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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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er und wandte sich wieder seiner eigenen Arbeit zu. »Übe dies zwei mal fünfzigmal mit etwas, das nicht zerbrechen kann. Und dann komm zurück und zeige es mir.«
    »Ja, Vater.« Es war ohnehin zu kalt zum Schlafen, also konnte ich die Nacht wenigstens mit etwas Nützlichem verbringen.
    ***
    Ich war zehn Jahre alt. Ich stand vollkommen reglos genau in der Mitte von Vaters Arbeitszimmer, den Blick ins Nichts gerichtet. Über meinem Kopf schwebte die zerbrechliche Glaskugel, an Ort und Stelle gehalten von unsichtbaren Kräften. Ich atmete. Langsam, sehr langsam. Bei jedem Ausatmen erfolgte auch eine kleine Veränderung. Nach oben, nach unten, nach links oder rechts. Dreh dich, sagte ich der Kugel, und sie drehte sich und glitzerte im Kerzenlicht. Steh still. Und jetzt kreise um meinen Kopf. Meine Augen folgten der gleichmäßigen Bewegung nicht. Ich musste die Kugel nicht sehen, um zu wissen, dass sie mir gehorchte. Halt. Und nun abwärts. Eine winzige Pause, dann der Fall; die Kugel fegte glitzernd vor mir nach unten, schoss auf ihre Zerstörung zu. Halt. Sie verharrte eine Handspanne oberhalb des Steinbodens und wartete. Ich blinzelte und beugte mich vor, um sie hochzuheben.
    Vater nickte ernst. »Deine Kontrolle wird besser. Diese Tricks sind relativ einfach, aber um es wirklich gut zu machen, braucht es Disziplin. Ich bin mit deinen Fortschritten sehr zufrieden, Fainne.«
    »Danke.« Solches Lob war selten. Für gewöhnlich nahm er einfach nur zur Kenntnis, dass ich etwas gemeistert hatte, und wandte sich dann der nächsten Aufgabe zu.
    »Kein Grund zur Selbstzufriedenheit.«
    »Nein, Vater.«
    »Du solltest dich nun einem herausfordernderen Zweig unseres Handwerks zuwenden. Dafür musst du neue Reserven in dir selbst finden. Es kann sehr anstrengend sein. Ruhe dich ein paar Tage aus. Wir beginnen zu Imbolc. Was könnte ein angemessenerer Zeitpunkt sein?« Sein Ton war bitter.
    »Ja, Vater.« Ich fragte ihn nicht, wie er das gemeint hatte. Ich wusste, dass er meine Mutter beim Brighidsfest kennen gelernt hatte. Nicht, dass er je von ihr gesprochen hätte, jedenfalls nicht freiwillig. Diese Geschichte war gut in ihm verborgen, und er war ein meisterhafter Hüter seiner Geheimnisse. Das Wenige, was ich wusste, hatte ich mir im Lauf der Jahre mühsam zusammensuchen müssen. Einmal hatte Peg, Darraghs Mutter, eine Bemerkung gemacht, als ich unter den Bäumen des Lagers auf Darragh wartete und sie mich nicht bemerkt hatte.
    »Sie war sehr schön«, sagte Peg zu ihrer Freundin Molly. Die beiden saßen in der Morgensonne, und ihre Finger bewegten sich rasch und geschickt, als sie ihre kunstvollen Körbe flochten. »Groß und schlank, mit diesem hellen, kupferfarbenen Haar, das ihr über den Rücken fiel. Sie sah aus wie eine Fee. Aber sie war immer … sie war ein wenig seltsam, wenn du weißt, was ich meine. Er wachte über sie wie ein Wolf über seine Jungen, aber er konnte nicht verhindern, was geschehen ist. Man konnte es in ihren Augen sehen, gleich von Anfang an.«
    »Mhm«, hatte Molly erwidert. »Das Mädchen schlägt also dem Vater nach. Seltsames kleines Ding.«
    »Sie kann nichts dafür, was sie ist«, sagte Peg.
    Und ich erinnere mich an einen anderen Sommertag, als es besonders warm gewesen war und Darragh schließlich ungeduldig wurde, weil ich mich stets weigerte, auch nur in die Nähe des Wassers zu gehen.
    »Warum lässt du dir nicht von mir beibringen, wie man schwimmt?«, fragte er mich. »Ist es wegen ihr? Wegen dem, was mit ihr passiert ist?«
    »Was denn?«, fragte ich. »Wovon redest du?«
    »Du weißt schon. Deine Mutter. Weil sie – na ja, wegen dem, was sie getan hat. Das sagen sie jedenfalls. Dass du vor dem Wasser Angst hast, weil sie von der Honigwabe gesprungen ist und sich ertränkt hat.«
    »Selbstverständlich nicht«, erwiderte ich und schluckte angestrengt. »Ich will einfach nicht, das ist alles.«
    Wie hätte er wissen können, dass mir bis zu diesem Augenblick nie jemand gesagt hatte, wie sie gestorben war?
    Ich versuchte, eine Erinnerung an Mutter zu Tage zu fördern, versuchte, mir die schöne Frau vorzustellen, die Peg beschrieben hatte, aber nichts geschah. Ich konnte mich nur an Vater erinnern, und an die Honigwabe. Etwas war damals geschehen, vor langer Zeit, etwas, das meiner Mutter Schaden zugefügt und meinen Vater verletzt und die Wege für uns alle auf eine Weise vorgezeichnet hatte, der wir nicht entgehen konnten. Vater hatte mir die Geschichte nie erzählt. Dennoch,

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