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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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romantisierte und überhöhte. Damit hat er aber niemand geschadet. Am wenigsten diesem kleinen Luder, dem es ohnehin nur um sein Geld und die Ausnutzung seiner gesellschaftlichen Möglichkeiten ging. Mir selbst ging dabei nichts verloren. Ich halte zu Phillip. Vor allem empfinde ich ihm gegenüber eine tiefe Dankbarkeit dafür, dass er mich aus meinen schwierigen Familienverhältnissen herausgeholt hat. Wir sprachen gerade darüber. Immer wieder kommt in mir die Angst auf, diese neue Existenz zu verlieren.«
    Diener setzte ein sardonisches Grinsen auf. »Einen körperlichen Vollzug Ihrer Ehe hielten Sie nicht für existentiell?«
    »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Mein Mann war aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage. Dies hatte aber keine Auswirkungen auf die Qualität unserer Ehe. Es hat mir nie gefehlt. Wir liebten uns trotzdem. Auf unsere Weise!«
    Schultz machte ein spöttisches Gesicht. »Sie sagen, die fehlende körperliche Nähe hätten Sie nie vermisst. Welche Rolle spielte in diesem Zusammenhang Herr Kellermann?«
    Ellen Krawinckel streckte sich. Sie griff mit einem Ruck an ihren Hals, riss die Goldkette herunter und warf sie vor sich auf den Tisch. »Sie meinen das hier? Sie wissen doch schon alles. Diese Geschichte bedeutet nicht, dass ich vorher gelogen habe. Eine kleine Affäre, sonst nichts.« Sie setzte ein kaltes Lächeln auf. Ihre Stimme klang, als spreche sie aus einem Tunnel. »Kellermann hatte Kondition, wenn Sie verstehen, was ich damit meine. Mehr nicht. Ein kleiner wichtigtuerischer Spießer. Gefühlsmäßig bedeutet er mir nichts.«
    Schultz zeigte eine besänftigende Miene. »Woher haben Sie diese Kette, die Sie eben auf dem Tisch abgelegt haben?«
    »Auch das ahnen Sie bereits. Ich habe sie bei Kellermann aus dem Sekretär genommen. Es war seine.«
    »Es soll mal zwei identische Ketten mit Anhängern gegeben haben. Die Ihre ist Ihnen offenbar abhanden gekommen. Trifft es zu, dass Sie am 1. November eine gleichartige Neuanfertigung bei Frau Vincenzo im Juwelierladen Friedrich in der Frankfurter Goethestraße in Auftrag gegeben haben?«
    »Ja.«
    Schultz schlug seine Anzugjacke auf und klemmte seine Daumen in die Ärmel seiner Weste. »Das wirft die Frage auf, wo Ihre Kette geblieben war. Wie wir wissen, gab es zwei Ketten.«
    »Ich hatte eine Vermutung, wo sie sein konnte. Dort traute ich mich allerdings nicht mehr hin. Deshalb wollte ich ein identisches Exemplar anfertigen lassen.«
    Mit unveränderter Haltung behielt Schultz Ellen Krawinckel im Auge. »Meine Vorfragen sind abgearbeitet. Wir sind am Kernpunkt angekommen. Haben Sie Sunita Beuchert am Morgen des 1. November getötet?«
    Ellen Krawinckel schaute ihren Anwalt an. Dunkel nahm seine Brille ab und tätschelte ihr mit der anderen Hand auf die Schulter. »Sagen Sie, wie es war. Das ist Ihre einzige Chance, der Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu entgehen. Ich habe Ihnen erklärt, dass die Staatsanwaltschaft deshalb von einem Mord ausgeht, weil sie annimmt, dass Sie aus Heimtücke und vielleicht auch aus niedrigen Beweggründen gehandelt haben. Wenn Sie erklären, was tatsächlich hinter Ihrem Handeln steckte, besteht die Möglichkeit, dass Sie nur zu einer zeitlich begrenzten Freiheitsstrafe verurteilt werden. Damit erhalten Sie sich eine Perspektive für Ihr weiteres Leben.«
    Wieder grub Ellen Krawinckel ihre Fingernägel in die Handballen. Sie wischte sich über die Augen. »Ja. Ich habe sie umgebracht.« Wie ein Fallbeil ließ sie plötzlich ihre Hände auf den Tisch krachen. »Sie hatte es verdient.«
    Schultz nahm die Daumen aus der Weste. Mit gleichmütigem Gesicht sah er Ellen Krawinckel an. »Bitte erzählen Sie uns im Zusammenhang, wie es gewesen ist. Von Anfang bis Ende.«
    Ellen Krawinckel benötigte einen Augenblick, bis sie sich gefangen hatte. Ihre Stimme klang nun wie ein Reibeisen. »Es war am Nachmittag vor Allerheiligen. Sunita war bei uns zu Hause. Das kam selten vor. Ich weiß nicht, ob Phillip sie mitgebracht hatte. Jedenfalls sah sie mich im Salon sitzen und setzte sich mir gegenüber.« Sie hustete. »Kann ich bitte ein Glas Wasser haben?«
    Diener stellte ihr ein Glas Wasser hin. Ellen Krawinckel sah nicht zu ihm auf. Sie trank mehrere Schlucke. »Sunita war todschick angezogen. Offenbar hatte mein Mann sie wieder neu eingekleidet. Obwohl sie einen karierten Faltenrock trug, schlug sie die Beine provokativ so übereinander, dass ich auf ihren Slip schauen konnte. Sie

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