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Das Kind der Priesterin

Das Kind der Priesterin

Titel: Das Kind der Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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wechselfarbigen Augen dem Licht der Welt. Ich staunte bei dem Gedanken, daß ich einst so schön gewesen war, denn S’elec’eca war zugleich mein Kind und mein vollkommener Zwilling.
    Etaa liebte „sie“ vom ersten Augenblick an (Menschen haben nur Genusbezeichnungen, um ihre grundsätzliche Dichotomie zu reflektieren, und sie weigerte sich, mein Baby „es“ zu nennen); und wenn es anfangs zum Teil aus Schuldbewußtsein und Notwendigkeit geschah, so wurde es doch Wirklichkeit, als sie über beide Kinder wachte, während ich die Außenwelt durchforschte. Sie nannte mein Kind „Silber“, ihr Wort für S’elec’eca, den Namen, den ich ausgewählt hatte. Über Religion und Glaube sprach sie nicht mehr, und die Liebe zu den Kindern füllte ihre leeren Tage; doch wenn sie aus Zerstreutheit die Mutter beschwor, breitete sich eine peinliche Stille aus, ihre Augen flackerten auf, und sie ging mir aus dem Weg. Manchmal bemerkte ich, wie sie ihre Kehle berührte, als hätte sie durch die Entdeckung ihrer Stimme von der bitteren, verbotenen Frucht eines menschlichen Mythos gekostet, der viel älter war als ihr eigener, und hätte herausgefunden, daß der Preis der Erkenntnis viel zu hoch war.
    Als die Versorgungsfähre zurückkam, glitt ich den Hügel hinab, um ihr entgegenzueilen, allem blind gegenüber außer der Aussicht, gute Neuigkeiten zu erfahren. Iyohangziglepi hätte mich beinahe erschlagen, weil er dachte, ich sei ein angreifendes, wildes Tier, bevor mir einfiel, das Raumschiff anzurufen.
    Nach den ersten, verschämten Entschuldigungen jedoch hörte ich endlich die Nachricht, auf die ich so lange gewartet hatte: Der Krieg zwischen Tramaine und den Kotaanern war vorbei. Aber die Kotaaner hatten gesiegt – und sie hatten nicht nur ein paar Zugeständnisse erlangt, wie von den Liberalen geplant, sondern Tramaine gewonnen. Der König war in der Schlacht umgekommen, bei dem Kampf, um sein eigenes Volk zu retten; denn dank unseres Erzbischofs Shappistre wollte das Volk nicht kämpfen, sondern fluchte auf den König und erwartete von uns, daß wir uns auf seine Seite schlugen, was wir nicht konnten. Auf diese Weise hatten auch die Liberalen gewonnen, und der Dienst würde nun die Kotaaner unterstützen müssen. Die Kotaaner aber wußten nicht, was sie, nun, da sie ihn errungen hatten, mit ihrem Sieg anfangen sollten. Sie wollten nur ihre Priesterin und ihren Frieden haben, und die vernichteten Tramainer erfüllten sie mit Widerwillen. Das übermittelte uns der Schmied. Einst hätte ich gesagt, daß er ein Lügner oder ein Verrückter oder kein Mensch sei. Doch er war Etaas Mann, und ich glaubte ihm.
    Wenn aber alles stimmte, dann war nichts entschieden, und Etaas Welt befand sich weiterhin am Rande des Chaos. Iyohangziglepi berichtete verbittert, daß selbst die Liberalen über ihren Erfolg, die Welt zu verbessern, entsetzt waren: Dieses Erfolgs wegen stand uns bevor, die Menschen einem viel größeren Elend zu überlassen, als wir bisher über sie gebracht hatten, oder wir mußten in einem Maße in ihre Kultur eingreifen, das alles zerstört hätte, was von unserer schwankenden Integrität übriggeblieben war. Etaa konnte endlich nach Hause zurückkehren – ich auch. Aber in welche Zukunft?
    Etaa wartete noch ungeduldig auf dem Hügel und beobachtete meinen Rückweg vom Raumschiff. Auf jedem Arm hielt sie ein Kind, geschützt vor dem wehenden Sand, und ich konnte fast die Hoffnung in ihren Augen leuchten sehen, als ich, die Fähre hinter mir lassend, den steinigen Hang hinauf kroch.
    „Tarn, werden wir nach Hause gehen?“
    „Ja.“ Außer Atem langte ich bei ihr an.
    Sie tanzte vor Freude, und ein Baby lachte, und das andere quiekte überrascht. „Es ist wahr, es ist wahr, ihr Kleinen!“
    „Etaa …“ Sie hielt inne und sah mich neugierig an.
    „Das Schiff wartet auf uns. Laß uns unsere Sachen holen und … und ich werde dir die Neuigkeiten berichten. Aber laß uns aus dem Wind gehen.“
    Wir warfen unsere wenigen Sachen in ein paar Minuten zusammen und ließen uns darauf mit den Kindern auf einem Mooshaufen neben der aschgrauen Feuerstelle nieder. Ich kauerte neben ihr, und unsere Augen trafen sich in dem plötzlichen Bewußtsein, daß es zum letzten Mal war. Ich holte tief Luft und sagte: „Der Krieg ist vorüber, Etaa. Dein Volk hat die Tramainer geschlagen.“
    Sie schüttelte verwundert den Kopf. „Wie kann das sein …?“
    „Dein Volk hat tapfere Krieger. König Meron ist tot, weil die

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