Das kalte Schwert
zu ballen. »Also gut. Sinnlos, auf deinem offensichtlichen Fehler in dieser Angelegenheit weiter herumzureiten. Wieder einmal ist es mir überlassen, die schwierigen Entscheidungen zu treffen und das Richtige zu tun. Die Königsfänger sind ausgeschwärmt, Archeth. Er ist erledigt. Ich habe den Befehl vor einer Stunde unterzeichnet. Sie werden diesen Drachentöter herbringen, tot oder lebendig, und der Gerechtigkeit wird genüge getan werden. In der …«
»Mylord, wenn ich …«
»In der Zwischenzeit, Mylady.« Er wartete ab, ob sie es wagen würde, ihn erneut zu unterbrechen; sah, dass sie es nicht tat, und fuhr in brüskerem Tonfall fort: »Wird Euch der Kommandant der Fänger nach Hinweisen auf die Gewohnheiten und Lieblingsplätze ihres Jagdobjekts befragen wollen. Auch Euren Freund hier aus dem Norden, könnte ich mir vorstellen. Rakan?«
Noyal Rakan fuhr auf. »Mylord?«
»Führt Lady kir-Archeth und ihren edlen Begleiter, so schnell es geht, in den Flügel mit den Kasernen der Königsfänger. Taran Alman erwartet sie dort.«
»Ja, Mylord. Sogleich.«
Sie wandten sich zum Gehen. Archeth in aller Eile, weil sie sowohl verbergen wollte, was sich in ihren Augen zeigte, als auch den schäumenden Drang zu sprechen unterdrücken musste, der hinter ihren zusammengebissenen Zähnen brodelte. Ringil nahm sich etwas mehr Zeit und maß in abschätzender Ruhe den Imperator mit dem Blick.
Jhiral sah es und war entrüstet. »Wolltet Ihr mir etwas sagen, Ringil Eskiath? Eine Klage oder Bitte vorbringen, vielleicht?«
»Nein.« Ringil rührte sich nicht. »Keine. Ich glaube, Eure imperiale Scheingestalt hat alles gesagt, was hier zu sagen war. Jetzt bleibt nur noch die Ausführung.«
Jhiral lachte, aber in dem Gelächter lag ein unsicheres, heftiger werdendes Zittern, das er nicht verbergen konnte. Sowohl Archeth als auch Rakan hörten es, und beide blieben wie angewurzelt stehen. Die Ehrenwache vom Ewigen Thron hörte es ebenfalls und spannte sich stärker an.
Ringil schenkte ihnen einen flüchtigen abschätzenden Blick, dann fixierte er Jhiral erneut.
»Habe ich Eure Scheingestalt irgendwie amüsiert?«
Jhiral räusperte sich und wandte sich leicht zu seinen Sklaven und Soldaten um, reine Effekthascherei. »Na ja, Eure Sprachkenntnis ist sehr zu loben, Mylord. Ziemlich bemerkenswert für einen Nordländer, wahrlich. Aber wie es scheint, ist Eure Kenntnis des Thetannischen doch etwas beschränkt. Ihr meint Lichtgestalt.«
»Wirklich?«, fragte Ringil tonlos.
Er erwiderte den Blick des Imperators etwas länger, als wollte er die imperiale Miene an einem besonderen Platz im Gedächtnis abspeichern. Dann verzog er die Lippen zu einem Lächeln, das so dünn war wie die Narbe auf seiner Wange, und nickte, als hätte ihm eine Stimme etwas gesagt, das die anderen nicht hören konnten.
Anschließend drehte er sich um und ging davon.
»Damit hast du dir also in den letzten zehn Jahren den Lebensunterhalt verdient, nicht wahr?«
»Wenn du damit sagen willst, dem Ewigen Thron und seinem Volk nach besten Kräften zu dienen«, zischte Archeth, »dann ja. Ich fand das produktiver, als sich in einem Hinterwäldlerdorf
in den Bergen zu verstecken und für mein Taschengeld und die Bezahlung der Stalljungen, die mich fickten, ein Garn über meine Heldentaten zu spinnen.«
»Na ja, einige von uns können sich halt keine Sklaven zu diesem speziellen Zweck leisten.«
»Fick dich doch ins Knie, Gil!«
Ein Verlust der Selbstbeherrschung in ihrem nicht akzentfreien Naomisch und ein Schrei, der weit tragen musste. Mitten in den Gärten waren sie wie angewurzelt zum Stehen gekommen, knapp außerhalb der Hörweite des Balkons und der imperialen Gesellschaft und fast Nase an Nase. Rakan stand daneben, außerstande, dem plötzlichen Wechsel in eine Fremdsprache zu folgen, aber das brauchte er auch nicht, er verstand den Tonfall auch so. Ringil, der jetzt höhnisch grinste, seine vom Kater hervorgerufene schlechte Laune aufblitzen ließ, den Mund öffnete zu …
Hinter ihm fuhr klagend etwas vorbei.
Er spürte die Berührung deutlich, wie kühle Finger im Nacken. Er runzelte die Stirn und vergaß, was er sagen wollte.
Ein einzelnes Blatt wirbelte von oben herab, gefangen in einem Strahl Sonnenlicht, der durch die Bäume stach. Amüsiert sah er ihm beim Fallen zu. Spärliches Morgenlicht schimmerte schwach im Laubdach, aber es wirkte kalt und sehr weit weg. Hier, um ihn her, war die Luft schattig und kühl, und
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