Das Kellerzimmer - Gesamtausgabe
wenn sie sehen müssen, wie ihre Mama weint! Oder… oh Gott! Misshandelt er die Kinder auch?“
Lisa schluchzte und schluchzte. Hanna rückte näher an das Häufchen Elend heran und nahm die zitternde Frau in den Arm, die sich aber sofort versteifte und um Fassung rang.
„Nein, die Kinder nicht. Sebastian gar nicht. Früher Julia, aber das ist schon lange her. Und…“
Hemmungslos weinte Lisa und ließ die Sonnenbrille auf das Sofa gleiten. Sie war völlig entstellt, ein Auge zugeschwollen und blutunterlaufen.
„Du musst unbedingt zu einem Arzt! Oh Mann, du Arme!“
Von den Frauen unbemerkt war Ingmar mit einer Flasche Rotwein in der Hand zur Haustür hineingekommen. Er war heute früher als sonst dran, denn es gab etwas zu feiern – den Rausschmiss seines neues Kollegen! Doch statt dass sich seine Alte gebührend freute, saß die doch tatsächlich im Wohnzimmer und heulte sich die Augen aus dem Kopf! Und sie war offenbar nicht allein! Das konnte doch wohl nicht wahr sein – Don Fettis Frau auf seinem Sofa! Wütend stürzte Ingmar in sein Haus und baute sich vor Lisa und Hanna auf.
„Was ist denn hier los, wenn ich fragen darf?“, polterte er und seine Halsschlagader trat bedrohlich hervor.
„Hallo“, sagte Hanna selbstbewusst, stand auf und reichte Ingmar die Hand. Er reagierte nicht, sondern schaute auf seine Frau herab.
„Was hier los ist, hab ich gefragt!“, schrie Ingmar ungehalten.
Ängstlich erhob auch Lisa sich von ihrem Platz und setzte sich die Sonnenbrille auf.
„Wir haben nur ein bisschen geplaudert. Hanna wollte sowieso gerade gehen. Hast du früher Feierabend?“
Das ging zu weit! Ingmar war außer sich vor Wut und lief wie ein Tiger im Käfig zur Wohnzimmertür und wieder zurück.
„Hinsetzen!“, brüllte er die beiden Frauen an.
„Ich glaub, es hackt!“, entfuhr es Hanna. Sie würde die Polizei rufen, der Typ war ja gemeingefährlich!
„Ich muss jetzt nach Hause.“
„Nichts da! Was hat meine Frau dir erzählt?“
„Das kannst du dir sicherlich denken. Und nun lass mich vorbei, ich möchte gehen.“
„Erst will ich wissen, was Lisa für Lügengeschichten über mich verbreitet hat. Ist das klar?“
Ingmars Augen funkelten und das Weiß seiner Pupillen war fast nicht mehr zu erkennen. Sein Blick raste von Lisa zu Hanna und wieder zurück.
„Schatz“, sagte Lisa unterwürfig und Hanna wurde schon beim devoten Tonfall übel, „Schatz, ich habe Hanna nur von meiner Migräne erzählt und von der blöden Bindehautentzündung. Wir sprechen gleich in Ruhe, okay?“
„Nichts ist okay! Da komm ich einmal früher nach Hause und dann erwisch ich euch hier bei einem Kaffeekränzchen der besonderen Art! Mich könnt ihr nicht verarschen. Dein blöder Don Fetti kann dich vielleicht verarschen und das ist deine kleine Rache, die Nachbarin aufzuhetzen gegen ihren Mann. Aber da haste dich geschnitten, du fette Schlampe!“
„So einen Mist muss ich mir nicht anhören!“
Solch ein Drama und das nur wenige Meter vom eigenen Haus entfernt – da wurden die eigenen Probleme auf einmal ganz klein. Hanna hatte ihren Gedanken noch nicht einmal zu Ende gedacht, da packte Ingmar sie am Handgelenk und hielt sie grob fest.
„Was fällt dir ein! Lass mich sofort los, sonst kriegst du es mit dem Gesetz zu tun!“, schrie Hanna den Hünen an, der seinen Griff verstärkte. Alles ging wahnsinnig schnell, Hanna wusste gar nicht mehr, wo sie zuerst hinschauen sollte. Lisa schien vor Schreck zu einer Salzsäule erstarrt zu sein. Ingmar riss an Hannas Arm und sie selbst versuchte sich mit Körper und Worten zu wehren.
Ingmar geriet völlig außer Kontrolle und brüllte herum.
„Nochmal mach ich das nicht mit wie bei der Schlichting! Ihr wollt mich alle fertig machen, aber es reicht mir! Ihr Schlampen, euch werde ich es zeigen!“
„Ingmar, nein!“, hörte Hanna Lisa noch schreien, doch es war schon zu spät. Brutal zerrte Ingmar Hanna hinter sich her und sie stolperte zu einer Tür, in die er sie hinein schleuderte. Ein Keller, oh nein, bitte nicht! Hanna hatte panische Angst vor Kellern, seit sie ein Kind gewesen war und einmal stundenlang aus Versehen eingesperrt wurde.
„Was soll das, du Idiot? Lass mich los! Lass mich hier raus!“, brüllte Hanna, doch Ingmar dachte gar nicht daran. Mit der einen Hand zog er sie die gruselige Treppe herunter. Mit der anderen Hand drückte er unten an einer weiteren Tür.
„Hier rein mit dir, du neugieriges Stück Scheiße. Da wird Don Fetti
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