Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
Frühstück. Er trank seinen Saft und aß Eier, Schinken und Toast, ohne sich ganz bewußt zu werden, daß er aß. Seine Gedanken kreisten immer wieder um das, was O’Brien zu ihm gesagt hatte: Eigentlich rate ich Ihnen ja nur, niemandem zu trauen .
Der Satz hatte ein unwirkliches Echo. Das klang so melodramatisch, daß es einfach nicht ins normale Leben paßte. Es war unnormal, falsch.
Wie ein Roman.
Ohne darüber nachzudenken, schweiften seine Augen an der Kaffeekanne vorbei zu seinem Schreibblock auf dem Tisch vor der Couch. Er stand auf, nahm seinen Kaffee mit und setzte sich auf die Couch. Er klappte die Schreibmappe auf und starrte an, was er gestern geschrieben hatte, ehe der Wahnsinn angefangen hatte. Der Wahnsinn, der ihn zu Quinn O’Brien geführt hatte.
Der Drang war da. Er erkannte ihn sofort als das, was er war: ein Bedürfnis, den Wahnsinn, den er erlebt hatte, in eine Realität zu übersetzen, die er mitteilen konnte. Weil er sie erlebt hatte. Er hatte sich immer ausgemalt, wie es sein würde, gejagt zu werden, in eine Falle gelockt zu werden, verwirrt zu sein, Angst zu haben und dem Tod ins Auge zu sehen — jede Faser, jede Zelle seines Gehirns anzuspannen auf der Suche nach Flucht und Überleben. Er hatte jene Gefühle noch nie gelebt, bis jetzt nicht. Die Änderungen in dem Buch würden später kommen. Für den Augenblick würde er der Handlungslinie folgen, die er entwickelt hatte, und das Kapitel morgen fertigstellen. Er mußte es niederschreiben, diesen neuen Wahnsinn aus erster Hand.
Kapitel 10 — Exposé
Meredith hat sich dem Kern angeschlossen. Er bekommt den Auftrag, unwiderlegbares Beweismaterial zu entwickeln, daß es innerhalb des FBI eine Gruppe ganz bestimmter Männer gibt, die in hochgradig illegale Aktivitäten verwickelt sind. Nicht Worte auf Papier, sondern Stimmen auf Band.
Er soll sie in eine Falle locken und wird dazu durch Alan Long unterwiesen. Der konvertierte Hoover-Revolvermann erklärt Meredith, die einzige Möglichkeit sei die, gegenüber den Fanatikern im Bureau völlige Kapitulation vorzugeben. Er hat auch das Motiv: er erträgt die Belastung nicht länger.
Die Falle wird die Form eines Miniaturtonbandgerätes annehmen, das er in der Brusttasche trägt, und das sich durch Berührung einschalten läßt.
Es kommt zu einer Folge kurzer, emotioneller Konfrontationen, in denen man sieht, wie Alex sich den Hooverleuten ›ergibt‹. Es fällt ihm nicht schwer, überzeugend zu wirken, denn er reflektiert einen Geisteszustand, den er bereits erlebt hat.
Es gibt eine Nachtszene, in der Meredith — in allen Einzelheiten — einen Plan belauscht, einen FBI-Informanten zu ›eliminieren‹, der gedroht hat, die Mitwirkung des Bureaus an der Ermordung schwarzer Radikaler in Chicago an die Öffentlichkeit zu tragen.
Das Massaker war die direkte Folge einer Provokation durch das FBI. Der Informant ist dem Tod geweiht; als Methode soll eine nicht weiter verfolgbare Waffe in einer überfüllten U-Bahn-Station eingesetzt werden.
Alex hat das Miniaturgerät eingeschaltet. Er hat die Stimmen auf Band. Das Beweismaterial ist jetzt unwiderlegbar: Verschwörung zum Mord.
Die Ungeheuerlichkeit der Anklage reicht aus, um Hoover aus dem Amt zu jagen. Sie wird zur Offenlegung weiterer mißbräuchlicher Verhaltensweisen führen, denn es handelt sich nur um einen einzigen kleinen Fall in einem ganzen Netz von Verschwörungen. Hoover ist erledigt.
Man sieht, wie Alex weggeht. Die Hooverleute ahnen seine List.
Meredith rast aus seinem Büro zu seinem Wagen. Man hat ihm eine Adresse in McLean, Virginia, gegeben, an die er sich in Notfällen wenden soll. Es hat noch nie einen Notfall wie diesen gegeben; er trägt das Beweismaterial in seiner Tasche, das den Mann und die Männer vernichten wird, die das Land in ihren eigenen, persönlichen Polizeistaat verwandeln wollen.
Als er den Parkplatz verläßt, entdeckt er einen Wagen hinter sich, den er für ein FBI-Fahrzeug hält.
Eine wilde Jagd durch die Straßen Washingtons schließt sich an. An einer Verkehrsampel kurbelt der Mann neben dem Fahrer des FBI-Wagens die Fensterscheiben herunter und schreit: »Dort!« Dann springt er aus dem Wagen und rennt auf Meredith’ Tür zu. Alex rast weiter, achtet nicht auf die Ampel, jagt die Straße hinunter, hupt, weicht anderen Wagen aus. Er erinnert sich an eine Taktik, von der er einmal gelesen hat: man muß sich von seinem Wagen trennen, um die Überwacher abzuschütteln. Er hält vor
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