Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kartengeheimnis

Das Kartengeheimnis

Titel: Das Kartengeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
Vom Netzwerk:
um, aus der die Geräusche kamen.
    „Idioten!“ sagte der Zweiknöpfige. „Die zerschlagen über die Hälfte von dem, was sie herstellen.“
    Als sie mir für einen Augenblick die Rücken kehrten, machte ich eine unheimliche Entdeckung: Auf den Rücken des Zweiknöpfigen waren zwei schwarze Kreuzsymbole gezeichnet. Beim anderen waren es drei. Und zwar genau solche Symbole, wie man sie auf Spielkarten findet. Gleich kam mir das Gespräch, in das ich hier verwickelt worden war, etwas weniger sinnlos vor.
    Als die beiden sich wieder zu mir umdrehten, beschloß ich, etwas Neues zu probieren.
    „Wohnen hier auf der Insel viele?“ fragte ich.
    Doch abermals tauschten sie einen seltsamen Blick.
    „Der stellt ja vielleicht Fragen“, sagte der eine.
    „Ja, wirklich unverschämt“, erwiderte der andere.
    Ich fand dieses Gespräch schlimmer, als wenn wir unsere Sprachen überhaupt nicht verstanden hätten, denn obwohl ich jedes Wort verstand, das sie sagten, begriff ich einfach nicht, was sie meinten. Es wäre fast besser gewesen, wenn wir einander wortlos Zeichen gegeben hätten.
    „Wie viele seid ihr?“ machte ich noch einen Versuch, und nun wurde ich langsam ungeduldig.
    „Du siehst doch, daß wir Zwei und Drei sind“, antwortete der mit den drei Kreuzsymbolen auf dem Rücken. „Wenn du eine Brille brauchst, dann solltest du mit Frode reden, der ist der einzige hier, der die Kunst des Glasschleifens beherrscht.“
    „Wie viele bist du denn selber überhaupt?“ fragte der andere.
    „Ha! Ich bin doch bloß einer!“ sagte ich.
    Der Zweiknöpfige wandte sich dem Dreiknöpfigen zu und stieß einen lauten Pfiff aus. „As!“ sagte er.
    „Dann haben wir verloren!“ antwortete der andere verdutzt. „Der würde auch den König schlagen.“
    Damit zog er eine kleine Flasche aus der Westentasche. Er nahm einen großen Schluck von einem glitzernden Getränk und reichte die Flasche an den anderen weiter. Auch der nahm einen Schluck.
    „Aber ist denn As keine Dame?“ rief der Dreiknöpfige.
    „Muß nicht sein“, antwortete der andere. „Nur Dame ist immer eine Dame. Er kann aus einem anderen Spiel stammen.“
    „Unfug. Es gibt kein anderes Spiel. Und As ist Dame.“
    „Vielleicht hast du recht. Aber er müßte vier Knöpfe haben, damit er uns stechen kann.“
    „Uns ja, aber nicht unseren König, das ist doch klar. Also will er uns zum Narren halten.“
    Die beiden tranken weiter aus ihrer kleinen Flasche, und jetzt wurde ihr Blick immer träger und öder. Doch plötzlich durchfuhr ein gewaltiges Zucken den Körper des Zweiknöpfigen. Er starrte mir in die Augen und sagte: „GOLDFISCH VERRÄT NICHT INSELGEHEIMNIS, WOHL ABER BRÖTCHEN!“
    Damit ließen sie sich beide zu Boden sinken und murmelten wild durcheinander: „Rhabarber... Mango... Kurbeeren... Datteln... Zitrone... Hunja... Schucka ... Kokos... Banane...“
    Sie nannten noch die Namen von vielen Früchten und Beeren, und ich hatte nur einige dieser Namen schon einmal gehört. Am Ende drehten sie sich auf den Rücken – und schliefen ein.
    Ich versuchte, sie mit dem Fuß anzustupsen, aber sie ließen sich nicht bewegen.
     
    Wieder war ich mir selber überlassen. Ich weiß noch, daß ich mir überlegte, diese Insel müsse ein Reservat für unheilbar Geisteskranke sein und die beiden kleinen Männer könnten in ihrer Flasche eine beruhigende Medizin gehabt haben. Wenn diese Annahme stimmte, würde sicher bald ein Arzt oder Krankenpfleger erscheinen und mir Vorwürfe machen, weil ich die Patienten aufgeregt hatte.
    Ich ging in die Richtung über das Feld, aus der ich gekommen war. Bald kam mir ein dritter kleinwüchsiger Bursche entgegen. Er trug die gleiche dunkelblaue Uniform wie die beiden anderen, aber sein zweireihiger Rock hatte insgesamt zehn Knöpfe. Auch er hatte diese glänzende, braune Gesichtshaut.
    „WENN DER MEISTER SCHLÄFT, LEBEN DIE ZWERGE IHR EIGENES LEBEN!“ rief er, fuchtelte dabei mit den Armen und blickte mit flackerndem Blick zu mir hoch.
    Noch ein Geisteskranker, dachte ich. Ich zeigte auf die beiden, die in einiger Entfernung auf dem Boden lagen.
    „Jetzt scheinen sie sogar eingeschlafen zu sein“, sagte ich.
    Das brachte ihn auf Trab. Er lief davon, aber obwohl er seine kurzen Beine in die Hand nahm, kam er nicht schnell vorwärts. Immer wieder kippte er um und mußte sich wieder aufrappeln. So hatte ich Zeit genug, die Kreuzsymbole auf seinem Rücken zu zählen.
    Ich ging weiter und erreichte einen kleinen Fahrweg. Ich

Weitere Kostenlose Bücher