Das kalte Schwert
Ponyglück.
Aber er überquerte jetzt noch nicht den Fluss. Harath mag ja dumm wie Bohnenstroh sein, aber das bedeutet nicht, dass du es ihm nachmachen musst. Stattdessen suchte er sich einen Platz mit Blick auf die Brücke und einem Kriegerdenkmal mit Basrelief auf der östlichen Seite. Dort setzte er sich in ein schattiges Eckchen und breitete den Mantel über die Knie. In dieser Tätigkeit lag eine kleine Befriedigung, eine stille Bestandsaufnahme, die anscheinend beruhigend wirkte. Er hatte noch nichts zu sich genommen, verspürte jedoch nicht so richtig das Verlangen zu essen – die Überreste des Flandrijn in seinem Körper, das wusste er aus Erfahrung, wären seinem Appetit noch einige Zeit abträglich, und würden auch den Schmerz unterdrücken. Etwas zu trinken wäre nett, aber das konnte warten. Den größten Teil seiner Zeit als Kämpfer war er durstig gewesen. Inzwischen trieben flammend orangefarbene Düfte nach Kräutern und Obst mit der Brise von den Ständen auf der anderen Seite herüber, und der
Schweiß kühlte auf seiner Stirn und unter seiner schmuddeligen Kleidung, und seine kleineren Verletzungen schienen sauber verschorft zu sein. Selbst der Schmerz der genähten Wunde an seinem Oberschenkel fühlte sich gut an – etwas juckte dort, tief im Fleisch, und versprach Heilung.
Wie jeder gute Soldat verstand er zu warten.
Da kam jemand vorüber und warf eine Handvoll Kupfermünzen in den Staub zu seinen Füßen.
Er wartete bis zum frühen Abend, bis die Hitze aus der Luft gewichen war und die Helligkeit allmählich versickerte. Drüben bei den Marktständen zündeten die noch verbliebenen Händler bereits Kerzen und Lampen an, die einen heimeligen gelben Schein über ihre Auslagen und die vorzuckenden, gestikulierenden Hände ihrer Kunden warfen. Die Nacht brach herein, mit allem, was dazugehörte. Selbst die Düfte auf dem Platz hatten sich verändert, vom Ernteertrag zum Abendessen, von Obst und Kräutern zu gebratenem Fleisch und Fischeintöpfen, die, und das musste Egar zugeben, allmählich dafür sorgten, dass ihm der Magen knurrte.
Wieder wackelte eine Passantin vorbei – überwältigender Parfümgeruch, Knirschen von Sandalen. Der untergründige Duft nach reifer Frau zerrte leicht an seinem Geschlechtsteil, aber er schaute nicht auf, und sie kümmerte sich nicht um ihn. Wie alle anderen ließen ihn die Huren in seiner neuen Inkarnation in Ruhe. Gelegentlich, wenn ihm jemand Kupfermünzen hinwarf, kratzte er sie zusammen. Seine Geldbörse war wohl verborgen. Abgesehen vom Kavalleriemantel, der ihm kein Glück gebracht hatte, hatte er nichts an sich, was jemand haben wollte. Am meisten Aufmerksamkeit hatte er in den Stunden, seitdem er hier saß, bei ein paar dürren Straßenkötern erregt – sie hatten
mehrere Minuten lang um seine Füße geschnüffelt, nichts Essbares entdeckt und waren weitergezogen, waren vielversprechenderen Düfte gefolgt.
Für die menschlichen Bewohner des Viertels hätte er, soweit sie ihn überhaupt beachteten, ebenso gut eine der Basrelieffiguren des Kriegerdenkmals sein können, an dem er lehnte.
Und wenn er sich bewegte, nach den langen Stunden des Sitzens anfangs etwas steif, fühlte es sich an – Egar ertappte sich dabei, dass er bei der Überlegung etwas grinste –, als wäre er eine dieser gemeißelten, tapferen Gestalten, jäh zu unheimlichen Leben erwacht, und würde herabsteigen, um ihre wettergegerbten weißen steinernen Reihen für ein wesentlich schmuddeligeres Schicksal auf den nächtlichen Straßen zu verlassen.
Er entdeckte einen Kaffeeverkäufer zwischen den Ständen und suchte auf der Handfläche genügend Kupfermünzen für eine Tasse zusammen. Der Verkäufer erübrigte ihm kaum einen Blick, sondern sah stattdessen auf die Münzen. Egar kippte das bittere Getränk hinunter – konnte sich, ohne seine eigentliche Geldbörse hervorzuholen, den Zucker zum Süßen nicht leisten –, drängte sich dann zurück durch die anderen Herumstöbernden und Käufer und suchte einen Weg zur Brücke. Das Ponyglück – Echsenkopf, wie auch immer – würde sich inzwischen gefüllt haben. In der rauen Menge aus Freischärlern unten vom Hügel und den anderen Freibeutern, die dort versammelt wären, würde er nicht weiter auffallen. In seinen Tagen hatte die Stadtwache stets einen großen Bogen um die Kneipe geschlagen, so lange es eben ging, und er bezweifelte, dass sich daran in den Jahren seither viel geändert hätte. Er wäre dort
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