Das Kind, das deinen Namen traegt
drehte sich ihr der Magen fast um, und sie schluckte schwer, um den Brechreiz zu verdrängen. Joe saß nun an der Ecke des Tisches und beobachtete sie.
"Sind Sie schwanger, Claudia?" fragte er sanft.
Das war Joe. Der clevere Joe, dem man nichts vormachen konnte. Claudia traten die Tränen in die Augen, doch sie blinzelte sie weg und ging ans Fenster. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah hinaus.
Joe schwieg, denn mit ihrer Reaktion hatte Claudia seine Frage schon beantwortet. Im Augenblick wusste er nicht, was er dazu sagen sollte. Und er war wütend auf Michael. Vor allem jedoch tat ihm Claudia leid.
"Mandy hat mir von Ihrer Übelkeit erzählt. Da musste ich nur noch eins und eins zusammenzählen. Haben Sie es Michael schon gesagt?"
"Nein."
"Das sollten Sie aber tun, meinen Sie nicht auch?"
Claudia schüttelte entschlossen den Kopf. "Er liebt mich nicht, Joe."
Joe presste die Lippen zusammen. "Michael hat Sie sehr gern, Claudia. Da bin ich mir ganz sicher."
"Nein, das glaube ich nicht", entgegnete Claudia traurig. "Wenn er es erfährt, denkt er gleich, er müsste mich heiraten. Und das lasse ich nicht zu, denn er würde mich später dafür hassen, das weiß ich genau."
"Sie lieben ihn, nicht wahr?"
"Ja", antwortete Claudia mit unsicherer Stimme.
Joe senkte den Blick. Er konnte nicht mit ansehen, wie Claudia unter der Demütigung litt.
Das hatte sie nicht verdient.
"Sie müssen es ihm sagen", beschwor er sie schließlich. "Michael hat ein Recht darauf, es zu erfahren."
"Ja, ich weiß. Aber er wird wütend auf mich sein, und das mit Recht. Dass ich schwanger geworden bin, ist allein meine Schuld. Aus unerklärlichen Gründen hatte ich schon immer eine Abneigung gegen Medikamente, obwohl ich weiß, wie dumm das ist. Es war mein Fehler, und deshalb werde ich auch die volle Verantwortung dafür tragen. Sobald ich mir darüber im klaren bin, was ich tun werde, sobald ich mit mir selbst wieder im reinen bin, werde ich es Michael sagen."
"Was ist mit Ihren Eltern? Sie werden Ihnen doch sicher helfen?" erkundigte sich Joe, da er merkte, dass Claudia sich nicht umstimmen ließ.
Ein schwaches Lächeln erschien in ihrem blassen Gesicht. "Ja, sicher, wenn ich es zulasse.
Aber meine Mutter hat vor kurzem erst wieder geheiratet und möchte ihr Glück mit James genießen. Da würde ich nur stören."
Joe kannte Claudias Mutter und ihren jetzigen Mann persönlich. James, ein sechsundvierzigjähriger Börsenmakler, war schon seit Jahren ein guter Freund von ihm.
Joe nickte zustimmend. "Und was nun?"
Claudia trat vom Fenster weg und lehnte sich an den Schreibtisch. "Ich werde das Kind behalten", sagte sie und versuchte, dabei einen unbekümmerten Eindruck zu machen. "Ich habe eine eigene Wohnung und kann noch eine Weile arbeiten. Also werde ich mich nach einem neuen Job umsehen."
"Da kann ich Ihnen vielleicht helfen", warf Joe schnell ein. "Einer meiner Kollegen sucht für längere Zeit eine Vertretung, die sich in der Computersprache auskennt. Seine Sekretärin will ihre Eltern in Kanada besuchen. Bert führt ein gutgehendes Software-Geschäft und wäre dankbar, jemanden wie Sie zu bekommen. Seine Sekretärin möchte mehrere Monate fortbleiben, doch nur, wenn sie sicher sein kann, dass ihr der Job erhalten bleibt. Sie ist eine ledige Mutter, Sie verstehen..." Erst nachdem Joe den letzten Satz ausgesprochen hatte, merkte er, wie wenig taktvoll die Bemerkung gewesen war.
Claudia berührte seinen Arm, um ihm zu zeigen, dass es ihr nichts ausmachte.
"Wenn Sie möchten, spreche ich mit Bert", fuhr Joe fort. "Ich glaube, seine Sekretärin hat vor, bis September wegzubleiben. Wie würde Ihnen das passen?"
"Gut, sehr gut", versicherte Claudia. "Wann will sie abreisen?"
"Nächsten Monat, falls Bert bis dahin eine zuverlässige Vertretung gefunden hat."
"Wenn er mich nimmt, fällt mir ein Stein vom Herzen", sagte Claudia. "Und was ist mit Michael?"
"Die ganze Sache gefällt mir einfach nicht, Claudia. Heimlichkeiten sind mir zuwider. Aber wir halten es, wie Sie es wünschen."
Claudia atmete erleichtert auf. "So ist es einfacher, Joe. Unangenehme Abschiedsszenen sind mir ein Greuel. Michael wird uns letztendlich dankbar sein, dass wir das Problem auf diese Art gelöst haben."
"Da bin ich mir nicht so sicher", entgegnete Joe merklich nervös. "Ich kann einfach nicht glauben, dass Michael Sie gehen lassen würde. Ich wünschte, Sie würden es sich anders überlegen und ihm alles beichten, bevor Sie den
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