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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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wechselte ständig seine Gestalt, seine amorphe, flüssige Physis fand immer neue und bedrohlichere Formen, während er kämpfte. Flidais beobachtete, wie er sich ein zusätzliches Glied wachsen ließ, an dessen Ende sich ein Steinschwert bildete, das aus seinem eigenen Körper erzeugt war. Mit diesem Schwert forderte er Lancelot heraus, trieb ihn bis zu den Bäumen an der östlichen Seite der Lichtung zurück und ließ dann seinen mächtigen Hammer mit müheloser urtümlicher Kraft in einem vernichtenden Schlag herabschwingen.
    Und gerade noch gelang es Lancelot, ihm auszuweichen. Er warf sich zu Boden, rollte sich unter dem Hammer, der ihn zerschmettern sollte, vorbei und flog über das gleichzeitig zuschlagende Schwert, er landete auf seinen Knien und versetzte Curdardh einen Schlag aus der Rückhand mit seiner eigenen Klinge, der den neu gewachsenen Arm an der Schulter vollständig abtrennte. Das Steinschwert fiel auf das Gras, ohne Schaden anzurichten.
    Flidais holte in Staunen und Ehrfurcht Atem. Und stieß nach einem Augenblick wilder unvernünftiger Hoffnung einen langen Seufzer des Leidens aus. Denn der Dämon lachte nur … er war weder ermüdet noch verletzt … und bildete aus seinem schiefergrauen Torso ein weiteres Glied. Mit einem Schwert daran, genau wie zuvor.
    Und wieder griff er ohne nachzulassen, ohne Rücksicht erneut an. Wieder wich Lancelot dem schwer geschmiedeten Hammer aus, ein weiteres Mal parierte er einen Schlag des Steinschwertes und platzierte diesmal mit einer Bewegung, die so schnell war, dass man kaum folgen konnte, einen Schlag auf den dunklen, von Maden bedeckten Kopf des Dämons.
    Das musste ihm aber Schmerz verursachen, dachte Flidais, der sich noch immer wunderte, wie sehr er sich sorgte. Und er schien recht zu haben, den Curdardh zögerte, torkelte und polterte einen Augenblick schweigend, aber nur um sich wieder zu verändern, diesmal zu einer lebenden Kreatur aus gesichtslosem Stein, die gegen jedes Schwert, wie fest es auch geschmiedet und gehärtet sein mochte, gefeit war. Und er begann, den Mann in dem kleinen Kreis der Lichtung umherzutreiben, ihm den Weg abzuschneiden und das Leben aus ihm herauszuquetschen.
    Flidais erkannte in diesem Augenblick, dass er von Anfang an richtig vermutet hatte. Jedes Mal, wenn Lancelot irgendeinen Schlag, irgendeine Verletzung lanciert hatte, konnte sich der Dämon in eine Gestalt verwandeln, die sich Lancelots Angriffen entzog. Er konnte sich von jeder Schwertwunde heilen und gleichzeitig den allmählich ermüdenden Mann dazu zwingen, seinem bedrohlichen Nachsetzen auszuweichen. Curdardh war agil und gefährlich trotz seines verstümmelten Beines … diese Verkrüppelung war ihm vor Jahrtausenden zugefügt worden, um ihn als Wächter an diesen Ort zu fesseln … aber selbst wenn Lancelot ihm entgangen wäre, hätten die Bäume des Haines und die kleinen Waldgeister, die dem Kampf auf der schmalen Lichtung zusahen, ihn keinesfalls aus diesem heiligen Ort, den er entweiht hatte, auch nur einen Augenblick lang entweichen lassen. Dort sollte er sterben.
    Er und noch ein weiterer Sterblicher. Flidais wandte mit Mühe seine Augen von dem grausamen Kampf ab und schaute nach rechts. Mit kalkweißem Gesicht beobachtete der Junge die Szene, seine Miene war vollständig unlesbar. Als Flidais auf Rakoths Sohn blickte, empfand er dieselbe instinktive Abwehr gegen ihn wie schon zuvor am Strand beim Anor, und er war ehrlich genug, sie als Angst zu bezeichnen. Dann dachte er darüber nach, wer seine Mutter war, schaute wieder zurück zu Lancelot, der schweigend in der Dunkelheit um das Leben dieses Kindes kämpfte, und so bezwang er seine eigenen Vorbehalte und ging über das Gras am Rande der Lichtung zu Danen hinüber.
    »Ich bin Flidais«, stellte er sich vor und verstieß auf diese Weise gegen seine eigene älteste Regel. Aber was waren Regeln in einer Nacht wie dieser, dachte er, wenn man zu einem Kind wie diesem sprach? Darien trat einige Schritte zur Seite, er scheute vor größerer Nähe zurück. Seine Augen ließen nicht von den beiden Gestalten ab, die vor ihnen kämpften.
    »Ich bin ein Freund deiner Mutter«, erklärte Flidais und rang um die richtigen Worte. »Ich bitte dich, zu glauben, dass ich es nicht böse mit dir meine.«
    Nun erst wandte sich der Junge ihm zu. »Das spielt jetzt eigentlich keine Rolle mehr«, sagte er kaum lauter als flüsternd. »Du kannst doch auch nichts mehr daran ändern, oder? Bald gibt es keine Wahl

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