. Elliptischer Raum war ohnehin endlich. Doch selbst dieser Raum war nicht die einzige Möglichkeit mit konstanter positiver Krümmung, was Poincaré schon 1904 wusste. Leider ist ein falsches Konzept,

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