Das Kainsmal

Straßenrand.
     
    Echo Lawrence (

Party-Crasher): Nach den Crash-Party-Regeln sollen alle Teams auf ihr Schild »Fahrschule Ajax« schreiben, weil vor einigen Jahren mal ein echter Fahrschüler während des Fensters ins Spiel geraten ist. Der Kerl ist eine Legende. Der Ärmste wurde, wie es heißt, von sechs verschiedenen Teams attackiert, durch die Straßen gejagt und immer wieder von hinten gerammt, bis ihm der Auspuff abfiel. Man erzählt sich, der Fahrschüler und sein Lehrer hätten den Wagen dann einfach stehen lassen, mit laufendem Motor, und seien geflohen.
     
    Aus dem Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Und nun das Neueste von der Unfallstelle am Freeway 213. Man bemüht sich immer noch, den Fahrer aus dem Wrack zu befreien, inzwischen gibt es aber Anzeichen für eine zerebrale subarachnoidale Blutung und Pneumocephalus, da der Fahrer offenbar mit der Stirn an den Rückspiegel geschlagen ist. Mehr ist in Fahrtrichtung Westen nicht zu sehen. Weitere aktuelle Meldungen in fünfzehn Minuten. Sie hören den Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Wir wissen, was Gaffer wünschen ...
     
    Shot Dunyun: Das mit den Crash-Partys mag sich aufregend anhören, aber die meiste Zeit saßen wir nur herum, unterhielten uns und fuhren im Kreis. Kutschierten durch die Gegend, immer auf der Suche nach einem anderen Auto, das die korrekte Flagge für dieses Zeitfenster gehisst hatte. Die jeweilige Flagge wurde telefonisch, per E-Mail oder Instant Messenger bekanntgegeben. Manchmal sah man Teams, die keine Ahnung hatten, die waren als Bräute verkleidet und hatten diese Hochzeitsdeko am Auto. Oder sie trugen Perücken und hatten »Jetzt geht's los« an die Seite gepinselt, als ob Fußballelternnacht wäre. Mit der falschen Flagge sieht man aus wie ein Arschloch. Oder schlimmer.
    Manche meinen, Teams mit falscher Flagge seien Polizisten, die das Spiel zu sabotieren versuchen. Oder es seien Teams, die andere Autos zu hart oder in die Seite gerammt oder sonstwie gegen die Regeln verstoßen hatten. Wenn du zu viele Fouls begehst, rufen die anderen die Crash-Party-Hotline an und melden dich. Und hast du eine bestimmte Anzahl Fouls auf dem Kerbholz, bekommst du keine Nachricht mehr über die nächste Flagge und das nächste Fenster.
     
    Aus dem Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Noch einmal kurz rüber zu dem Unfall auf dem Freeway 213. Nach Auskunft der Sanitäter wurden bei dem Fahrer sich erweiternde Risse des Pericardiums festgestellt - das ist der kleine Beutel, in dem sich das Herz befindet. Nach erster Analyse ist das Herz durch den Aufprall offenbar an die Wirbelsäule geschlagen, was eine Kontusion der Hinterwand des Kammerseptums zur Folge hatte. Tot ist tot. Wir melden uns in zehn Minuten wieder. Sie hören den Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Wir wissen, was Gaffer wünschen ...
     
    Shot Dunyun: In dieser Fahrschülernacht sitze ich auf dem Beifahrersitz, Rant hinten. Sieht ziemlich mau aus. Ich habe das Fenster aufgekurbelt, ich spucke raus und sage zu Rant: »Auch wenn du mich mit Tollwut ansteckst, lass ich dich noch lange nicht an meine Hose.« Ich spucke und sage: »Erst recht, wenn du mir die Tollwut angehängt hast.«
    Normalerweise riecht Rant wie ein Glas sauberes Wasser, aber heute Nacht nicht. Überall wo er mich angefasst hat, rieche ich Benzin. »Was stinkt da so?«, frage ich ihn.
    Und Rant sagt: »Dimethylcyclopropancarboxylsäure.« Er späht durchs Rückfenster, nach hinten rechts. Er sagt: »Das Zeug soll Spinnen töten.«
     
    Aus dem Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Hier das Neueste vom Freeway 213: Im Lauf der Behandlung des Fahrers zeigt sich ein lateraler Kompressionsbruch des rechten Oberschenkels mit weiteren lateralen Frakturen des Beckens, Riss und Stauchung des Kreuz-Darmbein-Gelenks sowie Frakturen des Acetabulums. Für unsere Hörer auf der Nordseite: zähfließender Verkehr auf der Ausfahrt der 614 Richtung Norden auf den Helmsberg Freeway; dort steht ein Fahrschüler auf dem rechten Seitenstreifen. Immer aktuell: Das ist Tina Something für Radio Graphic Traffic.
     
    Shot Dunyun: Green schleicht mit uns hinter einem Fahrschüler her, schlängelt sich durch den Verkehr, um einen günstigen Winkel zu erwischen und das Zielobjekt in eine Seitenstraße abzudrängen, wo ein massiver Stoß nicht so viel Aufmerksamkeit erregt. Seitens der Polizei beispielsweise. Green bleibt die ganze Zeit hinter einem Lieferwagen, dann hinter einem Taxi, einem Bus - Hauptsache groß