Das kalte Gift der Rache

willst.«
    »Tatsächlich?«
    »Sicher, Mam.«
    Mam? Die Kleine ging mir allmählich wirklich auf die Nerven. Ich hatte ja nichts gegen Südstaatler, aber Buds südlicher Charme und seine schleppende Aussprache waren so ziemlich das Einzige, womit ich mich abfinden konnte. Vielleicht weil Bud authentisch war. Diese Lady war so künstlich und falsch wie eine Drei-Dollar-Note.
    »Sie bezeichnen sich also als Arschkriecherin?« Bud runzelte die Stirn und schien nun auch nicht mehr so begeistert, als wäre er nicht mehr so stolz auf ihre Südstaatengemeinsamkeit.
    »Aber sicher doch, anders bringt man es doch in Läden wie diesem zu nichts. Und hier denkt so gut wie jeder so. Classon sagte den Leuten, was zu tun ist, und glauben Sie mir, sie haben gehorcht. Andernfalls gnade ihnen Gott. Ich habe gleich nach meiner Einstellung zehn Leute gefeuert, weil er mich telefonisch dazu anwies. Bin ich blöd? Ich weiß, woher der Wind weht, und ich habe mit der Zeit gelernt, meinen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen.«
    Ich sagte: »Mann, Sie klingen echt, als hätten Sie ’ne Schraube locker.« Manchmal nehme ich einfach kein Blatt vor den Mund.
    Asholt war einen Moment sprachlos, als hätte ich ihr mit einem Handschuh quer durchs Gesicht geschlagen und sie zum Duell auf der Plantage Tara aus Vom Winde verweht herausgefordert. Schade, dass das nicht möglich war. Hätte mir großen Spaß gemacht. Vielleicht sollte ich es ja versuchen. Ich dachte darüber nach. Sie fing sich jetzt wieder, dachte nach, los, Braunnäschen, mach’s, schnell, schnell, denk dir was Nettes aus, um die verärgerte Missus Detective gnädig zu stimmen.
    »Also, Miss Claire …«
    Schon die Art, wie sie jetzt wieder sprach, brachte mich auf die Palme. »Hören Sie, Ma’am, nennen Sie mich bitte bloß nicht Miss. Verstanden? Ich bin nicht Scarlett O’Hara. Es geht hier um die Ermittlung in einem Mordfall, und ich ziehe es vor, wenn Sie mich Detective Morgan nennen. Und lassen Sie diesen südlichen Singsang, denn das pack ich überhaupt nicht. Haben Sie mich verstanden, oder muss ich übersetzen?«
    Nun war sie platt. Ihr aalglatter Charme funktionierte bei dieser fiesen Yankeegöre nicht. Aber sie gewann schnell die Fassung wieder. »Es tut mir sehr leid, Detective Morgan, wenn ich Sie beleidigt habe. War nicht meine Absicht, das versichere ich Ihnen.«
    Wer’s glaubt, wird selig. Sie war mir so was von zuwider, was ich hauptsächlich darauf zurückführte, dass ich Braunnasen verabscheute, vor allem solche, die sich auch noch groß damit brüsteten. Diese Sorte begegnete einem nicht gerade jeden Tag; wer das offen zugab, musste schon sehr selbstbewusst und geübt in dieser Haltung sein. Ich zügelte meine tief eingefleischte Abneigung gegenüber dieser Frau. »Schon gut, Ma’am. Nun, ich brauche die Einschreibungslisten an dieser Schule, und zwar von heute bis zurück zu dem Tag, an dem die Akademie erstmals ihre Pforten öffnete. Wäre das möglich?«
    »Natürlich. Sie bekommen die Unterlagen bei mir im Büro. Aber ich muss mich noch mit Direktor Johnstone kurzschließen.«
    »Okay. Warum laufen Sie nicht schnell rauf, um zu sehen, was Sie tun können?«
    Bud beäugte mich von der Seite, als ich unserer Südstaatenlady zusah, wie sie eilends von dannen zog. »Wow, Claire. Das schlug ja voll rein. Was hast du denn zu Mittag gegessen? Zimmermannsnägel?«
    »Bitte, Bud, du kannst sie doch nicht im Ernst mögen.«
    »Was hat das mit mögen zu tun? Verdammt, ich mag niemanden hier draußen, aber ich versuche, höflich zu sein. Und sie war ein großer Fan von Bear Bryant, diesem Football-Coach. Angeblich hat sie ihn sogar mal getroffen beim Tag der offenen Tür an der University of Alabama. Das ist doch was, oder?«
    »Ach ja, verstehe, jetzt seh’ ich sie anders. Sie muss Mutter Theresa sein.«
    »Du bist verdammt schlecht gelaunt.«
    Das stimmte, und ich hatte bereits halbherzig versucht, mir zu erklären, was dahintersteckte, aber Bud war mir zuvorgekommen.
    »Du vermisst Black, stimmt’s? Die allein durchwachten Nächte vermiesen dir die Stimmung, hm?«
    »Halt den Mund. Das ist es nicht.« Ich sah mich in der Cafeteria um. »Ich mag diesen Campus nicht, und ich mag die Leute nicht, die hier arbeiten. Davon krieg ich schlechte Gedanken, die ich nicht loswerde, verstehst du, so als müsste ich der Welt einen Gefallen tun und alle diese Leute wegsperren und den Schlüssel verschlucken.«
    »Du meine Güte, Claire, was ist los mit dir? Krieg dich