Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
Richters fiel herunter — er saß völlig reglos da und starrte Peter an. »Ich bin nicht sicher, ob ich Sie richtig verstehe. Warum kommen Sie zu mir?«
Jetzt lächelte Peter. »Die Romane, die ich schreibe, erfordern ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit. Natürlich sind es keine Tatsachenberichte, aber ich versuche, soviel an erkennbaren Fakten einzubauen, wie nur gerade geht. Ehe ich mit einem Buch anfange, spreche mit vielen Leuten; ich versuche, mir ein Gefühl für ihre Konflikte zu beschaffen.«
»Offensichtlich haben Sie mit dieser Methode großen Erfolg. Mein Sohn billigt ihre Schlüsse sehr; in dem Punkt war er gestern abend ausgesprochen hartnäckig.« Sutherland lehnte sich vor und stützte die Arme auf die Platte des Konferenztisches. Jetzt war wieder eine Spur von seinem Humor in seinen Augen zu sehen. »Und ich billige das Urteil meines Sohnes. Er ist ein ausgezeichneter Anwalt, wenn er auch vor Gericht ein wenig hektisch wirkt. Sie können doch für sich behalten, was man Ihnen vertraulich sagt, nicht wahr, Mr. Kastler?«
»Natürlich.«
»Ebenso auch Identitäten. Aber selbstverständlich ist es so. Sie werden nicht zugeben, daß Sie mit Alan Longworth gesprochen haben.«
»Ich würde nie den Namen einer Person benutzen, sofern die betreffende Person das nicht ausdrücklich gebilligt hat.«
»Vom juristischen Standpunkt aus betrachtet, würde ich das auch empfehlen.« Sutherland lächelte. »Ich fühle mich, als wäre ich Teil einer Schöpfung.«
»So weit würde ich nicht gehen.«
»Die Bibel auch nicht.« Wieder lehnte der Richter sich in seinem Sessel zurück. »Also gut. Jetzt ist es ohnehin Vergangenheit. Nicht einmal besonders außergewöhnlich; in Washington geschieht so etwas jeden Tag. Ein wichtiger Bestandteil des Gleichgewichtssystems unserer Regierung, denke ich manchmal.« Sutherland hielt inne und hob vorsichtig die rechte Hand, so daß er Peter die Handfläche hinhielt. »Wenn Sie irgendeinen Teil von dem, was ich Ihnen jetzt sage, nutzen wollen, müssen Sie das diskret tun, und dabei bedenken, daß unser Ziel ein ehrenwertes war.«
»Ja, Sir.«
»Im letzten März wurde Alan Longworth von einer Regierungsagentur die Frühpensionierung angeboten, und man versetzte ihn insgeheim in eine andere Abteilung. Die Versetzung erfolgte in einer Weise, die ihn ganz aus dem Sichtkreis des Bureau entfernen sollte. Die Gründe lagen auf der Hand. Als wir erfuhren, daß Longworth Koordinator dieser negativen Überwachung — übrigens eine sehr gute Formulierung — war, zeigten wir ihm die Gefahren, die Hoovers Machtmißbrauch mit sich brachte. Er war sofort bereit, uns zu unterstützen; zwei Monate lang brütete er über Hunderten von Namen, und versuchte sich zu erinnern, welche Namen auf den Listen standen und worin die schädliche Information bestand. Er reiste viel und alarmierte diejenigen, von denen wir glaubten, daß wir sie warnen sollten. Bis zu Hoovers Tod war Longworth unser Abschreckungsmittel, sozusagen unsere Verteidungswaffe. Er war sehr wirkungsvoll.«
Peter begann, den fremden, blonden Mann in Malibu zu verstehen. In ihm mußte es miteinander in Konflikt stehende Loyalitäten geben; der Agent mußte von Schuldgefühl zerrissen sein. Das erklärte sein seltsames Verhalten, die plötzlichen Anklagen, sein abruptes Verschwinden.
»Als Hoover starb, war der Auftrag dieses Mannes also erledigt? «
»Ja, nach Hoovers plötzlichem, und wie ich sagen muß, unerwartetem Tod bestand keine Notwendigkeit mehr für eine derartige Defensivoperation. Sie endete mit seiner Beisetzung.«
»Was geschah mit ihm?«
»Soweit mir bekannt ist, hat man ihn reichlich entschädigt. Das State Department hat ihn, wie ich glaube, auf einen Druckposten versetzt. Er verlebt jetzt die restliche Zeit seines Vertrages in angenehmer Umgebung und mit sehr wenig Arbeit.«
Peter beobachtete Sutherland aus der Nähe. Er mußte die Frage stellen; jetzt gab es keinen Anlaß, das nicht zu tun. »Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen jetzt erklärte, daß mein Informant Zweifel an Hoovers Tod hat?«
»Tod ist Tod. Wie kann man da zweifeln?«
»Die Art seines Sterbens. Natürliche Ursache.«
»Hoover war ein alter Mann. Ein kranker Mann. Ich würde sagen, Longworth — Sie wollen seinen Namen nicht benutzen, aber ich tue das — leidet vielleicht unter heftigem psychologischem Druck. Selbstanklagen, Schuld — ungewöhnlich wäre das nicht. Er hatte eine persönliche Beziehung zu Hoover. Vielleicht hat
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