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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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    Zum ersten Mal schien Flidais ihn deutlich zu sehen, und er bemerkte mit einem Mal, wie jung Darien war, wie hübsch, und … weil sein Sehvermögen auch im Dunklen scharf war, wie blau seine Augen waren.
    Aber so sehr er sich auch bemühte, konnte er andererseits auch nicht vergessen, wie sie damals auf dem Strand rot-violett aufgeflammt waren und den Baum in Brand gesetzt hatten.
    Aus der Lichtung kam ein plötzliches lautes Poltern, und Flidais drückte sich schnell an den Stamm eines der hinter ihm stehenden Bäume. Keine zwei Meter entfernt wich Lancelot in ihre Richtung zurück, verfolgt von dem Dämon in seiner unverletzlichen Felsgestalt … Es klang wie eine Geröllhalde, die in Bewegung geraten war.
    Als Lancelot sich näherte, wurde Flidais gewahr, dass sein ganzer Körper von Schnittwunden und violett anlaufenden Quetschungen übersät war. Von seiner linken Schulter und seiner rechten Flanke floss Blut in Strömen herab. Seine Kleidung hing in zerrissenen Fetzen vom Körper, und sein dickes schwarzes Haar war wie an seinen Kopf geklebt. Schweißbäche rannen unablässig über sein Gesicht. Alle paar Augenblicke musste er seine freie Hand heben, ohne dabei seine Wunde zu beachten, und den Schweiß aus seinen Augen reiben, damit er sehen konnte.
    Soweit er überhaupt sehen konnte: Denn er war nur ein Sterblicher, niemand kam ihm zu Hilfe, und selbst der Halbmond war schon seit langem im Westen hinter die aufragenden Bäume hinabgesunken, welche die Lichtung umgaben. Nur eine Handvoll von Sternen blickte von oben auf diesen mutigen Akt herab, der aus der gequälten und dennoch so strahlenden Seele Lancelot du Lacs kam. Es war die tapferste, mutigste und unglaublichste Heldentat, die jemals in das Gewebe eingewoben worden war.
    Flidais war durch die Kraft dieses Platzes und seine Verantwortung gegenüber dem Wald gebunden und beobachtete deshalb hilflos, wie die beiden immer näher kamen. Er sah, wie Lancelot Schmerz und Müdigkeit überwand und geschmeidig und mit einem geschickten Schritt in die Knie ging, wie er auf diese Weise aus der Reichweite des angreifenden Dämons entkam und aus dieser Position einen Sensenschlag seines Schwertes auf Curdardhs Bein niedergehen ließ, den einzigen Teil seiner schiefergrauen Felsengestalt, der nicht gegen das Eisen gefeit war.
    Aber trotz seiner grotesken, von Würmern bedeckten Hässlichkeit drehte sich der Dämon des Hains gewandt und flink aus der Schlagrichtung heraus. Mit erschreckender Geschwindigkeit bildete er einen neuen Schwertarm, und führte, noch als die Waffe fest wurde, einen wütenden Schlag auf den am Boden knienden Mann herab. Der aber rollte sich ruckartig, in verzerrter Bewegung ab und führte seine eigene leuchtende Klinge nach oben, um die überwältigende Kraft von Curdardhs herabsausendem Steinschwert aufzufangen.
    Die Klingen trafen sich in einem Krachen, das die Lichtung erzittern ließ. Flidais krampfte seine Hände zusammen, sein Herz hämmerte, und dann sah er, dass Lancelot sich sogar gegen diese volle brutale Kraft des Dämonenarmes behaupten konnte. Sein Schwert war nicht abgebrochen, noch hatte sein Arm nachgegeben. Die Schwerter trafen sich und es war der Stein, der zerbrach, während Lancelot sich vom Rande der Lichtung wegrollte und sich mit schwer atmender Brust wieder aufrappelte.
    Aber er war, wie Flidais erkannte, von neuem verwundet worden: Ein gezacktes Bruchstück des Dämonenschwertes hatte ihn verletzt. Da sein Hemd nun in Streifen zerfetzt war, die seine Bewegungsfreiheit behinderten, riss Lancelot es sich vom Leibe und stand nun mit nacktem Oberkörper inmitten der Lichtung, aus einer Wunde über seinem Herzen quoll dunkles Blut. Er balancierte auf den Fußspitzen, richtete seine Augen auf seinen Gegner und hielt ihm von neuem sein Schwert entgegen, während er auf ihn wartete.
    Und Curdardh kam. Er kam mit der urtümlichen, mitleidlosen und unermüdlichen Kraft der Erde. Noch einmal verwandelte er sich, ließ die schwerfällige, wenn auch unverletzliche Felsgestalt hinter sich, und gab sich noch ein weiteres Mal einen Kopf. Dieser war fast menschlich, obwohl er nur ein einziges ungeheuerliches Auge in der Mitte hatte, aus dem schwarze Maden und Käfer wie Tränen fielen. Und noch einmal ließ er den massiven Hammer von irgendwo aus seinem Inneren hervorkommen, ergriff ihn mit einem seiner muskulösen Arme, die im Umfang fast schon Lancelots Brustweite erreichten, und stürmte dann vorwärts. Mit einem einzigen

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