Das katholische Abenteuer - eine Provokation
Vernunft dürfen nicht länger als Gegensätze behandelt werden!
Aber selbst ein aufgeklärtes Christentum findet in unseren Feuilletons nur selten Gnade, und der Katholizismus schon gar nicht. Es wird besprochen wie eine schlecht überwundene Krankheit auf dem Weg in die moderne Bürgergesellschaft,
während der Islam den multikulturellen Immunitätsstatus genießt. Wenn die Schriftstellerin Necla Kelek die Situation islamischer Frauen beklagt, wenn mein Kollege Henryk M. Broder auf die israelfeindliche Aggressionsbereitschaft islamischer Fundamentalisten hinweist, gelten sie als – man staune – radikalisierte Vorposten von Fremdenfeindlichkeit.
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Man soll den Islam nicht verteufeln, heißt es da etwa in der Süddeutschen Zeitung. Sicher, der Islam geriere sich als »fortlaufendes Strafgericht«, auch und gerade dort, wo er sich mit Terror durchgesetzt hat, das ist aber noch lange kein Grund, »ihn zum finsteren Gegenteil der abendländischen Kultur zu erklären.«
Ach nee. Und zu was sonst?
Kommentator Thomas Steinfeld weiter: Auch die christliche Religion verstehe sich schließlich nicht nur als Privatangelegenheit. »Ihr Gottesdienst findet in der Öffentlichkeit statt, er ist in jeder Stadt, in jedem Dorf auf mannigfaltige Weise sichtbar. « Das nennt man wohl Waffengleichheit. So eine Frechheit aber auch von den verbliebenen ungefähr acht Kirchgängern
in Deutschland, sich sonntags so offensiv zu versammeln und dazu noch Glocken läuten zu lassen in Erinnerung daran, dass auch das Christentum zu Deutschland gehört.
Mit einer eigentümlichen Einäugigkeit sind unsere kämpferischen Intellektuellen vollauf damit beschäftigt, die Rückständigkeit der katholischen Kirche anzuprangern, ganz besonders wegen ihrer »Sexualmoral«, aber sie belassen es rhetorisch bei einem neckischen Fingerschütteln, wenn es sich um einen mittelalterlichen Dorfrichter im Turban handelt, der wieder mal eine Steinigung wegen Ehebruchs anordnet, weil es die Scharia so will. Und wenn Christen für ihren Glauben sterben, ist ihnen das keine drei Zeilen wert. Nein, das Christentum als Volksreligion ist in der bunten Postmoderne verblasst wie die ausgeblichene Kopie eines einst faszinierenden Films.
Doch eigenartig: Plötzlich meldet es sich, aus einem Phantomschmerz heraus, wieder vehement zurück. Wir merken auf einmal, was da fehlt, und wir merken es besonders in der Auseinandersetzung mit dem Islam, die durch das Buch von Thilo Sarrazin erneut auf die Tagesordnung gekommen war. Und das nicht erst seit dem Ausruf der Kanzlerin, dass wir nicht zu viel Islam, sondern zu wenig Christentum hätten.
Stoßseufzer: Zum Dschihad im Feuilleton
Über Kulturkampf und Aufklärung und die Kritik an der Islamkritik
So dermaßen aus dem Häuschen hatte ich lange keinen Kritiker mehr erlebt. Wie freute sich Thomas Steinfeld, Feuilletonchef der Süddeutschen Zeitung , über Patrick Bahners, Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und sein Buch Die Panikmacher ! Schon in der Kopfzeile hauchte er: »Ein Meisterwerk der Aufklärung«. Um seine ganzseitige Hymne mit den allerergriffensten Sätzen über den Autor zu schließen: »Er prüft und denkt. Er ist allein, so wie das Denken immer allein ist. Aber welche Freude, dass es ihn gibt.« Kerzenlicht, Streicher, Seufzen.
Hier müssen wir kurz unterbrechen. Also, so ganz allein ist er ja nicht, denn mit Steinfeld sind es schon zwei, die gegen den angeblich islamophoben Mainstream anschreiben und insbesondere die Sarrazin-Buch-Käufer niederstarren. Und mit Bundespräsident Christian Wulff (»Der Islam gehört zu Deutschland«) schon drei. Ach ja, richtig, der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (»Der Islam ist Teil Deutschlands«), also vier. Langsam wird’s voll. Und dann wäre da noch die Kanzlerin mit ihrem Verdikt, dass Sarrazins Buch »nicht hilfreich« sei. Und die Zeit mit ihrer umfänglichen Sammlung an Sarrazin-Kritiken, die mittlerweile in Buchformn erschienen sind. Auch der SPIEGEL, der eindeutig gegen Islamophobie Stellung bezogen hat.
Also jetzt mal die Kerzen auspusten, die Vorhänge aufziehen, was für ein Gedränge dort auf der Bühne, praktisch das gesamte politische und publizistische Establishment hat sich da versammelt, wie soll sich der tapfere Einzelkämpfer Patrick Bahners da noch konzentrieren bei dem Lärm?
Nun, er hat angefangen. Zwar nicht, so Steinfeld, mit »Pointen, die einen Saal zum Johlen bringen«, aber doch schon
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