Das Karrieremacherbuch
blockieren innerlich, die anderen entwickeln eine seltsame Form von Aktionismus und Hyperaktivität, auch dies eine Form der Lebenslaufkrankheit. Alles für den Job, lautet das Motto. In der Absicht, möglichst viel für die Karriere zu tun, tun Studenten und junge Berufstätige genau das Falsche. Wohin das führt, zeigt der Bereich »Interessen« oder »Hobbys« im Lebenslauf, speziell die dortige Unterrubrik »Sport«. Darum ranken sich ähnliche Mythen wie um andere angebliche Bewerbungsgeheimnisse. Sicher haben Sie auch schon von den bei Arbeitgebern so beliebten Marathonläufern oder Leistungssportlern gehört. Manche glauben die Mär vom Teamsport oder sind überzeugt, dass sie ein Ehrenamt bräuchten, um den ersten Job zu bekommen. Die Annahme, dass Sport dem Lebenslauf guttut, ist an sich nicht falsch. Denn nach wie vor schließen Arbeitgeber vom studentischen und privaten Engagement auf die Persönlichkeit. Tatsächlich liebt die Unternehmensberaterbranche den Marathonläufer wie den Triathleten und den Zehnkämpfer. Und mit der Präferenz des Typs ehrgeiziger Sportler liegen sie auch gar nicht falsch. Studien belegen, dass vor allem Ausdauersportler beruflich erfolgreicher sind. Die Dresdner Kleinwort, die Investmentbanking-Sparte der Dresdner Bank, zeigte Ende 2008, dass Läufer mit einem Jahreseinkommen von mehr als 500 000 Euro die schnellsten waren. 9 Der Zeitunterschied zwischen den Bestzeiten von Geringer- und Top-Verdienern betrug dabei rund 16 Minuten. Nun könnten Sie leicht auf den Gedanken kommen, mit dem Joggen oder neudeutsch Running anzufangen, um damit dem eigenen beruflichen Erfolg auf die Sprünge zu helfen. So etwas höre ich öfter: »Ich hasse Laufen – aber soll ich damit anfangen, um meine Jobchancen zu verbessern?« Oder: »Meine Leidenschaft ist Kraftsport, aber der Muckibuden-Typ kommt bei den Tanten im Assessment-Center nicht so gut an wie der Basketballer. Gibt es einen Dirk-Nowitzki-Schnellkurs for everybody? Kann ich mir irgendwo die Regeln von Basketball im Internet per PDF herunterladen, damit ich mich im Assessment-Center als Teamsportler verkaufen kann?«
Natürlich funktioniert das nicht. Echte Marathonläufer betreiben ihren Sport ja nicht, weil sie Karriere machen wollen, sondern weil Laufen für sie ein starker Anreiz ist, sportliche Ziele zu erreichen. Man nennt das »intrinsische Motivation«, sie kommt von innen. Echte Basketballer haben ihre Leidenschaft auch aus solchen intrinsischen Gründen entdeckt. Kurzum: Ein Muckibuden-Fan wird sich nicht per PDF-Anleitung zum Teamsportler machen, sondern im Vorstellungsgespräch bestenfalls als schauspielerischer Dilettant rüberkommen. Sport hat viel mit Persönlichkeit zu tun, und sportliche Leidenschaften kann man nicht am Reißbrett entwickeln.
Lebenslauf-Tuning
Aus demselben Grund ist es blödsinnig, sich aus Karrieregründen für Ehrenämter zu entscheiden. Zum einen, weil es nichts bringt, so zu tun als ob – das kommt selbst bei Schauspieltalenten unglaubwürdig rüber. Zum anderen, weil Eigenschaften, ob sportlich oder persönlich, nicht durch die Bank und überall gleich bewertet werden. Jeder sieht das anders – meist so, wie er es selbst kennt. Wenn Ihnen beim Vorstellungsgespräch in der Top-Kanzlei also ein Langhantel-Fan gegenübersitzt, können Sie mit Ihrer Hot-Iron-Erfahrung Sympathiepunkte erwerben. Genauso gut können Sie Ihrem Gegenüber aber auch Ihre Leidenschaft für mittelalterlichen Schwertkampf darlegen und damit punkten. Oder auch nicht. Es macht keinen Sinn, sich auf alle Geschmäcker und Vorlieben einzustellen und sich möglichst mainstreamig zu präsentieren. Ich habe einige Kandidaten in der Beratung gehabt, die mithilfe von Büchern und durch die Unterstützung von Bewerbungs- und Personalberatern versucht haben, ihren Bewerbungsunterlagen und sich selbst jede Ecke und Kante abzuschleifen, um es bloß allen rechtzumachen. Mit dem Effekt, dass die Quote der Absagen deutlich höher war, als sie ohne Planung und generalstabsmäßige Vorbereitung gewesen wäre. Wenn ich mir die Lernvideos zum Thema Vorstellungsgespräch anschaue, die im Internet kursieren, packt mich das kalte Grausen. Derart geschliffene, schriftsprachliche Antworten (»ich zeichne mich aus durch Flexibilität und Kommunikationsfähigkeit und im Sport durch ein hohes Aktivitätslevel«) führen direkt in die Bewerbungs-Einbahnstraße.
Hören Sie deshalb besser weg, wenn Ihnen jemand mit Lebenslauf-Tuning-Tipps kommt, und
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