Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
Jedenfalls ist dieser Mantel perfekt, man sieht nichts.«
»Yep.«
Der Sprengstoffgürtel war so konzipiert, dass er nur aus zwei Schulterriemen unter dem T-Shirt und einem schmalen Streifen am Gürtel bestand. Die drei Kilo Sprengstoff, die in der Mitte des Rückens, entlang der Wirbelsäule angebracht waren, würden bei der Kontrolle am Eingang nicht auffallen, wenn der Türsteher ihm, beruhigt durch Hakats Aussehen, lediglich Beine, Gürtel, Brustkorb und Hüften abtastete. Der Spanier zog die Fernbedienung unter dem Sitz hervor und betätigte einen Hebel. Mit einem klangvollen Piepen ging ein grünes Licht an. Der Killer grinste.
»Meine Güte, eine ferngesteuerte Zündung, die einen derartigen Krach macht, können auch nur die Russen erfinden!«
Abdul Hakat war nun an der Eingangskontrolle. Er hielt den Atem an. Zehn Sekunden später ließ ihn der Türsteher hinein. Der Killer startete die Stoppuhr. Abdul hatte den Auftrag, ein Getränk zu bestellen und die Quittung aufzubewahren, als zusätzlichen Beweis für seinen Aufenthalt vor Ort. Der Killer wartete vierzig Sekunden, bis Hakat am Tresen in der Mitte des Cafés angelangt war. Egal, wo Kandar und seine Männer saßen, die Wucht der Bombe würde sie direkt treffen. Der Killer schautezum Sprengstoffexperten hinüber. Dieser nickte. Er drückte auf den Knopf der Fernbedienung. Unter höllischem Donnern flogen das Dach und die Wände des Cafés in einem Flammenmeer in die Luft.
Er fuhr an. Auftrag ausgeführt.
8
Gegen ein Uhr nachts fuhr Osama aus dem Schlaf hoch. Er richtete sich im Bett auf. Seine Frau schüttelte ihn wie einen Pflaumenbaum.
»Was ist los,
Azizam,
mein Schatz?«
»Dein Telefon. Es klingelt die ganze Zeit.«
Tastend stand Osama auf. Die Nachttischlampe funktionierte nicht mehr, und weder er noch Malalai hatten Zeit gehabt, eine neue Glühbirne zu kaufen. Er stieß gegen einen Stuhl. Fluchend humpelte er ins Wohnzimmer, wo er sein Mobiltelefon gelassen hatte.
»Hallo?«
»
Qoumaandaan
Kandar?«
Es war eine Frauenstimme, die er nicht kannte. Osama nahm Panik in ihrer Stimme wahr.
»Ja, das bin ich. Mit wem spreche ich?«
»Ich bin die Frau von Babrak, Ihrem Assistenten.«
»Was ist passiert?«
»Wollte Babrak nicht heute Abend etwas mit Gulbudin und Ihnen im Hamad Café trinken gehen?«
»Ja, aber wir mussten gleich wieder gehen, noch bevor wir Babrak dort getroffen hatten. Warum? Ist er nicht nach Hause gekommen?«
Sie brach in Schluchzen aus.
»Ich habe im Radio gehört, dass es im Hamad Café eine Explosion gegeben hat.«
Oft waren Explosionen in der ganzen Stadt zu hören. Manchmal ließ die Druckwelle mehrerer Detonationen an verschiedenenOrten sogar die Scheiben klirren. Osama hatte in jener Nacht nichts gehört, aber Kabul mit seinen drei Millionen Einwohnern dehnte sich sehr weit aus.
»Ich werde mich erkundigen«, sagte er mit gepresster Stimme.
Fieberhaft schaltete er sein Funkgerät ein.
»Zentrale?«
»Guten Abend,
Sahib,
was kann ich für Sie tun?«
Osama erkannte die etwas arrogante Stimme Nuoras, einer Tadschikin, die nachts die Funkaufsicht innehatte. Ihr Mann, ein wohlhabender Kaufmann, war von den Taliban erschossen worden, seine gesamte Habe hatten Kollaborateure des Regimes gestohlen. Sie hatte ihr Haus nie wiederbekommen und kam nun dank ihrer anstrengenden Tätigkeit einigermaßen über die Runden. Sie war berühmt im Kommissariat, weil sie, aus einem der vornehmen Viertel Kabuls stammend, ein geschliffenes Dari sprach, das etliche Polizisten, die nur ein einfaches Paschtunisch beherrschten, nicht verstanden.
»Hier ist Osama Kandar.«
»Oh, guten Abend,
Qoumaandaan
. Freut mich, dass Sie anrufen, wir haben uns lange nicht gesprochen. Was kann ich für Sie tun?«
»Anscheinend hat es ein Attentat gegeben?«
»Ja, im Hamad Café, vor zwei Stunden. Ein Mann hat sich inmitten der jungen Leute in die Luft gesprengt. Ein wahres Gemetzel. Nach ersten Berichten gibt es fünfundzwanzig Tote und achtzig Verletzte. Wieder einer von diesen verrückten Taliban!«
»Wissen Sie, ob jemand von unseren Leuten unter den Opfern ist?«
»Mir liegt nichts Genaues vor. Soll ich Sie mit jemandem vor Ort verbinden? Der Geheimdienst ist dort.«
»Nein, danke. Ich gehe selbst hin.«
Unter den ängstlichen Blicken seiner Frau kleidete er sichhastig an. Sie hatte Babrak nie kennengelernt, wusste aber, wie sehr Osama ihn schätzte. Er nahm seine üblichen Waffen mit, außerdem sein Gewehr, denn er hatte keinen
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