Das Kind der Priesterin
hatte Silber von ihrem Schoß gezogen, und nun rollten beide in einer Staubwolke neben ihr im Moos herum. Etaas Exil, ihre Leiden hatten endlich ein Ende gefunden, sie würde zu ihrem Volk heimkehren und ich zu meinem. Wahrscheinlich würden wir uns niemals wiedersehen, und die Kinder … Ich sah weg. Was für ein Leben würde Alfilere in der Welt, die wir ihm gelassen hatten, erwarten? Der Sohn des Schmieds, der Erbe von Tramaine, das starke, begnadete Kind Etaas, der Gesegneten – das auch mein Kind hätte sein können, wenn es einen Weg dazu gegeben hätte, das mir so lieb war wie mein eigenes Kind. Das Kind der Einheit in einer zerbrochenen Welt. Das Kind der Einheit …
Und plötzlich war es klar: Die Antwort hatte die ganze Zeit über in meiner Hand gelegen. Wir konnten Alfilere aufziehen, damit er seine Geburtsrechte antreten und ein Anführer werden würde, der ihm seine Rechte und uns unseren Stolz wiedergeben konnte.
„Etaa?“ Sie sah mich unbestimmt an, halb verloren in Träumereien. Ich versuchte, mit einer gleichmäßigen Stimme zu sprechen, denn ich wußte nicht, ob sie so wie ich dachte oder wie ihre Reaktion sein würde. „Du weißt, daß die Situation auf deiner Erde zur Zeit noch sehr unbeständig ist. Die Kotaaner haben einen Krieg gewonnen, den zu gewinnen sie nicht erwarteten, und sie wissen nicht, was sie jetzt anfangen sollen. Dein Mann will nichts weiter, als mit dir nach Hause gehen, er will kein Königreich regieren. Dein Volk verachtet die Tramainer, und jetzt verachten die Tramainer sich selbst. Sie wissen nicht einmal, was sie von ihren Göttern halten sollen, sie sind führungslos. Alle Nationen, die Tramaine umgeben, werden aufgerüttelt, und es wird mehr Krieg und mehr Not für dein Volk geben, wenn nichts getan wird …“
Sie runzelte die Stirn und langte nach den entschlüpfenden Kindern und hielt sie fest.
Mit einem Seufzer entließ ich Luft aus meinem Balg. „Ja, ich weiß. Wir haben zuviel getan. Sogar der Dienst sieht es endlich ein. Aber wenn sich keine neue Antwort findet, irgendein Kompromiß, werden sich die Dinge nur noch schlimmer entwickeln. Wir könnten euch durch unser Eingreifen vernichten, Etaa, wenn ihr nicht irgendwie damit aufhört, für uns eine Bedrohung zu sein. Und wenn wir das mit euch machen, dann werden wir auch uns selbst vernichtet haben.“
Unbehaglich schob sie die Kinder auf ihren Knien hin und her. „Hast du einen Plan, um das zu verhindern?“
„Den habe ich … ich glaube, daß ich ihn habe … Als ich dich traf, dachte ich, alle Menschen wären ohne jeden Grund gewalttätig und grausam. Deswegen hatten wir Angst vor euch und wollten, daß ihr da bleiben solltet, wo ihr wart. Doch jetzt glaube ich das nicht mehr. Dein Volk ist aggressiver als wir, und ihr müßt lernen, daß im Fortschritt Verantwortungen liegen, die man nicht ignorieren kann. Euer Verständnis muß wachsen, wie eure Stärke wächst.
Aber eure Kulturen sind noch jung, und vielleicht könnt ihr eines Tages auch mit uns leben, wenn ihr jetzt lernt, miteinander zu leben, und gleichgestellt mit anderen Sternen zu uns kommt. Der Zeitpunkt, im Gleichgewicht des Wechsels, ist für eine Religion jetzt genau richtig. Sie kann den Menschen die Einheit allen Lebens zeigen und wie man es achtet – wie dein Volk es macht, wenn es den Lehren der Mutter folgt. Und es gibt für diese Einheit ein vollkommenes Zeichen, den vollkommenen Menschen an ihrem Anfang: deinen Sohn.“ Vor Hoffnung und Liebe zitternd, rutschte ich nervös hin und her. „Etaa, willst du mir deinen Sohn geben? Laß mich ihn bei meinem Volk aufziehen und ihm die Möglichkeit geben, deine Welt für immer zu ändern.“
Ihre Augen durchbohrten mich mit einem Blick voller Unglaube und Vorwurf.
„Meinen Sohn? Warum solltest du meinen Sohn mitnehmen?“
Blind heraus sagte ich: „Weil er das Kind der Kotaaner und das Kind der Neaaner ist. Laß ihn den Thron seines Vaters erben, und schließ die Wunde zwischen euren Völkern für alle Zeit.“
„Er ist nicht der Sohn des Königs! Er gehört mir und meinem Mann.“
„Das weißt nur du, Etaa. Die Tramainer halten ihn für ihren Thronerben.“
„Mein Mann weiß es auch. Er würde niemals zustimmen, er würde nie seinen Sohn, das Kind seines Klans, hergeben.“
„Hywel wäre stolz darauf, seinem Kind eine solche Ehre zu erweisen! Ich weiß, daß er es wäre, ich …“ Ich stockte in meinem schrecklichen Verlangen, das Richtige zu sagen.
„Nein!“ Sie hob die
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