Das Kainsmal
sagt: »Nein.« Er sagt: »Ich meine den Kalender ...«
Chester Casey: Der alte Knacker setzt meinem Jungen Flöhe ins Ohr. Behauptet den genauen Zeitpunkt zu kennen, als das Baby empfangen wurde. Er habe da eine Woge von Energie, Schmerz, Mut und Verrücktheit empfunden, die über ihn hereingebrochen sei. Mit absoluter Klarheit. »Besser«, sagte er, »als jeder Biss von jedem Tier, besser als Gift oder Zahnschmerzen.«
Er sagte, bloß weil er nicht dageblieben war und ihre Eltern kennen gelernt hatte, bloß weil er nicht wie ein streunender Hund, den sie gern behalten hätte, bei ihr geblieben war, habe Hattie ihren Eltern erzählt, dass er sie vergewaltigt habe.
Echo Lawrence: So wie Simms es Rant erzählt hat, hat er, als er diese Hattie küsste, den Hackbraten mit Zwiebeln und Sauce geschmeckt, den sie in der Schulkantine zu Mittag gegessen hatte. Und ihr Abendessen vom Tag zuvor: gebratene Kalbsleber. Ihr Abendessen drei Tage zuvor: Rinderbraten im Teigmantel mit Perlzwiebeln in Sahne und Orangenpudding.
In diesem Augenblick, in dem ihr Kind empfangen wurde, explodierten seine Sinne - sein Augenlicht, sein Gehör, Geruch, Tastsinn und Geschmack.
Shot Dunyun: Als wir einmal so durch die Gegend fuhren, erzählte mir Rant, Green Taylor Simms sei irgendwie sechzig Jahre in die Vergangenheit zurückgefallen. Simms habe gesagt, seit er hinten im Auto seiner Urgroßmutter Hattie Shelby gefahren sei, fühle er sich großartig. Nachts brauche er nur noch zwei Stunden Schlaf. Wie eine Art Superman.
Tina Something (
Party-Crasher): Das ist nur einer der geheimen Zwecke der Crash-Partys. Die meisten Leute nennen es Flashback. Andere nennen es »rückwärts vorangehen«. Wenn man sich selbst zeugt, wie Simms zum Beispiel, nennen wir das »Schüren«.
Echo Lawrence: Passen Sie auf. Dieser dreiundzwanzig Jahre alte Flüchtling, der angeblich in der Vergangenheit steckengeblieben ist, bedauert es sehr, dass er sich nicht eingehender mit der jüngeren Geschichte beschäftigt hat. Dass er sich nicht wenigstens irgendwelche Lottozahlen gemerkt hat. Er arbeitet als Tellerwäscher, um ein kleines Kapital anzusparen. Er arbeitet fast rund um die Uhr und fragt alle möglichen Leute: »Ist Microsoft schon an der Börse?«
Und die Leute fragen: »Was für ein Micro ...?«
»Microsoft«, sagte er.
Aber die Leute schüttelten nur achselzuckend den Kopf.
Shot Dunyun: Er fragte: »Kann man schon Neurodateien boosten?« Und es störte ihn nicht, wenn sie ihn verständnislos ansahen. Er wünschte nur inständig, er hätte in der Schule, in Mathe und Physik, besser aufgepasst.
Alle paar Jahre kommt er zurück und spioniert hinter seiner Tochter Esther her, seiner Großmutter in spe. Und da er keine Erfindung machen kann, hat er sie verführt, sagt er, hat sich heimlich mit ihr getroffen und ihr Geld gegeben und ihr von seinem Traum von einer künftigen Dynastie erzählt, von dem Unfall, der ihn in die Vergangenheit geschleudert hat. Von diesem Autounfall.
Echo Lawrence: Ob sie ihm geglaubt hat oder nicht, ob er sie vergewaltigt hat oder nicht: Das Mädchen bekam jedenfalls ein Kind, das sie Irene nannte, und der Mann, der sich jetzt Green Taylor Simms nannte, verschwand für weitere dreizehn Jahre.
Moore Jarrell: Besagtem älteren Mann zufolge war jede Generation, jede dieser dreizehn Jahre alten Jungfrauen nicht nur bereit, sondern geradezu begeistert, an seinem Projekt mitzuwirken. An seinem Experiment.
Echo Lawrence: Mit jeder Samenzelle, die auf ein Ei traf, habe er sich stärker gefühlt, behauptet Simms. Und er hortete Gold, ein Vermögen, das er für sein künftiges Ich beiseitetat.
Shot Dunyun: Absolut irre, der Mann.
Moore Jarrell: Altersdemenz, um das Mindeste zu sagen.
Shot Dunyun: Der Augenblick der Empfängnis machte ihn jedes Mal high. Alle seine Chromosomen oder so, die veränderten sich in diesem einen Augenblick. Ordneten sich um. Wurden noch besser. Und wie bei jeder anderen Sucht hatte der Mann gar nichts anderes mehr im Kopf und musste es immer wieder tun.
Er pfuschte immer weiter an der Vergangenheit herum. Füllte die Zukunft mit seinem neuen Ich.
Chester Casey: Nachdem der Spinner meinem Jungen diese verrückte Geschichte erzählt hatte, forderte er Buster auf, die Ärmel hochzuschieben. Der alte Geizhals zeigte auf die Bissnarben an Busters Händen und Armen: »Dachs ... Kojote ... Grubenotter ...»Und bei jeder einzelnen Narbe hatte er
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