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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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Augenlidern, die sich unter dem kühlen Gewicht des Flandrijns senkten, schlossen …
     
    Der Echsenkopf: fröhlich und grell im Lampenschein, raues Gelächter, durch die Fenster geworfen wie der Inhalt eines Nachttopfs. Der Kopf selbst glitzerte feucht in seinem eisernen Käfig, ein schwacher, im Bandlicht silbriger Schimmer, der sich jedes Mal zu einem helleren Goldton veränderte, wenn sich die Kneipentüren knallend vor den Kellnerinnen mit ihren schwer beladenen Tabletts öffneten und das Licht der Lampen herausfiel. Die draußen aufgestellten Tische waren voll besetzt. Sämtliche Plätze wurden von stämmigen Gestalten vereinnahmt, die Krüge und Flaschen hoben, entweder in brütender Einsamkeit oder unter anerkennendem Gebrüll und einer unheimlichen Übereinstimmung, die an eine Militärübung erinnerte. Der Boden rings umher war übersät von abgelegten scharfen Waffen, Bündeln und, sogar zu dieser frühen Stunde, den schlaffen, in sich zusammengesackten Gestalten einiger unerfahrener Säufer, die es etwas übertrieben hatten. Die Kneipe hatte die übliche bunt gemischte Schar von Söldnern
angezogen. Eg entdeckte ein halbes Dutzend verschiedener Regimentsfarben in der Menge, verstreut unter den eher üblichen schwarzen oder hellbeige gefärbten Mänteln von auftragslosen Freibeutern.
    Die Brücke des schwarzen Volks hob sich dunkel vor den Sternen oben ab und durchschnitt den schimmernden Bogen des Bands, wo es sich zur Erde absenkte.
    Egar humpelte näher und hielt sich dabei achtsam vom Licht der aufgehängten Laternen und der Öllampen auf den Tischen fern – einfach ein heranschlurfender Trinker in der Düsternis. Während er so auf der Suche nach Harath von Tisch zu Tisch ging, betrachtete er prüfend die erleuchteten Gesichter und horchte nach der erhobenen, aufgeregten Stimme des jüngeren Mannes. Mit etwas Glück würde er den Ishlinak hier draußen antreffen und müsste sich nicht einmal ins Innere der Kneipe begeben. Ein rasches Wort und …
    »Eg? Der verdammte Egar?«
    Und wie ein völliger Esel drehte er sich bei dieser vertrauten Stimme natürlich schwankend um, ins Licht. Sah Darhan, der aufgestanden war, ihn anstarrte und ziemlich eindeutig betrunken war.
    »Was tust du denn hier, verdammter Drachenprügler?«, krächzte er auf Majakisch. »Weißt du nicht, dass die Stadtwache hinter deinem Kadaver her ist?«
    Am Tisch hinter ihm drehten sich Köpfe.
    Egar taumelte näher, packte den älteren Mann bei der Schulter und tat, als umarmte er einen lange verschollenen Vetter. In Darhans Ohr murmelte er: »Bist du wohl etwas leiser, verdammt, ja? Ja, weiß ich. Komm damit zurecht.«
    Er trat zurück, schlug dem Ausbilder auf beide Schultern, stieß in gespielter Freude einen Fluch aus und machte eine vage
Geste zum Fluss. Dann lenkte er den anderen Mann von seinen Saufkumpanen weg in die Düsternis und Stille am Ufer.
    »Jetzt im Ernst, Eg.« Mit der Schnelligkeit des Veteranen wurde Darhan wieder nüchtern. »Sie haben eine Belohnung ausgesetzt und alles. Zwanzigtausend Elementaler. Zwanzig-tausend! Du musst aus der Stadt verschwinden, verflucht, Mann, solange du noch kannst.«
    »Ich arbeite dran. Aber ich hab’ noch was zu erledigen.«
    »Ja? Was denn zum Beispiel?« Darhan fuhr zu ihm herum und packte ihn an beiden Schultern, ähnlich, wie Egar es zuvor getan hatte. »Sieh mir ins Gesicht, Eg. Hast du gehört, was ich gerade gesagt habe? Zwanzig-tausend, Elementaler. Ich würde dir für die Hälfte die Achillessehnen durchschneiden und dich ausliefern.«
    Ihre Blicke trafen sich. Egars Hand fuhr zum Griff des Messers, er konnte nicht anders.
    »Nein, würd’st du nicht«, sagte er angespannt.
    Darhan warf verzweifelt die Arme in die Höhe. »Na gut, na gut, würd’ ich nicht. Aber deshalb bin ich der einzige Mann in dieser Stadt, dem du im Augenblick vertrauen kannst, und ich sag’s dir, wenn sie mich in diesem Winter nach Demlarashan versetzen, hat sich das auch erledigt. Es ist mehr Geld, als irgendwer von uns in seinem ganzen Leben zu sehen bekommt, Eg.« Sein Ärger schnellte jäh in die Höhe. »Zwanzigtausend kalte, klimpernde Elementaler gegen das Leben eines Mannes. Stell dir das nur mal vor! Das ist ein stilvoller Rückzug, das ist eine Villa oben am Fluss, eine Küche voller Sklaven und ein sauberer kleiner Haremsanbau und nach Belieben süße Mädels aus Trelayne oder Shenshenath. Es ist das verdammte glückliche Ende, das keiner von uns je zu Gesicht bekommen wird, Eg.

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