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Das Kainsmal

Titel: Das Kainsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Albtraum.
     
    Echo Lawrence: Rant hielt mir meine Hand entgegen und sagte: »Riech mal.« Und ich beugte mich vor und roch an meiner eigenen Haut - Seife und der Plastikgeruch meines alten Nagellacks. Und sein Insektizidgestank.
    Ich habe den Kopf über meine Hand gesenkt, und Rant beugt sich über mich, steckt seine Nase in meine Haare, streicht mir mit seinen Lippen am Hals entlang und hinterm Ohr herum, schnüffelt und sagt: »Was hattest du vor zwei Tagen zum Abendessen?«
    Meine Finger noch immer mit seinen verknotet. Sein Atem an meinem Hals. Seine Lippen und die warme Spitze seiner Zunge an meiner pulsierenden Halsschlagader. Ich sage: »Truthahn?« Ich sage: »Lasagne?«
    Rants warmer Atem, sein Flüstern an meinem Ohr. Er sagt:
    »Taco-Salat. Weiße Zwiebeln, keine gelben oder roten.« Er sagt: »Eisbergsalat in Streifen. Hühnerhack.«
    Schon werden meine Nippel hart, und ich frage: »Helles oder dunkles Fleisch?«
     
    Shot Dunyun: Schon ein simpler Schnupfen kann die Wahrnehmung eines Transkripts verzerren, genau wie jedes Essen anders schmeckt, wenn man krank ist. Offenbar hatte ich mich erkältet. Aber eine Woche später, ohne Triefnase oder Halsschmerzen, konnte ich noch immer nichts richtig boosten. Inzwischen befürchtete ich, ich hätte einen Hirntumor.
     
    Echo Lawrence: Rant küsst meine Augenlider und flüstert: »Du solltest diese Rosen wegwerfen ...«
    Er war noch nie in meiner Wohnung gewesen. Rant wusste damals nicht einmal, wo ich überhaupt wohnte. »Welche Rosen?«, frage ich.
    »Sind die von einem Freund?«, sagt er.
    Ich frage, welche Farbe die Rosen haben.
    »Sind die von einer Freundin?«, sagt er.
    Ich frage, ob er mir nachspioniert.
    Und Rant sagt: »Rosa.« Er küsst mich auf die Stirn, riecht und schmeckt meine Haut, meine geschlossenen Augen, meine Nase, meine Wangen, und sagt: »Zwei Dutzend. Nancy-Reagan-Rosen mit Schleierkraut und winzigen Nelken.«
    Die hat mir, sage ich, ein nettes älteres Paar geschenkt, für das ich gelegentlich arbeite.
     
    Shot Dunyun: Eine Woche später ruft mich der Arzt vom Krankenhaus an - oder, um genau zu sein, eine Mitarbeiterin des Krankenhauses ruft an - und sagt, ich solle so schnell wie möglich vorbeikommen. Einzelheiten über meine Blutuntersuchung will sie mir nicht mitteilen. Wenn die dieses blöde Grinsen in der Stimme haben, weißt du schon, es gibt keine guten Neuigkeiten. Die Rechnungsstelle will bloß den vollen Zahlungseingang verbuchen, bevor du abnippelst. Also gehe ich hin, und der Arzt sagt: Es ist Tollwut. Ohne Scheiß: Tollwut. Er gibt mir die erste der fünf Spritzen. Er kann mir nicht versprechen, dass ich mir jemals wieder einen Peak reinziehen kann.
    Noch aus dem Krankenhaus, von dem Münztelefon im Warteraum, rufe ich Echo an und sage ihr, sie soll sich niemals, niemals von Rant Casey auf den Mund küssen lassen.
     
    Echo Lawrence: Rant küsst mich auf den Mund und sagt, mein Duschkopf ist aus Messing, nicht aus Chrom. Er sagt, so wie ich rieche und schmecke, schlafe ich auf Gänsedaunenkissen. Und ich habe eine Kokosduftkerze, die ich noch nie angezündet habe.
     
    Lew Terry (

Vermieter): Ich habe Mr. Caseys Wohnung nur ein einziges Mal betreten, und das, nachdem ich mich wie üblich vierundzwanzig Stunden zuvor angemeldet hatte. Es gab Gerüchte, dass er Haustiere hält. Ich sehe mich um, bemerke aber nichts. Eine Matratze auf dem Fußboden. Ein Anrufbeantworter. Ein Koffer. Die blauen Overalls im Kleiderschrank, etwas anderes trug er anscheinend nicht. Sauber oder schmutzig, Casey roch immer nach Gift.
    Falls jemand behauptet, ich habe da was weggenommen: Da gab es nichts, was man wegnehmen konnte.
     
    Echo Lawrence: Ich habe mich von Rant nicht küssen lassen, weil er mein Essen riechen konnte. Ich habe ihn geküsst, nachdem ich gesehen hatte, wie zärtlich er mit dieser hässlichen Riesenspinne umging. Als wir hinten in dem Eldorado saßen, machte er den Reißverschluss seiner Manteltasche auf und nahm etwas heraus. Dann öffnete er die Hand und zeigte mir eine echte Monsterspinne. Langsam drehte er die Hand um und sah zu, wie die Spinne von seiner Handfläche auf den Handrücken krabbelte und sich auf den dicken Adern da niederließ.
    Wir sehen dieser Monsterspinne zu, und ich sage: »Ist die giftig?«
    Glänzend, nicht behaart. Beine dünn wie acht pechschwarze Injektionsnadeln. Die Spinne beugt alle acht Knie und setzt sich auf Rants Haut.
    Diese Spinne sieht so hässlich aus, wie ich mich fühle.
    Und Rant

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