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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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Genau wie dieser Schwachsinn aus den Märchen für Kinder. Was gibt’s
da noch zu erledigen, verdammt, wenn so ein Kopfgeld im Spiel ist? Und erzähl mir nicht, es geht um ’ne Frau.«
    »Nein.« Egar stieß einen erschöpften Seufzer aus. »Hör zu, da ist dieser Junge. Ein Ishlinak, nicht lange in der Stadt. Groß, große Klappe und nicht mehr Verstand als ein sechs Wochen altes Kalb. Er steckt in der Sache mit drin, und wenn ich ihm nicht Bescheid stoße, wird er zum Verhör einkassiert.«
    Darhan sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Ein Ishlinak?«
    »Ja. Dumm wie Bohnenstroh, aber das seid ihr doch alle. Allerdings ist er für sein Alter ein sehr netter Junge, könnte sogar was aus sich machen, wenn er lange genug am Leben bleibt. Erinnert mich an …« Er gestikulierte hilflos. »Ja, nun ja. Wie gesagt. Er steckt mit drin, und ich muss ihn da rausholen.«
    »Wie heißt er denn?«
    »Harath.« Eg blinzelte. »Warum?«
    Darhan zuckte die Achseln. »Auf dem Steckbrief wird er nicht erwähnt. Bloß du. Das Bild sieht dir ziemlich ähnlich, außer das Haar. Schlauer Zug, es zu schwärzen. Aber lange wird dich das nicht schützen. Die Wache ist wesentlich klüger als zu unserer Zeit.«
    »Kannst du mir dann behilflich sein? Eine Nachricht weitergeben?«
    Darhan zog mit der Spitze eines Stiefels Furchen durch die spärliche Erde. »Ja, so viel kann ich wahrscheinlich tun. Ist er jetzt drin?«
    »Weiß ich nicht. Ich wollte gerade nachsehen.«
    Der ältere Mann schüttelte den ergrauten Kopf. »Du bist wirklich nicht wie jeder, Eg.«
    »Ja, schon gut. Teile den Herd und die Wahrheit des Herzens, nicht wahr?«

    »Natürlich. Aber sieh mal da drüben, Eg.« Darhan winkte auffällig zu der Kneipe und ihrer vom Lampenschein erhellten Umgebung hinüber, zu der Bande von Männern, deren Leben darin bestand, andere, die wie sie selbst waren, zu töten. »Ich meine, sieh sie dir einfach an! Die meisten von denen würden ihre eigene Mutter für ein Zehntel dessen verkaufen.«
    Egar starrte die schwach vom flackernden Licht erhellten Gestalten an. »Ich weiß. Aber das bedeutet nicht …«
    Der Schlag schickte ihn zu Boden. Auf Hände und Knie. Ein Dröhnen und Wirbeln in den Ohren, während er darum kämpfte, nicht ganz zu Boden zu gehen. Ein Stiefel traf ihn gezielt unter den Rippen, die Kraft des Tritts hob ihn hoch und trieb ihm die Luft aus den Lungen. Jetzt lag er völlig flach. Der Stiefel bohrte sich unter seine Schulter und drehte ihn auf den Rücken.
    Darhan stand über ihm.
    »Stell dir vor, Eg«, sagte er ausdruckslos. »Sie haben mich für den Winter nach Demlarashan versetzt.«
    Egar gab einen quietschenden, schnaufenden Laut von sich. Blut im Mund, er hatte sich in die Zunge gebissen, als Darhan ihm den Hieb an den Kopf versetzt hatte. Tränen in den Augen. Er spuckte kraftlos aus. Es war nicht mehr als ein Ausrülpsen blutigen Speichels, der ihm am Mundwinkel und am Kinn herabhing. Er rang nach Luft. Wollte nach seinem Messer greifen.
    »M-m.« Darhan trat ihm auf die Hand. Kniete sich hin, hielt den Arm des Drachentöters zwischen seinen Knien fest und entdeckte die Waffe unter der Kleidung. »Hab eben schon deine Hand zu diesem Baby hinzucken sehen. Dachte, du hätt’st mich da schon durchschaut.«
    Er zog das Messer aus der Scheide und warf es in den Fluss. Egar hörte das leise, verebbende Platschen.

    »Treuloses Arschgesicht«, brachte er heiser schnaufend hervor.
    »Ja, ja.« Darhan durchsuchte ihn mit professioneller Geschwindigkeit, fand die beiden anderen Messer und warf sie ihrem Bruder nach. »Wenn du an die Sechzig wärst und es hieße, entweder zurück nach Demlarashan oder Verlust der Stellung, würdest du anders reden. Verdammt sinnloser Krieg. Ich geh nicht für acht Kröten pro Tag und Kriegsrationen da unten in den Tod. Nicht mehr.«
    Er stand auf und legte die hohlen Hände an den Mund. »He! Wache! Hauptmann! Hab euren Flüchtling! Hierher! Wache!«
    Etwas regte sich an den Tischen. Gestalten sprangen auf und sahen sich um. Stimmen schwirrten durch die Abendluft. Die Kneipentür flog auf, gelblicher Lampenschein quoll heraus. Die Silhouetten weiterer stämmiger Gestalten. Darhan winkte.
    »Sie waren die ganze Zeit über da drin. Eine Patrouille von sechs Männern, hat die Runde gedreht. Alle haben dieses Gesicht gesehen und wissen, dass es ’ne Belohnung gibt. Wärst du da reingegangen wie geplant, dann hätten sie dich genauso gekriegt. Nur dass ich keine zwanzigtausend hätte.

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