Das Karussell der Spitzbuben
Senior winkte ab: „Papperlapapp, was wahr ist, ist wahr.“
„Nun ja, er braucht ja nur bis zu den Kunden zu gucken, die an ihm vorbeigehen!“ fühlte sich Herr Bienert verpflichtet, dem jungen Mann zu helfen.
„Na, was sage ich, genau das kann er wie kein anderer, was, Ludwig?“
Doch Ludwig preßte nur stumm die Lippen aufeinander. Herr Dumont und Herr Bienert wurden sich handelseinig.
Am 24. Dezember, pünktlich wie vereinbart, betrat der bestellte Weihnachtsmann die Bank.
Und Direktor Bienert mußte zugeben, Herrn Dumonts Wort vom „Nichtwiedererkennen“ stimmte. Man hatte den schmalen Ludwig zu einem wahren Herkules aufgepolstert. Nur besonders redselig schien er nicht zu sein. Anscheinend lastete die Masse der Ausstopfware doch sehr auf ihm. Zu allem, was ihm Direktor Bienert erklärte, nickte er nur stumm. Seine Arbeit jedoch verrichtete er gekonnt!
Für die Großen ein Säckchen mit Kalender und Kugelschreiberetui, für die Kleinen ein Säckchen mit Keksen.
Immer, wenn Herr Bienert aus seinem weit entfernten Büro in die Halle trat, winkte ihm der Weihnachtsmann kurz und freundlich zu. Doch je öfter das geschah, um so nachdenklicher wurde der Bankdirektor. Irgendwas störte ihn an „seinem“ Weihnachtsmann.
Als er es endlich herausfand, rief er zuerst Herrn Du-mont und anschließend die Polizei an.
Zwanzig Minuten vor dem geplanten Überfall wurde der falsche Weihnachtsmann verhaftet.
Den armen, dünnen Ludwig fand man wenig später, zitternd und gefesselt, im Keller des elterlichen Hauses.
Einer von Dumonts Leuten hatte den „Bankauftrag“ in ein falsches Ohr geflüstert.
Worüber aber ist der Bankdirektor Bienert gestolpert? Wer sich die zu dieser Geschichte gehörende Zeichnung genau ansieht, müßte eigentlich ebenfalls dahinterkommen.
Fall 25: Kartengrüße aus Übersee
Heute, liebe Freunde, wollen wir einmal Gast sein in Englands einziger Detektivschule. Wie den gewieften Kriminalisten unter euch längst bekannt, handelt es sich um die Detektivschule ARGUS in Little Covenbridge.
Es war Donnerstag.
Ein Tag, an dem der Unterricht für die künftigen Detektive mit John Melvin Pockers’ „Denklektionen“ begann. Kein schöner Tag also, denn die Methoden des schwergewichtigen Direktors waren gefürchtet. Und je freundlicher er das Zimmer betrat, um so mehr galt es aufzupassen.
An jenem Donnerstag, von dem hier die Rede ist, wälzte er sich fröhlich grinsend ins Klassenzimmer.
Alarmstufe 1 also!
„Kleine, miese Aufgabe!“ rief er dröhnend. „Halloway, verteilen Sie die Aufgabenzettel!“
„Jawohl, Sir!“ sagte Orkney Halloway und ging zum Schrank.
Als jeder der zweiundzwanzig Schüler den berühmt-berüchtigten gelben Zettel vor sich liegen hatte, zog Mister Pockers drei Ansichtskarten aus der Innentasche seiner Jacke und streckte sie fächerförmig über seinen gewaltigen Schädel, so daß sie jeder sehen konnte. Und mit hallender Baßstimme begann er zu erklären:
„In der Nacht zum 3. Oktober brachen aus dem Gefängnis von Lanshire drei Männer aus. Ihre Namen lauteten: Larry King, Martin Lockton, Joseph Brown. Ihre Flucht schien glänzend vorbereitet, denn ihr Verschwinden wurde erst am nächsten Morgen entdeckt.
Alle Fahndungen blieben ergebnislos.
Im Laufe der nächsten sieben Wochen trafen bei der Gefängnisleitung von Lanshire drei Postkarten aus Übersee ein. Diese hier...“ Mister Pockers streckte die drei Karten noch einmal hoch, „könnten es sein, wenn es eine wahre Geschichte wäre. Aber hört weiter zu:
Aus New York schrieb Larry King: ,Wohne in einem schicken kleinen Hotel. Das Zimmer ist zwar nicht viel größer als die Scheißzelle in Lanshire, aber dafür kann ich direkt auf den Mississippi sehen und essen, was ich will. In England seht ihr mich nie wieder, ihr alten Knacker! Seid fröhlich gegrüßt von Larry King!“
Mister Pockers machte eine Pause, dann dröhnte seine Stimme wieder:
„Die zweite Karte. Sie kommt aus Tokio und stammt von Martin Lockton. Er schreibt: ,Viele Grüße aus dem Land der auf gehenden Sonne. Sie werden es nicht glauben, lieber Direktor, aber das ganze Land ist voller Japaner. Und keiner fragt mich, wo ich herkomme und wo ich hin will. Sie sind freundlich, hilfsbereit und immer gut gelaunt. Ich hoffe, Ihr Gefängnis brennt bald ab und verschafft Ihnen ein paar Brandblasen an Ihrem dicken Hintern. Das wünscht Ihnen Martin Lockton!1
Die dritte Karte stammt von Joseph Brown und kommt aus Johannesburg. ,Hallo,
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