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Das Kainsmal

Titel: Das Kainsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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entwickeln sollte. Die Dienstwagenfahrer, diese unbesungenen Wissenschaftler und Techniker haben mit den aus ihren Untersuchungen gewonnenen Empfehlungen das Land in Tag und Nacht gespalten. Und sie haben uns das beliebteste Radioprogramm dieses Marktsegments beschert.
     
    Echo Lawrence: Ja, verdammte Scheiße, ja. Der Name auf dem Grabstein meines Vaters ist Lawrence Lawrence. Das ist überhaupt nicht komisch. Aber Waxman hat Rant umgebracht. Sicher, er hat großartige Zähne, aber der Mann ist böse.
     
    Symon Praeger (

Party-Crasher): Mehr als böse.

23
Liebe
     
    Symon Praeger (

Party-Crasher): Als Rant mich fragte, welches Automodell die breiteste Rückbank hat, wusste ich sofort, worauf er hinauswollte. Ich riet ihm, sich einen Wagen mit dunklen Sitzpolstern zu besorgen.
     
    Echo Lawrence ( n

Party-Crasher): Vergiss es. Als wir uns das erste Mal allein trafen, fragte ich Rant, was er wirklich von mir wollte. Ob er bloß mit mir gehen wolle, um seine Eltern zu schocken? Sich einen Krüppel zur Freundin zu nehmen - ob das der krönende Abschluss seiner spätpubertären Phase sei? Eine todsichere Methode, seine Eltern auf dem Bauernhof zur Verzweiflung zu bringen?
    Oder komme ich seinen erotischen Phantasien entgegen? Sei ihm der Sex mit normalen Mädchen zu langweilig, mit Mädchen, die zwei gleiche Arme und Beine haben und einen Mund, der zurückküssen kann? Gehörte es für ihn einfach dazu, mich einmal gefickt zu haben?
    Oder war ich etwa bloß das einzige Mädchen, das er in der großen bösen Stadt kannte? Seine Ratgeberin? Seine einzige Vertraute im Nachtgängerleben? Klammerte er sich an mir fest, weil er Angst hatte, in dieser schrecklichen neuen Welt allein zu sein?
    Ich saß auf der Rückbank dieses Eldorado und bombardierte Rant aus allen Rohren mit Fragen. Wir parkten bei einem Gebüsch, weit weg von den Straßenlaternen, aber in der Stadt ist es ja nie richtig dunkel. Ich weiß noch, Rant hatte seinen blauen Kammerjägeroverall an und stank nach Gift. Das alles klingt nicht gerade romantisch.
     
    Shot Dunyun: Zu meinem Job gehört es nicht nur, idiotische Transkripte an Idioten zu verleihen, ich muss mir auch selbst immer wieder welche reinziehen, um bei den aktuellen Titeln auf dem Laufenden zu bleiben. In diesen zwei Wochen bekamen wir von den Lieferanten nur defekte Ware. Ich zog mir ein Dessert rein, und die Geschmacksspur hatte Aussetzer. Ein fettes Stück Schokoladenkuchen war plötzlich nur noch ein klebriger Brei. Es roch wie Schokolade, aber im Mund war es nur noch bröselig und feucht. Als ich einmal wegen der Ausgangssperre zu Hause festsaß, genehmigte ich mir meinen Lieblingsporno-Peak, und keine der Vaginas schmeckte nach irgendetwas. Mit den Transkripten war nichts verkehrt. Mit meinem Gehirn war was verkehrt.
     
    Echo Lawrence: Rant sitzt also in diesem Eldorado und starrt mich an, bis ich aufhöre zu reden. Dann schweigt er noch zwei Ampelphasen lang und sagt schließlich: »Was hast du gestern zum Frühstück gegessen?«
    Keine Autos weit und breit. Die Straße ist leer. Rants Augen schwimmen in der Dunkelheit. Seine schwarzen Zähne sind unsichtbar.
    Gestern? In meiner Küche esse ich tiefgefrorene Waffeln, aber wenn ich in Tommy's Diner essen gehe, nehme ich Hackfleisch. Ich sage Rant: »Haferflocken.« Ich sage: »Nein, warte. Arme Ritter. Nein ... Toast mit Zimt ...«
    Rants Finger schieben sich über den Sitz, bis sie meine berühren. Er hebt meine Hand vor sein Gesicht, berührt die Knöchel mit den Lippen, schnüffelt mit geschlossenen Augen und sagt: »Falsch.« Er sagt: »Gestern hattest du Müsli mit Ahornsirup und Kürbissamen, Vanillejoghurt und getrockneten Preiselbeeren ...« Und er hat natürlich hundertprozentig recht.
     
    Shot Dunyun: Die meisten Peaks sind einfach nur bescheuert, selbst im Vergleich zu den langweiligsten Crash-Party-Nächten, wo man wenigstens mit anderen Leuten zusammen in einem Auto sitzt und Musik hört und was isst und sich immer so ein bisschen in Gefahr befindet. Man teilt eine Art Geheimnis, man trifft Leute. Echte Leute. Ein Ausflug nach Nirgendwo.
    Trotzdem hab ich mir Peaks reingezogen, seit ich in den Windeln lag. Meine Eltern haben mich immer mit Baby-Anreicherungs-Transkripten gefüttert. Die Hälfte meiner Kindheit hing ich an Babysitter-Peaks. Wenn ich mich als Transkriptkünstler nicht mehr einstöpseln konnte, war ich praktisch so etwas wie ein blinder Maler oder ein tauber Musiker. Schlimmer als mein schlimmster

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