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Das Kainsmal

Titel: Das Kainsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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ich fest, dass mir beim Busfahren die Hände schwitzten. Im Taxi bekam ich kaum noch Luft. Am Steuer schlug mir das Herz laut in den Ohren, und ich sah überhaupt keine Farben mehr. Ich war praktisch halb ohnmächtig. Fest davon überzeugt, von einem anderen Auto gerammt zu werden. Die Erinnerung an diesen Frontalzusammenstoß beherrschte mich, ohne dass mir das wirklich bewusst war. Das wurde so schlimm, dass ich mich kaum noch über die Straße wagte, aus Angst, jemand würde eine rote Ampel übersehen. Meine Welt brach zusammen und wurde immer kleiner.
     
    Sarah Mercer: Canada wird Ihnen das bestätigen. Wir hatten dieses reizende, verkrüppelte Mädchen hier; sie hatte eine schwarze Schultertasche dabei, die sie auf dem Esszimmertisch ablegte. Irgendwann im Lauf des Abends stellte sie ihr Glas Merlot ab, ging zu ihrer Tasche, zog den Reißverschluss auf und nahm diese ... Sachen heraus. Lange, dicke, rosa Gummidinger, die an einigen Stellen so abgenutzt aussahen, dass man Angst haben musste, sie könnten abbrechen, wenn sie in einem steckten. Rosa Gummi, schmutzig und voller Flecken. Braune Flecken, wie von angetrocknetem Blut. Schwarze Ablagerungen, wo die Batterien ausgelaufen waren. Sachen, von denen ich gar nicht wusste, wozu sie da waren. Handschellen und Augenbinden. Ein Klistierbeutel, dessen Schlauchende keinen allzu hygienischen Eindruck machte. Latexhandschuhe. Furchterregende Klammern mit Schnüren dran, die wie Starthilfekabel aussahen - das seien »Nippelklemmen«, sagte sie. Und alles stank nach Chlor.
    Und das Mädchen legte alle diese Scheußlichkeiten auf meinen polierten Drexel-Heritage-Esszimmertisch, dorthin, wo an Erntedank der Truthahn serviert wird. Und ein Spekulum, mein Gott, so alt, dass der durchsichtige Kunststoff einen Sprung hatte. Ich weiß noch, wie sie sagte: »Ihr könnt alle diese
     
    Echo Lawrence: Meine Masche - den Leuten zu erzählen, dass ich Hepatitis oder Gonadenwarzen am Geschmack erkennen kann -, das hatte ich schon drauf, lange bevor ich Rant Casey kennen gelernt habe. Dass er das dann aber wirklich konnte, war einfach unglaublich. Nachdem er mich nur ein einziges Mal geleckt hatte, gab er mir den Rat, keine Eier mehr zu essen. Er schmecke an meiner Möse, dass mein Cholesterinspiegel zu hoch sei. Später zeigte das Ergebnis der Blutuntersuchung, dass er voll ins Schwarze getroffen hatte.
     
    Canada Mercer: Echo packte eine dicke weiße Kerze aus, zündete sie an und sagte uns, wir sollen das Wachs schmelzen lassen und ihr dann auf die nackten Brüste träufeln. Sie schüttelte das Streichholz aus und sagte: »Ich möchte nicht, dass ihr mich foltert, bloß weil ihr Mitleid mit mir habt. Ich möchte, dass es euch wirklich Spaß macht, mir wehzutun.« Sie sagte: »Ihr beide sollt diese Nacht genießen.«
    Die junge Dame sagte, »SM aus Barmherzigkeit« sei ihr zuwider.
     
    Echo Lawrence: Das war so. Plötzlich hatte ich die Idee, wie ich mich therapieren könnte: Ich dachte, wenn ich einen Unfall inszenieren und überleben würde, könnte ich meine Ängste vielleicht überwinden. Wenn ich einfach mit meinem Auto in ein anderes krachen und einen kleinen Blechschaden anrichten würde, würde mir vielleicht klar, dass tödliche Unfälle die seltene Ausnahme sind. Also begann ich, hinter anderen Autos herzufahren, auf der Suche nach dem richtigen, nach dem perfekten Unfall. Ich wollte einen einzigen perfekten, kontrollierten Unfall haben.
    Häufig dachte ich, ich hätte das richtige Auto gefunden, aber wenn ich nahe genug heran war, um es zu rammen, sah ich zum Beispiel ein Baby auf dem Rücksitz, oder der Fahrer war noch so jung, dass er durch einen Unfall große Schwierigkeiten mit seiner Versicherung bekommen hätte. Oder ich sah, dass er offensichtlich bloß einen schlecht bezahlten Job hatte und ein Schleudertrauma das letzte war, was er jetzt brauchen konnte.
    Trotzdem, dieser Rollentausch hatte eine beruhigende Wirkung. Statt darauf zu warten, dass ich von irgendeinem rücksichtslosen Fahrer getötet wurde, war ich selbst zu einem solchen Raubtier geworden. Zum Jäger. Nächtelang fuhr ich so herum. Unzählige Leute habe ich verfolgt und mir bei jedem Einzelnen überlegt, ob ich ihn rammen soll oder nicht.
     
    Canada Mercer: Nein, wir haben nicht zu dritt Sex gehabt. Das Mädchen hat nicht mal seinen Mantel ausgezogen. Eine Woche später kam ich nach Hause, und da saßen Sarah und dieses Mädchen in der Küche und tranken Tee. Wir zahlten ihr zweihundert Dollar

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