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Das Kainsmal

Titel: Das Kainsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Nachtclub-Betreiber): Viv? Na ja, damals haben alle Tänzerinnen irgendwas geboostet, um high zu sein, jedenfalls bei ihren Auftritten. Die meisten unserer Tänzerinnen haben Opium-Peaks verwendet, die der Club zur Verfügung gestellt hat. Na ja, nicht ganz legal, aber leicht zu produzieren. Jemand ist high - von einer echten Droge -, und der boostet irgendeine handelsübliche Peaknummer, sagen wir ein Little-Becky-Transkript. Das Ergebnis wird aufgezeichnet, und dann lassen wir das Ganze durch ein Subtraktionsprogramm laufen, um die ursprüngliche Little Becky rauszufiltern. Was dann übrig bleibt, ist der reine Opium-Effekt. Ein Rausch, den wir mit einem Richtsender als Endlosschleife auf die Bühne schicken. Unsere Tänzerinnen, wenn sie in dieses Wohlfühl-Spotlight treten, vergessen alle Sorgen.
     
    Dr. Phoebe Truffeau: 1347 war England eine Nation von Bauern, die Getreide anbauten und exportierten. In diesem Jahr schleppten italienische Kaufleute die Pest nach Genua ein, und 1377 waren ihr anderthalb Millionen Engländer, etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung, zum Opfer gefallen. Und da nun kaum noch Arbeitskräfte für den Ackerbau zur Verfügung standen, sattelte die gesamte Wirtschaft von Getreideanbau auf Schafzucht um. Das bedeutete das Ende des englischen Feudalsystems.
     
    Vivica Brawley: Bernie war an diesem Abend Türsteher. Schrecklich, was da passiert ist. Wie sie ihn in Stücke gerissen haben, bevor endlich die Bullen kamen.
     
    Carlo Tiengo: Na ja, für unsere Gäste gilt das nicht. Wir bieten der Kundschaft ein einmaliges Originalerlebnis. Wer dabei erwischt wird, dass er sein Erlebnis im Club aufzeichnet oder nach draußen sendet, fliegt achtkantig raus.
    Um unser Produkt zu schützen, senden wir ein Dauerstörsignal. Damit wird jeder aktive Port lahmgelegt. Komplett. Ohne das hätten wir immer einen Haufen Transkriptkünstler vor der Bühne, die unsere Tänzerinnen aufzeichnen und ins Internet bringen würden. Ein einziges Lap-Dance-Transkript, das in die Öffentlichkeit gelangt, kann die Karriere einer Tänzerin ruinieren. Der erste Sausack zahlt noch für sie, aber alle anderen nach ihm kriegen sie umsonst.
     
    Dr. Phoebe Truffeau: Als 1665 in London die Pest ausbrach, gab es bis zum 1. Juli wöchentlich hundert bis vierhundert Todesfälle. Mitte Juli starben in einer Woche zweitausend. Ende Juli stieg die Zahl auf sechseinhalbtausend und bis Ende August auf siebentausend Tote pro Woche. Ursprünglich war die Beulenpest durch Flöhe verbreitet worden, deren Träger die europäische Hausratte {Rattus rattus) war; das explosionsartige Ansteigen der Infektionsrate ist jedoch auf einen neuen Übertragungsweg zurückzuführen. Der Erreger (Pasteurella pestis) sparte sich den Umweg über Flohbisse und verbreitete sich direkt von Mensch zu Mensch durch Speichel- und Schleimtröpfchen, die beim Husten und Niesen ausgestoßen wurden.
     
    Carlo Tiengo: Dass wir in letzter Zeit so viel zu tun haben, liegt an der Tollwut. Wenn diese Perversen sich angesteckt haben, können sie sich den Secondhand-Dreck nicht mehr aus dem Internet reinziehen. Sie sind gezwungen, zu uns in die Stadt zu kommen und für ein Originalerlebnis zu bezahlen. Na ja, ich hätte es wissen sollen. Wenn wir an einem Dienstagabend mehr als sechs Sabberer im Publikum haben, ist das ein Warnzeichen. Als wir Bernie verloren, na ja, an dem Abend hockten mindestens fünfzig von diesen Typen mit Schaum vorm Mund vor der Bühne. Zappelig. Der Sabber troff ihnen in langen Fäden aus den Mundwinkeln. Und sogar bei unserer Dämmerbeleuchtung mussten sie die Augen zukneifen. Das alles sind eindeutige Tollwutsymptome.
     
    Dr. Phoebe Truffeau: Ab 1490 breitete sich eine neue Epidemie über Europa und Asien aus. Das erste Symptom war ein kleines Geschwür an der Infektionsstelle, das nach drei bis acht Wochen abheilte und eine unauffällige Narbe hinterließ. Nach wenigen Wochen schien das Opfer geheilt. Die Chinesen sprachen von der »Kanton-Krankheit«. Die Japaner nannten es die »Chinesische Krankheit«. Für die Franzosen war es die »Spanische Krankheit«. Und für die Engländer waren es »Französische Pocken«. Der moderne Name leitet sich von dem Schafhirten ab, den Girolamo Frascatoro 1530 in seinem Gedicht »Syphilis sive Morbus Gallicus« besang.
     
    Vivica Brawley: Einer meiner Stammkunden, ein Nachtgänger mit Halbglatze, sah ziemlich krank aus. Saß da, beide Ellbogen auf den gepolsterten Bühnenrand gestützt, und

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