Das kalte Schwert
etwas …
Etwas stimmte nicht.
»Wenn sie den Drachentöter umbringen«, sagte er ein wenig ruhiger. »Werde ich diesen Palast in Brand stecken. Das weißt du doch.«
»Ja«, fauchte Archeth, offensichtlich unberührt von der kühlen Luft um sie her. »Mit wessen Armee? Der Krieg ist vorbei, Gil. Dies ist nicht die Galgenschlucht.«
»Nein. Ist nicht so sauber hier.«
»Oh, jetzt hör verdammt noch mal damit auf!« Sie hob die gespreizten Hände und schlug sie sich an die Stirn, eine Geste, die so typisch kiriathisch war, so sehr ihr Vater, dass er Flaradnams Züge einen Augenblick lang in den ihren sah. »Dies ist die Zivilisation, Gil. Du weißt schon, die Sache, für deren Rettung wir gekämpft haben? Du – du und auch Egar –, ihr beide könnt nicht einfach herumschleichen, den Stahl in der Hand, und euren Kummer erschlagen.«
»Stimmt. Heutzutage ist das solchen Leuten wie dem kleinen Scheißer da hinten und seiner Kabale vorbehalten. Privilegierte von Rang und Namen.«
»Du hattest einen Rang, Gil. Du hast ihn weggeworfen.«
»Ja. Und du klebst an deinem.«
Sie bekam große Augen. Wich zurück, als hätte sich gerade im Pflaster zwischen ihnen ein zerklüfteter Abgrund geöffnet.
»Mylady«, warf Rakan ein. Er sah Ringil an und leckte sich die Lippen. »Mylord. Taran Alman wartet. Der Wille des Imperators ist eindeutig. Wir sollten nicht säumen.«
Einen Augenblick lang sprach niemand ein Wort. Dann nickte Ringil und wechselte wieder ins Thetannische. »Er hat recht, Archeth. Du lässt den Mann von den Fängern besser nicht warten.«
»Wir, Gil.« Drängend, weil sie erkannte, was in seinen Augen lag. »Wir lassen ihn besser nicht warten.«
Aber er hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. War an Rakan vorbei mit einem Blick, der alles Nötige besagte – der Kommandant vom Ewigen Thron senkte den Kopf und gab ihm den Weg frei. Weg von Archeths verzweifelter Stimme, die ihn zurückrief.
»Gil! Gil, du kannst nicht einfach …«
»Erzähle ihnen alles, was du ausbuddeln kannst«, sagte er zu
ihr und gab sich keine Mühe, Naomisch zu sprechen, drehte sich nicht einmal um. »Je mehr, desto besser. Sorge dafür, dass sie sich mit Gerede aufhalten.«
»Ich kann dich nicht einfach gehen lassen!«, rief sie.
»Du kannst mich nicht daran hindern.« Seine Stimme tönte seltsam schwach zwischen dem Buschwerk und den Bäumen zu ihr zurück. »Grashgal und dein Vater haben dafür gesorgt. Du weißt, was sie auf diese Klinge geschrieben haben.«
Er bog um eine Ecke und war verschwunden.
Das Morgenlicht schien in seiner Abwesenheit kräftiger zu werden.
36
Das Knistern von Scheiten, umgeben von flackerndem orangefarbenem Schein.
Mach halblang, Drachentöter! Dieses Mal nicht sich selbst verlieren. Hier bist du nicht sicher.
Egar sah finster auf den Pfeifenkopf hinab und ließ den dunklen Rauch, befrachtet mit eiskalter Erleichterung, an Bord kommen. Er hustete etwas, weil er zu heftig gezogen hatte. Klammerte sich einen Augenblick lang an eine schwindende Vorsicht und ließ dann los.
In dieser verdammten Stadt bist du nirgendwo sicher. Wär’s nicht an der Zeit, schlau zu sein und einfach zu verschwinden?
Er musste zugeben, dass es danach aussah.
Ja, aber im Augenblick …
Es war kühle Berechnung gewesen, wieder dieselbe Flandrijnhöhle zu betreten. Sehr nahe an den Vorfällen von neulich, aber das könnte zu seinem Vorteil sein – seine Feinde würden fast sicher weiter flussabwärts nach ihm suchen. Er hatte jetzt auch ein gewisses Gefühl für die Straßen in der Umgebung bekommen, was sich bei einem Zangenangriff auszahlen würde. Und er war hier bekannt – einfach ein stinkender, schäbiger Veteran auf der Suche nach billigem Vergessen, wie alle anderen auch. Musste man kein Wort drüber verlieren. Ginge er woanders hin,
könnte er durchaus für Aufsehen sorgen – ein neues Schiff in neuen Gewässern, das einiges Gerede hervorrief.
Es erschien vernünftig, aber er war zu niedergeschmettert, um sicher zu sein. Und sein strategisches Urteil, na ja, je weniger Worte man darüber verliert, desto besser ist es im Moment, Drachentöter.
Aber er vermochte nach wie vor noch nicht recht zu fassen, wie schlimm sich die Dinge entwickelt hatten und in welch gewaltiger Schnelligkeit. Konnte nach wie vor nicht fassen, wie alles abgelaufen war, selbst als er die Ereignisse in einer schillernden Erinnerung vorübertanzen sah – zusammenstoßen und verschmelzen, heraneilen hinter
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