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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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hindurch. Er hörte das eilige Wehen der Brise und spürte die tiefe Kühle auf dem Gesicht, die ihn scheinbar vom eigenen Fleisch löste …
    Rauch wehte ihm in die Augen, duftend nach …
    Nein, warte …
    Irgendwo weit entfernt hustete jemand. Er blinzelte bei dem Geräusch, und es war, als kehrte die Welt sich langsam und majestätisch um und ließe ihn fallen. Die Steppe huschte vorüber, der Rauch verblieb. Dick und süßlich hing er in der Luft, wie der unverkennbare Geschmack von Flandrijn im Rachen. Erneut kam das Husten, von irgendwoher hinter ihm, und diesmal schloss er sich ihm an. Er stützte sich auf einen Ellbogen und rieb sich die Augen.

    Vorhänge aus Musselin von der Farbe schmutzigen Honigs in dem schwachen Schein der flackernden Lampe. Ein kaum zu erkennendes Durcheinander an hingestreckten Gestalten dahinter und die seltsam steife Gestalt, die sich herabbeugte, um sie zu bedienen. Im Rücken spürte er einen Leib, hörte jemanden bei seiner jähen Bewegung knurren. Die Erinnerung tauchte auf wie ein großer hässlicher Fisch an der Angel.
    Ich bin in der Flandrijnhöhle.
    Allerdings. Den langen, glatten Stiel der Flandrijnpfeife hielt er locker mit der linken Hand umschlossen, aber die Glut war schon längst erloschen. Er legte sie beiseite und setzte sich völlig auf. Kein Schmerz im Bein, obwohl er das Zerren der Stiche spüren konnte, mit denen der Arzt die Wunde vernäht hatte. Und seine Kleidung roch schwach nach Salbe. Er hatte keine Ahnung, welche Zeit des Tags oder der Nacht es war. Er hatte keine Ahnung, wie lang er hier gewesen war. Bei näherer Inspektion entdeckte er zusammen mit dem Hauch Salbe etwas weniger angenehme Gerüche. Allerdings war seine Kleidung auch nicht so ganz sauber gewesen, als er hier hereingestolpert war, vor wie langer Zeit das auch gewesen sein mochte. Blut, Schweiß, durchtränkt von Flusswasser, und wie er sich jetzt erinnerte, hatte er sich irgendwann während der langen Serie von Pfeifen, die sie ihm gebracht hatten, mit der fröhlichen Sorglosigkeit eines Säuglings in die Hose gepinkelt.
    Er sammelte das Bündel seines Mantels auf und kam schwankend auf die Beine. Stolperte durch den Teppich aus dösenden Leibern und zog in seinem Kielwasser Flüche und Beschwerden nach. Eine Helferin rannte herbei, in der Hand eine frische Pfeife, aber er winkte ab.
    »Es reicht«, sagte er knurrig. »Hatte genug.«
    Sein allererster Instinkt bestand darin, sich einen Kaffee und
ein langes heißes Bad zu besorgen. Aber bei genauerem Überlegen kam er zu dem Schluss, dass sein gegenwärtiger Geruch seine Verkleidung als Bettler perfekt vervollständigte. Am besten wäre also, es dabei belassen.
    Bei diesem Gedanken schnitt er eine Grimasse.
    Leben in der großen Stadt, Eg.
    Ja, und durch das Leben in der großen Stadt verweichlichst du ebenso wie jeder x-beliebige verdammte Hofschranze, Drachentöter. Wie oft hast du draußen auf der Steppe ein heißes Bad gehabt? Übrigens, wie oft hast du überhaupt auf dem Feldzug im Krieg gebadet?
    Wohl wahr – die meiste Zeit des Kriegs hatte er weitaus schlimmer gerochen als jetzt. An der Galgenschlucht hatte Ringil Witze mit ihm gerissen. Sich geziert ein Taschentuch an den Mund haltend, hatte er gesagt, dass allein ihr Gestank dem Vorrücken der Reptilien Einhalt gebieten sollte.
    Bei Uranns Eiern, wie er den Homo vermisste!
    Irgendwie gelangte er nach draußen und blinzelte im grellen Sonnenlicht. Er schätzte es war irgendwann am frühen Nachmittag. Dann hatte er sich mindestens einen Tag lang zugedröhnt, wenn nicht gar zwei.
    Ja, vielleicht sogar drei, sagte irgendeine Instanz durch die Dämpfe in seinem Kopf.
    Er erinnerte sich vage daran, dass der Arzt, nachdem er mit der Behandlung fertig war, etwas davon gesagt hatte, dass unsere Brüder von der Küste unten eine preiswerte Schmerzlinderung anbieten. Der Abscheu in seiner Stimme wäre grässlich gewesen, wenn sich Egar nicht gar so sehr wie gequirlte Scheiße vorgekommen wäre. Na ja, du bist derjenige, der einen sarggroßen Raum über ihnen gemietet hat, war er versucht zu knurren. Du bist derjenige, der nicht so aussieht, als hätte er in seinem Leben auch nur einmal auf einem verdammten Pferd gesessen.

    Stattdessen hatte er schweigend Münzen in die Hand des Arztes fallen lassen und mit dünner Befriedigung zugesehen, wie der Mann bei jedem Klirren den Mund wie ein Fisch auf und zugeklappt hatte. Dann war er schwankend und zittrig die Treppe hinabgegangen, um ein

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