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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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allen Qualitäten, die er hatte, war er nur ein sterblicher Mann, müde und verwundet. Ich hörte, wie Bran leidenschaftlich mit den anderen stritt: Er kann nicht kämpfen! Lasst mich kämpfen! Überlasst es mir! Und Conor, Sean und Finbar hielten ihm entgegen, dass man der Prophezeiung ihren Lauf lassen musste, dass Johnnys seltsame Entscheidung in gewisser Weise richtig sein müsse. Offenbar glaubten auch sie, dass er siegen würde, ganz gleich, wie schlecht es für ihn aussah, denn es war vorherbestimmt. Zur gleichen Zeit ließ Schlange weiter Wache am Graben halten; er konnte sich darauf verlassen, dass seine eigenen Männer die Befehle befolgten, aber er hielt ein scharfes Auge auf die anderen und ganz besonders auf die Männer in Grün.
    Was meine Großmutter anging, so lachte sie leise und grinste von einem Ohr zum anderen. »Oh, jetzt wird es ganz einfach sein, Fainne, ganz einfach. Beinahe eine Schande, ein so feiner, junger Bursche! Obwohl es nie wieder einen anderen Colum von Sevenwaters geben wird. Dennoch, der da ist ein prächtiges Exemplar: gute Schultern, kräftige Beine. Fainne? Hörst du mir überhaupt zu? Was suchst du in der Menge da? Pass gefälligst auf, Mädchen! Du musst bereit sein, wenn ich es dir sage. Weißt du, was du tun sollst?«
    »Ja, Großmutter«, flüsterte ich und ballte die Fäuste so fest, dass meine Nägel sich in die Handflächen gruben.
    »Und hast du den Mut dazu?«
    »Ja, Großmutter.« O ja, den Mut hatte ich. Das Problem war die Kraft. Ich konnte immer noch keine Magie heraufbeschwören, ich war immer noch so schwach, dass ich mich kaum aufrecht halten konnte. Und ich konnte meine Kraft auch nicht prüfen; wir beide waren kaum von den niedrigen Büschen und den alten Felsen verborgen, und ich durfte Großmutter nicht wissen lassen, wie hilflos ich war. Schon bald würde ich dort hinausgehen und hoffen müssen, dass etwas geschah, wenn ich die Worte eines Zaubers sprach.
    »Ganz bestimmt?« Großmutter hatte die Stirn gerunzelt und sah mich aus ihren dunklen, harten Augen forschend an.
    »Ganz bestimmt«, erklärte ich, und meine Stimme war so fest wie mein Blick.
    Ich hatte es für unglaublich gehalten, dass Johnny alles auf diesen Kampf setzen würde, da er doch so schwach war. Aber die Männer verließen sich auf ihn, und eine Weile sah es so aus, als hätten sie Recht. Ich hätte vielleicht nicht überrascht sein sollen, denn er war ein Sohn von Inis Eala und zum Krieger geboren. Er war gut; tatsächlich so gut, dass es bald offensichtlich wurde, dass er ohne die Müdigkeit und die Prellungen und die gebrochenen Rippen seinen Gegner schnell besiegt hätte. Der britische Kämpfer war durchaus ein fähiger Mann. Es schien, dass auch Northwoods bereit war, ein Risiko einzugehen, denn der breitschultrige junge Bursche, der nun dort unterhalb von mir stand und wachsam sein Schwert von einer in die andere Hand nahm, war kein anderer als Edwins eigener Sohn, der am Abend zuvor an seiner Seite gestanden und von Messern gesprochen hatte. Das Gleichgewicht dieses Kampfs, der Symbolismus, erinnerte an eine alte Legende.
    Die Männer hatten einen großen Kreis gebildet. Auf einer Seite, am weitesten entfernt von Graben und Mauer, waren die Männer aus Erin und auf der anderen die versammelten Krieger von Northwoods, denn sie mussten anwesend sein, um ihren Kämpfer zu schützen und dafür zu sorgen, dass es gerecht zuging. Die Männer aus Inis Eala blieben wachsam und sorgten dafür, dass die Dinge nicht außer Kontrolle gerieten. Die Anführer mochten zu einer Einigung gekommen sein, aber die Situation stand immer noch auf Messers Schneide, und der kleinste Einbruch in der Disziplin würde zu einem Blutbad führen. Erst gestern hatten diese Männer aufeinander eingehackt und -geschlagen und die wilde Sprache des Krieges gesprochen. Es war ein Wunder, dass sie jetzt so dicht nebeneinander standen und die Waffen dennoch nicht anrührten. Also patrouillierten Johnnys Männer am Rand der Linie, die Hände am Dolchgriff, die Augen zusammengekniffen. Und inmitten der offenen Fläche, um die die Menge sich versammelt hatte, kämpften die beiden jungen Krieger weiter. Sie benutzten ihre schweren Schwerter beidhändig, wirbelten herum und duckten sich, die Waffen pfiffen durch die Luft, das Grunzen und Keuchen der Männer bildete den Kontrapunkt zur tödlichen Musik der Klingen. Sie hatten keine Schilde; dies war eine direkte, brutale Begegnung und konnte sicher nicht lange dauern. Johnny

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