Das Kellerzimmer (German Edition)
es mir gerade auf dem Sofa bequem gemacht und Kreuzworträtsel gelöst.“
Hanna ging vor und versuchte nicht zu neugierig zu wirken. Die Einrichtung war etwas altbacken und nicht so modern wie bei ihr zu Hause. Ein klarer Kontrast zum Äußeren der Eigentümerin.
„Hübsch habt ihr es hier“, log Hanna. Immerhin war es gemütlich und tadellos aufgeräumt. Sie betraten das Wohnzimmer, das komplett in Orange gehalten war. Au weia – das erschien Hanna aber gewaltig geschmacklos. Die Wände orange, das Sofa orange, selbst ein Flokatiteppich war in dieser Farbe gewählt. Alle anderen Möbel erinnerten an Eiche brutal. „Wirklich schön, mir gefällt es ja, wenn nicht alles in sterilem Weiß eingerichtet ist“, log Hanna plappernd weiter und Lisa freute sich sichtlich über das Kompliment.
In atemberaubender Eleganz setzte sich Lisa auf ihr scheußliches Sofa und klopfte einladend auf das Polster. „Setz dich doch bitte. Ich mach uns gleich einen Kaffee... Oder möchtest du lieber einen Cappu?“
„Nein“, lachte Hanna, „so war das nicht gemeint. Eigentlich wollte ich dich ja zu mir einladen, weil wir einen neuen Kaffeevollautomaten haben.“
Natürlich. Die große Dame hatte einen Kaffeevollautomaten, dachte Lisa. Sie selbst kochte ihren Kaffee mit einer stinknormalen Kaffeemaschine und Cappuccino hatte sie nur in Pulverform im Regal stehen.
„Toll!“, staunte Lisa und legte ihre manikürten Fingernägel auf ihre zierlichen Oberschenkel.
Bei billigen Keksen von Aldi und schlappem Kaffee unterhielten sich die Frauen fast eine Stunde über dies und das. Lisa erzählte von ihren beiden Kindern. Hanna bemerkte überrascht, wie stolz ihre Nachbarin darüber war, dass Julia das Gymnasium besuchte und auch Sebastian die begehrte Laufbahnempfehlung der Grundschule bald nach Hause bringen würde. Komisch – ihr selbst war es immer ganz normal vorgekommen, dass Kimberley das Abitur machen würde. Etwas anderes stand eigentlich nie zur Debatte. Vielleicht war sie ungerecht zu ihrem Kind und sie vermochte nicht mit genügend Stolz und Mutterliebe auf ihre Tochter zu blicken. Bewundernd lauschte sie Lisas Worten.
„Weißt du, Ingmar und ich finden es so wichtig, dass die Kinder eine feste Basis haben. Die beiden können sich sicher sein, dass immer jemand zu Hause ist, wenn sie vom Schulstress geschafft sind oder einen Tag krank im Bett liegen. Aber sie sind selten krank – ich hab sie auch lange gestillt.“
„ Ich beneide dich, Lisa. Das Stillen hab ich nicht lange durchgehalten, ich hatte aber auch zu wenig Milch.“
Lisa spitzte den Mund und zog die Augenbrauen hoch.
„Keine Frau hat zu wenig Milch – das regelt die Natur. Man braucht allerdings viel Geduld.“
Es entstand eine peinliche Schweigeminute und Hanna überlegte gerade, ob sie etwas Ablenkendes zum Besten geben sollte, da übernahm bereits Lisa den Part:
„Aber weißt du, worum ich dich beneide, Hanna?“
„ Nein – aber verrate es mir, sonst bekomm ich noch Komplexe!“, lachte Hanna.
„ Um dein tolles Auto! Echt, ich hätte so gerne auch solch einen tollen Wagen, aber mit zwei Kindern und Ingmar als Alleinverdiener können wir uns das nicht leisten. Sei froh, dass du nur ein Kind hast!“
Obwohl Hanna spürte, dass dies schon wieder eine Spitze war, mochte sie Lisa mit jeder Minute mehr. Auch Lisa konnte es nicht fassen, aber ihr war diese verfressene Nachbarin sympathisch. Als Hanna fast die ganze Packung Kekse weggeputzt hatte, die eigentlich für den Samstagabend vorm Fernseher gedacht war, erhob sie sich.
„Lisa, es war richtig nett mit dir! Danke, dass du dir die Zeit genommen hast – ich bin so froh, dass ich endlich jemanden in der Veilchengasse kennengelernt habe! Wenn du magst, würde ich mich gerne nächste Woche revanchieren!“
Bevor sie in Ruhe nachdenken konnte, stimmte Lisa begeistert zu:
„Sehr gerne, ich fand es auch schön mit dir zu plaudern. Wann soll ich rüberkommen?“
„ Passt es dir Dienstag gegen 10? Ich habe frei und wir könnten ein zweites Frühstück zu uns nehmen. Wenn es dir recht ist, natürlich.“
„ Klar, ich habe Zeit. Fahr ich eben Mittwoch einkaufen, das ist kein Problem für mich. Ich frühstücke allerdings sonst nie, also mach dir bitte keine Umstände, ja?“
„ Prima, dann bis Dienstag!“
Zufrieden ging Hanna zurück nach Hause. Sie freute sich über die neue Bekanntschaft. Klar, Lisa würde keine Freundin wie Luzie werden – es lagen Welten zwischen ihnen und der Art
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