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Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Titel: Das katholische Abenteuer - eine Provokation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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mich« und der sich mit einem Crescendo an Allmachtsbeschwörungen und Verbundenheits-Beteuerungen fortsetzt »Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleib«, was für eine All-Umarmung, bis er schließlich ausbricht in dem Ruf »Ach Gott, wolltest du doch die Gottlosen töten! Dass doch die Blutgierigen von mir wichen!«.

    Da stehen wir nun und sind maßlos irritiert in unserer domestizierten Sonntagsredenreligion und verbieten uns dieses Gebet und das, was es ausdrückt: den Wahrheitsanspruch der eigenen Religion und den Furor. Ist der durch das Liebesgebot der Bergpredigt aufgehoben und damit auch der streitbare Eifer, die Identifikation mit der eigenen Sache?
    Sicher steckt schon im Psalm selber ein Domestizierungsfortschritt. Man tötet nicht mehr selber, sondern bittet Gott um Vergeltung. Man wünscht dem Feind alles Schlimme an den Hals, aber schreitet nicht mehr selber zur Tat. Wir zünden keine Bomben, sondern appellieren an den Richter-Gott, der die gestörte Ordnung wiederherstellen soll. Und tief in unserer Brust appellieren wir auch an einen zornigen Gott, der sich beteiligt zeigen soll, so, wie wir selber zornig sind.
    Lauter dunkle Affekte. Sollten wir sie uns nicht wenigstens eingestehen? Sollten wir nicht traurige Wut verspüren dürfen über die Militanten in Algerien, die den Zivilisten die Kehle durchschneiden? Und schließlich die unschuldigen Mönche des Kartäuserklosters im algerischen Tiberine abführen wie Lämmer zur Schlachtbank, weil sie einem Glauben anhängen, der auch unser eigener ist?
    Unser Reporter spürt nichts dergleichen, auch, weil er professioneller Reporter ist, der nicht in die Schlacht zieht, sondern einen brauchbaren Beitrag drehen will. Gleichzeitig aber wirkt er komplett uninteressiert und hilflos vor diesem religiösen Gefühl, das ihn da anstürmt. Womöglich hat auch er in der Schule keinen Religionsunterricht mehr gehabt, sondern Ethik und Trallalla und Backebackekuchen. Was lerne ich da? Todsicher, tolerant zu sein. Das Dumme ist nur, dass man heutzutage Toleranz und interesselose Gleichgültigkeit so schlecht voneinander unterscheiden kann.
    Deshalb gelingt es ja auch unserer Sirtakitanzenden Stadtfest-Indianerin Claudia Roth, Sätze abzusondern wie: »Ich liebe die Türkei, ich liebe Sonne, Mond und Sterne, ich liebe die Konflikte dort«, und, peng, wird wieder irgendwo ein Bischof
erschossen oder ein Brandsatz gegen eine Kirche geschleudert, was ihr aber nicht im Geringsten ihre touristische Multikulti-Laune verhagelt. Das tut es nur, wenn im deutschen Fernsehen ein katholischer Priester für Religionsunterricht und gegen Abtreibungen Stellung nimmt.
    Unser Land: ein religiös unterbelichtetes kulturhistorisches Nirwana, in dem unser Präsident anordnet, dass der Islam da reingehört und, klar, das Christentum auch, das Judentum natürlich, wahrscheinlich auch Hinduismus, jede Menge Vegetariertum und, wieso nicht, geben wir noch Yoga und Buddhismus und Bachblütentherapie dazu, ist doch eh alles das Gleiche.
    Aber zurück in die Wirklichkeit, zurück zum Religionskrieg. Am 11. September letzten Jahres wollte ein kruder protestantischer Pastor in Florida tatsächlich öffentlich einen Koran verbrennen, der ja durchaus auch als eine Anleitung zum Töten der Ungläubigen verstanden werden kann, ja ein komplettes himmlisches Belohnungssystem für dasselbe in den schönsten Farben ausmalt. Wir wollen nicht vergessen: Der Anschlag aufs World Trade Center in Manhattan ist im Namen eines radikalisierten Islam verübt worden.
    Das Vorhaben des Pastors rief alle auf den Plan: den amerikanischen Präsidenten, den Außenminister, den Verteidigungsminister, den Oberbefehlshaber der Nato, den Nato-Generalsekretär, Staatsmänner anderer Nationen, Leitartikler in der ganzen Welt. Alle verurteilten dieses Ansinnen aufs Schärfste. Als der Pastor von seinem Vorhaben Abstand nahm, atmete die Welt auf. Aber: Ein knappes Jahr zuvor brannte eine Bibel, und keiner schaute hin.
    Und hier müssen wir über diese andere Front sprechen, die bei uns verläuft.
    Ein paar hundert kirchenfeindliche Aktivisten in Berlin demonstrierten gegen eine Versammlung von christlichen Abtreibungsgegnern, und sie taten es mit ebendieser Bibelverbrennung. Die Bibel enthält bekanntermaßen sowohl jüdische wie christliche Texte. Die mutigen Religionsfeinde skandierten dazu
Sprüche wie »Orgasmus statt Abendmahl« und »Hätt’ Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart

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