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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Strategiedebatte. Dann war da Tante Aisling. Sie nur zu beobachten, machte mich schon müde. Sie war ununterbrochen beschäftigt und überwachte jeden Aspekt des Haushalts mit der Energie eines Wirbelwinds, was ihren ganzen Tag vereinnahmte. Das Ergebnis war, dass alles mit nahtloser Effizienz funktionierte. Ich fragte mich, ob sie je glücklich war. Ich fragte mich, wieso man so viele Kinder haben wollte, wenn man dann kaum die Zeit hatte, ihnen Guten Morgen zu sagen, bevor man sich wieder aufmachen musste, um sich um dringendere Angelegenheiten zu kümmern.
    Diese Festung war einmal die einzige größere Ansiedlung im Wald von Sevenwaters gewesen. Inzwischen gab es auch andere, gegründet von Onkel Sean und bewohnt von seinen freien Bauern, auf deren eigene Bewaffnete er sich jederzeit verlassen konnte. So war das Túath weniger verwundbar geworden und hatte starke Außenposten für den Fall, dass mächtige Nachbarn daran dachten, eine Hand ein bisschen weiter als angemessen auszustrecken. Diese Freien waren ebenfalls Mitglieder des Rats, genauso wie die Anführer der Uí Néill in ihren Waffenröcken mit dem Wappen der scharlachroten zusammengerollten Schlange. Im Haushalt von Sevenwaters gab es einen Brithem, einen Schreiber und einen Dichter. Es gab einen Waffenmeister, einen Fiederer und mehrere Schmiede. Aber es waren die anderen, die abwesenden anderen, die mich mehr faszinierten.
    Tante Liadan war die Schwester meiner Mutter und die Zwillingsschwester von Onkel Sean. Vater hatte erwähnt, dass sie an einem Ort namens Harrowfield wohnte. Mir war nicht klar gewesen, wie weit entfernt das war. Tatsächlich lebte sie in Britannien bei den Feinden von Sevenwaters, denn ihr Mann war nun Verwalter eines Landsitzes in Northumbria, der einmal ihrem Vater gehört hatte. Wenn sie nicht dort wohnten, waren sie in Inis Eala, auf einer abgelegenen Insel weit im Norden, so weit entfernt, dass es sich kaum lohnte, daran zu denken. Aber wenn Onkel Sean von seiner Schwester sprach, war es, als wohnte sie kaum einen Sprung über die Felder entfernt. Conor sprach von ihr wie von einer alten und geachteten Freundin. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, was Großmutter mir erzählt hatte. Sie hatte erwähnt, dass sie sich wünschte, Ciarán hätte sich für die andere Schwester entschieden, denn ihr Kind wäre klüger oder fähiger geworden. Das war nicht gerade eine sehr taktvolle Bemerkung gewesen. Aber so war Großmutter nun einmal.
    Liadan und ihr Mann hatten also Söhne. Ich hörte schon bald nach meiner Ankunft mehr über sie. Trotz all meiner Versuche, mich einige Zeit in mein Zimmer zurückzuziehen, den Verwandlungszauber ein wenig abzulegen und in Frieden die geheimen Beschwörungen des Handwerks zu wiederholen, war ich nicht im Stande gewesen, das regelmäßige Erscheinen kleiner neugieriger Besucherinnen zu verhindern. Wie Muirrin vorhergesagt hatte, lernte ich schon bald, sie voneinander zu unterschieden, obwohl sie alle das gleiche zerzauste rote Haar und die gleichen Sommersprossen hatten. Sibeal war die Einzige, die anders aussah, sie war dunkel wie ihre älteste Schwester. Sie war auch stiller als die anderen und hatte sehr seltsame Augen, klare, beinahe farblose Augen, die unter die Oberfläche der Dinge zu blicken schienen. Eilis war sehr klein und hatte nur Unfug im Sinn. Man musste sie stets im Auge behalten. Maeve war altersmäßig in der Mitte und hatte einen Hund, der ihr überall hin folgte wie ein ergebener Sklave. Und Deirdre und Clodagh waren Zwillinge. Wenn sie ein wenig älter wären, würde es sein, als hätte man zwei weitere Ausgaben von Tante Aisling im Haus, die dafür sorgten, dass alles im Haushalt in Ordnung war. Ich begriff schon bald, wieso Muirrin so viel Zeit in ihrem Kräuterraum oder drunten im Dorf verbrachte, wo sie sich um die Kranken kümmerte.
    An diesem Tag hatte ich die Zwillinge in meinem Zimmer, eine auf jedem Bett, und außerdem Maeve und ihren Hund. Der Hund zumindest war still, obwohl seine große Masse die Wärme des Feuers von uns anderen abhielt.
    »Ist das deine Puppe? Darf ich sie halten?«, hatte Maeve sofort gefragt, sobald sie hereingekommen war, und nach Riona gegriffen, bevor ich antworten konnte. Kleinen Mädchen, die mich ärgerten, konnten unangenehme Dinge zustoßen. Sie konnten sich die Finger an einer verborgenen Nadel stechen. Sie konnten plötzlich feststellen, dass ihre Hunde sie nicht mehr mochten. Oder vielleicht würde der Hund auch einfach

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