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Das Kartengeheimnis

Das Kartengeheimnis

Titel: Das Kartengeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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hast du denn nicht gehört: Bäckersohn flieht ins Gebirge und wohnt in abgelegenem Dorf . Bist du denn nicht dieser Bäckersohn?“
    Der Joker klatschte wieder in die Hände, und der ganze Saal füllte sich mit Glöckchengeklingel.
    „Ruhe!“ kommandierte er. „Weitermachen, Vieren!“
    Mich interessierte jetzt nur, daß Frode vielleicht sterben würde, deshalb hörte ich nur Kreuz Vier und Karo Vier.
    „Dorf nimmt verlassenen Knaben auf, der seine Mutter durch Krankheit verloren hat. Bäcker gibt ihm Glitzergetränk und zeigt ihm die schönen Fische.“
    „Und nun die Dreien. Bitte sehr!“
    Auch von den Dreien hörte ich vor Aufregung nur zwei.
    „Seemann heiratet schöne Frau, die einen Jungen bekommt, ehe sie ins Land im Süden geht, um sich selber zu finden. Vater und Sohn suchen schöne Frau, die sich nicht selber findet.“
    Als die Dreien ihre Sätze aufgesagt hatten, unterbrach der Joker abermals das Spiel.
    „Das war ein solider Stich!“ lobte er. „Jetzt segeln wir ins Morgenland!“
    Ich wandte mich Frode zu und entdeckte, daß ihm Tränen in den Augenwinkeln standen.
    „Ich verstehe das alles nicht“, sagte ich verzweifelt.
    „Pst!“ flüsterte Frode. „Du mußt auf die Geschichte hören, mein Sohn!“
    „Auf die Geschichte?“
    „Oder auf die Zukunft, mein Junge. Aber auch die gehört zur Geschichte. Dieses Spiel führt uns viele, viele Generationen in die Zukunft. Das hat der Joker mit dem Morgenland gemeint. Wir verstehen nicht alles, was in den Karten liegt, aber nach uns kommen auch noch Menschen.“
    „Die Zweien!“ sagte der Joker.
    Ich versuchte, mir alles zu merken, was gesagt wurde, bekam aber nur drei der vier Sätze mit – mir machten immer noch die vielen Geschmäcke in allen Körpergegenden zu schaffen.
    „Zwerg mit kalten Händen zeigt Weg ins abgelegene Dorf und gibt Jungen aus Land im Norden Lupe mit auf die Reise. Die Lupe paßt in die Kerbe vom Goldfischglas. Goldfisch verrät nicht Inselgeheimnis, wohl aber Brötchen.“
    „Elegant!“ rief der Joker. „Ich wußte, daß die Sache mit der Lupe und dem Brötchen ein Schlüssel zur ganzen Geschichte ist ... Und nun die Asse. Bitte sehr, Prinzessinnen!“
    Und auch diesmal bekam ich nur drei Sätze mit.
    „Das Schicksal ist eine Schlange, so hungrig, daß sie sich selber verschlingt. Die innere Schachtel packt die äußere Schachtel aus, und die äußere Schachtel packt die innere Schachtel aus. Das Schicksal ist ein Blumenkohl, der wächst an allen Seiten gleich.“
    „Damen!“
    Diesmal waren es zwei Sätze, die ich mir in meinem Zustand merken konnte.
    „Brötchenmann ruft in magisches Rohr, und seine Stimme reicht viele hundert Meilen. Seemann spuckt starkes Getränk aus.“
    „Und nun werden die Könige die Patience mit einigen wohldurchdachten Wahrheiten abschließen“, sagte der Joker. „Na los, Könige! Wir sind ganz Ohr.“
    Diesmal bekam ich fast alles mit. Mir fehlte nur der Kreuz König.
    „Die Patience ist ein Sippenfluch. Es gibt immer einen Joker, der Blendwerk durchschaut. Wer das Schicksal durchschauen will, muß es überleben.“
    Das mit dem Schicksal, das man überleben mußte, hatte der Pik König nun zum dritten Mal gesagt. Jetzt klatschten der Joker und alle Zwerge gemeinsam in die Hände.
    „Bravo!“ rief der Joker. „Wir können alle auf diese Patience stolz sein, denn alle haben dazu das Ihre beigetragen.“
    Wieder applaudierten die Zwerge, und der Joker schlug sich an die Brust.
    „Ehre sei am Jokertag dem Joker!“ rief er. „Denn ihm gehört die Zukunft!“

KARO ZEHN
    ... einen kleinen Wicht, der hinter einem Zeitungskiosk hervorlinste...
    Als ich von dem Brötchenbuch aufblickte, tobte ein wilder Gedankenstrom durch meinen Kopf. Hier auf dem großen Syntagmaplatz, wo die Griechen mit Zeitungen und Diplomatenkoffern um mich herumwuselten, war es mir noch deutlicher geworden: Das Brötchenbuch war ein Orakelbuch, das meine eigene Reise mit den Ereignissen verband, die vor hundertfünfzig Jahren auf der magischen Insel stattgefunden hatten.
    Ich blätterte in den Seiten, die ich schon gelesen hatte. Obwohl der Bäcker-Hans nicht die gesamte Weissagung gehört hatte, bestand jetzt doch ein klarer Zusammenhang zwischen vielen Sätzen:
    »Bäckersohn flieht ins Gebirge und wohnt in abgelegenem Dorf. Bäcker verbirgt Schätze von magischer Insel. In den Karten liegt, was geschehen wird. Dorf nimmt verlassenen Knaben auf, der seine Mutter durch Krankheit verloren hat. Bäcker gibt

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