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Das Karussell der Spitzbuben

Das Karussell der Spitzbuben

Titel: Das Karussell der Spitzbuben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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die Gedanken an die bevorstehenden Genüsse, die ihn unvorsichtig werden ließen; so merkte er gar nicht, daß er mitten in der Stadt viel schneller als erlaubt fuhr.
    Erst als er neben sich einen Streifenwagen auftauchen sah, wußte er, was die Glocke geschlagen hatte. Ohne Widerspruch zahlte er zwanzig Mark Verwarnungsgebühr, nickte schuldbewußt und ließ mit sichtbar zerknirschter Miene eine Strafpredigt über sich ergehen. Den Bußgeldzettel steckte er, wie andere wichtige und weniger wichtige Notizen auch, hinter das Schweißband seines Hutes.
    0 Uhr 55 traf er in der Nähe der BONBONNIERE ein, wo er seinen Wagen im Schatten einer riesigen Reklametafel abstellte und dem Kofferraum eine große geräumige Reisetasche entnahm. Bis zum Schokoladengeschäft um die Ecke waren es nur noch knappe 150 Meter.
    1 Uhr 10 hatte er bereits die beiden Türschlösser geknackt und stand inmitten des Verkaufsraumes, der von einer Straßenlaterne ausreichend beleuchtet wurde. Mit geschlossenen Augen atmete Pelle Muschel tief den süßlichen und aromatischen Duft ein, den Schokoladengeschäfte so an sich haben. Dann legte er den Mantel ab, stülpte seinen Hut über eine Glasfigur und befaßte sich ausgiebig mit seiner ersten Mahlzeit.
    1 Uhr 40 lagen in der Tiefe seines Magens insgesamt vier Tafeln Schokolade und der Inhalt einer übergroßen Bonbonniere. (Wobei bemerkt werden muß, daß Pelle Muschel nur nach den feinsten und teuersten Marken langte.)
    1 Uhr 45 endlich begann er, die Tasche zu füllen. Gerade als er noch einige Tafeln im Mantel unterbringen wollte, hörte er die Sirene eines Polizeiautos. Panik erfaßte ihn. In Windeseile schlüpfte er in seinen Mantel, ergriff die Reisetasche und verdrückte sich durch den vorher ausgekundschafteten Hinterausgang.
    2 Uhr 20 erreichte er unbehelligt seine Wohnung. Er konnte nicht wissen, daß der Polizeiwagen zu einem Unfall unterwegs war, und daß die Bescherung in der BONBONNIERE erst um 8 Uhr früh entdeckt wurde.
    Der Ladeninhaber rief sofort nach der Polizei, die bereits um 8 Uhr 20 zur Stelle war. Ja, und dann nahm das Schicksal seinen Lauf. Pelle Muschel, genannt „Praline“, war nämlich ein folgenschwerer Fehler unterlaufen.

    Als um 10 Uhr 30 die Kriminalbeamten vor seiner Tür standen, fiel bei ihm der Groschen: Er selbst hatte die Hüter des Gesetzes auf seine Spur gebracht.

    Womit hatte sich Pelle Muschel selbst ein Bein gestellt? Wenn ihr euch — neben dem Text — das Bild genau betrachtet, werdet ihr sicher herausfinden, welcher Nachlässigkeit Pelle seine Verhaftung verdankt.

Fall 12: Puppengeplapper

    Kommissar Joost van Druisen vom Rauschgiftdezernat Amsterdam war verzweifelt. Zum sechstenmal in diesem Jahr — es war August — erfuhr er durch seinen V-Mann Ake Holl, daß im Hafen von Rotterdam ein Riesenposten Rauschgift angekommen sein mußte.
    Wie üblich in einem solchen Fall, ordnete er eine sofortige Großrazzia an. Trotz intensivster Nachforschungen war auch dieser Razzia wiederum nur ein Teilerfolg be-schieden. Neunundzwanzig Kilogramm Haschisch konnten sichergestellt werden.
    Wohin aber war der übrige Stoff gelangt?
    Aus welchem Land wurde die Ware eingeführt?
    Aus welcher Stadt?
    Mit welchen Schiffen wurde das Rauschgift in den zweitgrößten Hafen der Welt geschleust?
    Wie klappte die ganze verbrecherische Organisation?
    Fragen über Fragen, die van Druisen trotz intensivster Recherchen noch immer nicht beantworten konnte.

    Endlich, man schrieb bereits den 21. Oktober, zeigte sich am Horizont ein Silberstreif der Hoffnung auf Aufklärung.
    So war es der Polizei endlich gelungen, einen der Hauptverteiler festzunehmen. Es handelte sich um Jan Kenatzky, einen naturalisierten Polen, der bereit war auszupacken.
    Von ihm erfuhr van Druisen zweierlei: Es gab in Amsterdam einen Mann, bei dem alle Fäden zusammenliefen. Kenatzky wußte allerdings weder Namen noch Adresse dieses geheimnisvollen Chefs, denn sämtliche Anweisungen zum „Wann“ — „Wo“ — „Wieviel“ erfolgten per Telefon. Mit anderen Worten, Jan Kenatzky kannte nur die Stimme der Zentralfigur. Doch die zweite Information war die viel wichtigere. Kenatzky hatte sie nach eigenen Angaben nur durch einen Zufall erfahren und sie gehütet wie einen Schatz. Sie besagte, daß an jedem 5. eines Monats auf dem Flughafen Schiphol ein Franzose namens Mertier landete. Dieser Mertier sei der Kurier der Zentrale und bringe in verschlüsselter Form alle Angaben über die genaue Menge, das

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