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Das Karussell der Spitzbuben

Das Karussell der Spitzbuben

Titel: Das Karussell der Spitzbuben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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plötzlich weihnachtlich gestimmt. „Glauben Sie nicht, daß es billiger ist, sich an Stelle eines Detektivs einen neuen Weihnachtsbaum zu besorgen?“
    „Das mag ja sein“, der Tonpegel war auf dem Weg nach oben. „Aber ich habe Angst, daß mein Herbert Dummheiten macht.“
    „Gut, wo wohnen Sie, Frau Rademann?“
    „Löbelstraße 44, Erdgeschoß!“
    „Ich bin in einer mageren halben Stunde bei Ihnen!“

    Pinsel und ich schafften es in vierundzwanzig Minuten.
    Unmittelbar vor uns schien auch der Weihnachtsbaumfahnder eingetroffen zu sein, denn das, was da durch die Tür in unsere Ohren drang, klang nicht nur triumphierend, sondern auch taufrisch.
    Gespannt drückte ich auf die Klingel. Ein Poltern ertönte, die Tür wurde aufgerissen, und ich sah in das kämpferisch dreinblickende Augenpaar eines untersetzten Kraftprotzen.
    „Ja???“
    Ich tippte mir freundlich gegen die Mütze, zeigte mit dem Finger nach unten und erklärte: „Das ist der Detektivhund Pinsel, und ich bin sein Herr!“
    „De... De... Detektivhund?“
    Aus dem Hintergrund stürzte eine Dame herbei. „Herr Pfiff? Sind Sie Herr Pfiff?“ gellte es.
    „Brüll doch nicht so, Lotteliese!“
    „Ja, ich bin Balduin Pfiff.“
    Sie zerrte mich an dem Kraftprotz mit dem Gewichtheberhals vorbei. Es roch nach Braten, und ich spürte plötzlich einen unverschämten Hunger. Es mußte Pute sein. Auch eine Schwade Rotkohl traf, nein, streifte meine Nase...
    Rademanns gute Stube bestand aus viel Plüsch, noch mehr Grün und vielen Fotografien an den Wänden. In einer Nische hing ein Lorbeerkranz, und in einer Glasvitrine standen einige Dutzend Pokale.
    Frau Rademann erklärte ihrem Ex-Ringer den Sachverhalt, und Herbert nickte. Und wie er nickte. Gewalttätig! Pinsel knurrte, ich lächelte. Lächeln entspannt die Atmosphäre. Doch Herbert wollte sich nicht entspannen. Er reckte mir seine Fäuste entgegen und versicherte mir mit eingeatmeter Brust: „Ich werde sie in der Luft zerreißen!“
    „Dazu müßten Sie die Diebe erst finden, Herr Rademann.“
    Sein höhnisches Grinsen verursachte mir Unbehagen.
    „Ich habe sie gefunden!“ Und monoton setzte er mich über seinen Fund in Kenntnis: „Sie wohnen Martinstraße Nummer vier, zweiter Stock, links, der Name ist Hörnchen. Und der Baum, mein Baum, steht auf dem Balkon!“
    „Bei Jussuv, dem Bartzupfer“, winkte ich ab, „Sie wollen doch nicht im Ernst behaupten, daß Sie auf diese Entfernung Ihren Baum wiedererkannt haben. Da sieht doch ein Weihnachtsbaum wie der andere aus.“
    „Für Laien vielleicht, Herr Detektiv, aber nicht für mich. Ich hatte einen maßgeschneiderten Weihnachtsbaum! Genau einhundertzweiundsiebzig Zentimeter groß, mit fünf Ablegern unter der Spitze. Wovon jetzt samt Kette nur noch neunzehn Zentimeter auf meinem Balkon liegen. Abgesägt, während wir schliefen!“ Er packte mit eisernem Griff meinen Arm. „Kommen Sie, gehen wir!“

    „Wohin?“
    „Zu Hörnchen in die Martinstraße!“
    „Wenn hier einer zu Hörnchen geht, dann ich allein!“
    „Ich gehe mit!“ fauchte mich der starke Herbert an. „Bitte, Herbert, sei vernünftig. Du weißt doch, daß du immer gleich in gefährliche Stimmung kommst, wenn du dich aufregst!“
    „Ich schmeiß den Hörnchen vom Balkon hinunter, wenn er Theater macht!“
    Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis Frau Rademann, der eilig herbeizitierte Schwager Bernie und ich den wütenden Mann so weit beruhigt hatten, daß er zustimmte, daß ich den „Fall Flörnchen“ allein untersuchte.
    „Herr Rademann“, versprach ich ihm, „ist es wirklich Ihr Baum, so finde ich es heraus. Und ich werde dafür sorgen, daß Sie nicht nur voll entschädigt werden, ich werde auch noch dafür sorgen, daß die Diebe oder der Dieb meine Rechnung bezahlen muß!“

    „Ich dachte, es sei meine Frau“, sagte der schlanke Mittvierziger.
    „Herr Hörnchen?“
    „Ja, Sie wünschen?“
    „Ich bin Detektiv“, sagte ich leise. „Ich hätte Sie gern mal gesprochen.“
    „Detektiv? Sie wollen mich sprechen? Bitte, treten Sie ein. Können Sie sich ausweisen?“
    Nein, um ehrlich zu sein, erschrocken war er nicht, der Hörnchen. Nur ein wenig erstaunt sah er drein und — -spöttisch, als er meine teuren Pfunde mit den Augen abtastete. Lange und äußerst genau studierte er meinen Ausweis.
    „Also???“
    „Man verdächtigt Sie, in der vergangenen Nacht einen fest verankerten Weihnachtsbaum, eine nordische Tanne, in der Löbelstraße abgesägt zu

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