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Das Karpathenschloß

Das Karpathenschloß

Titel: Das Karpathenschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sich deren Freunden ebenso gebieterisch auf, wie den ihnen ferner stehenden Dorfbewohnern. Die Muthigsten konnten sich ja nicht wohl weigern, in die Waldmasse des Plesa einzudringen, um selbst bis zum Karpathenschlosse emporzuklimmen.
    Nach fernerem nutzlosen Hin-und Herreden entpuppten sich als die Muthigsten ihrer drei: der Meister Koltz, der Schäfer Frik und der Gastwirth Jonas – der würdige Schulmeister Magister Hermod empfand dagegen plötzlich ganz außerordentliche Gichtschmerzen am Beine und hatte dieses in der Schulstube über zwei Stühle ausstrecken müssen.
    Gegen neun Uhr machten sich Meister Koltz und seine Begleiter – vorsichtigerweise wohl bewaffnet – auf den Weg nach dem Vulcan; an derselben Stelle der Straße, wo Nic Deck diese verlassen hatte, wichen auch sie davon ab, um in das dichte Gehölz einzudringen.
    Sie sagten sich nicht ohne Berechtigung, daß der junge Mann und der Doctor, wenn sie auf der Heimkehr nach dem Dorfe begriffen wären, denselben Weg wählen würden, den sie auf dem Hinweg über den Plesa eingeschlagen hatten. Ihre Spuren mußten sich ja leicht genug wiederfinden lassen, und das traf auch zu, als alle Drei kaum hinter dem Saume des Waldes verschwunden waren.
    Wir lassen sie nun dahinziehen, um zu berichten, welcher Wechsel der Ansichten in Werst Platz griff, sobald man Jene aus dem Gesichte verloren hatte. Wenn es erst ganz selbstverständlich erschienen war, daß sich mehrere Leute freiwillig entschlossen, Nic Deck und Patak entgegen zu gehen, so fand man darin jetzt eine Unklugheit sondergleichen, nachdem Jene aufgebrochen waren. Was würde das Ende vom Liede sein? Dem ersten Unglücke konnte sich nur noch ein zweites anreihen. Daß der Forstwächter und der Doctor die Opfer ihres Unterfangens geworden wären, daran zweifelte Niemand mehr, was konnte es also nützen, daß Koltz, Frik und Jonas auch noch ihrer Hilfswilligkeit für Jene zum Opfer fielen?
    Es würde eine geraume Zeit vergehen, während der das junge Mädchen ihren Vater ebenso beweinte, wie sie ihren Verlobten beweinen, die Freunde des Schäfers und des Gastwirths deren Verlust betrauern würden.
    Die Verzweiflung in Werst wurde schon eine allgemeine und es sah hier nicht so aus, als ob sie sobald verschwinden sollte. Selbst angenommen, daß den ersten Beiden kein Unglück zugestoßen war, so konnte man auf die Rückkehr des Meister Koltz und seiner beiden Begleiter nicht eher rechnen, als bis die Nacht die benachbarten Höhen mit ihrem schwarzen Mantel bedeckte.
    Wie groß war daher das Erstaunen, als Jene gegen zwei Uhr Nachmittags weit draußen auf der Landstraße zum Vorschein kamen. Mit welch’ freudiger Hast eilte die davon sofort benachrichtigte Miriota den Männern entgegen!
    Es waren ihrer aber nicht drei, sondern vier, und ein Fünfter befand sich offenbar unter der Pflege des Doctors.
    »Nic… mein armer Nic! rief das junge Mädchen klagend. Ist denn Nic nicht da?«…
    Ja, Nic war freilich da, er lag aber auf einer Bahre aus Baumzweigen, die Jonas und der Schäfer vorsichtig trugen.
    Miriota stürzte auf ihren Verlobten zu, sie neigte sich über ihn und schloß ihn innig in die Arme.
    »Er ist todt… jammerte sie, er ist todt!
    – Nein, todt ist er nicht, erwiderte der Doctor Patak, doch er verdiente es zu sein, und ich mit ihm!«
    In Wahrheit hatte der junge Forstwächter nur das Bewußtsein verloren. Seine starren Glieder, das blasse Gesicht und die vom Athmen sich kaum hebende Brust ließen den Zustand vielleicht noch schlimmer erscheinen, als er in der That war. Das Gesicht des Doctors dagegen war nicht so entfärbt wie das seines Gefährten – doch das rührte nur davon her, daß der Weg nach Hause ihm wieder den gewöhnlichen backsteinrothen Teint verliehen hatte.
    Die zärtliche, herzzerreißende Stimme Mirjotas vermochte doch Nic Deck nicht aus der Starrsucht, in der er lag, zu erwecken. Als er ins Dorf zurück und schon nach dem Hause des Meister Koltz gebracht worden war, hatte er noch kein Wort gesprochen, doch als er nur unklar bemerkte, daß das junge Mädchen sich über sein Lager beugte, da flog ein schwaches Lächeln über seine Lippen. Ein Theil seines Körpers erwies sich als gelähmt, als hätte ihn eine Hemiplegie befallen. Um Miriota wenigstens etwas zu beruhigen, flüsterte er ihr aber bald, wenn auch nur sehr schwach, die Worte zu:
    »Es hat nichts auf sich… gewiß, das geht vorüber!
    – Nic… mein armer Nic! klagte das junge Mädchen.
    – Nur etwas

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