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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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dann geradeheraus: »Du hältst einen Gegenstand in der Hand, dessen Name Lökdal lautet. Es ist der verzauberte Dolch der Zwerge, der vor langer Zeit Colan dan Conary gegeben wurde.«
    Einen Augenblick lang schloss er seine Augen, um sich den genauen Wortlaut dessen ins Gedächtnis zurückzurufen, was ihm vor siebenhundert Jahren ein betrunkener Magier in einer Frühlingsnacht an einem Lagerfeuer des Llychlynmoores verraten hatte. »Wer diese Klinge ohne Lieb’ in seinem Herzen führt, wird sicher sterben«, erinnerte sich Flidais, und auch die restlichen Worte kamen zu ihm zurück: »Wer mit Liebe tötet, kann aus seiner Seele ein Geschenk für jenen machen, der durch das Muster auf des Dolches Schaft bezeichnet ist.« Es waren mächtige Worte und eine tiefgeschürfte, verwickelte Magie.
    Danen blickte hinab auf das eingravierte Muster auf dem Dolchschaft. Dann sah er wieder auf, flüsterte so leise, dass Flidais Mühe hatte, ihn zu hören: »Ich möchte meine Seele keinem Lebenden als Geschenk wünschen.« Und nach einer Pause fügte er an: »Bevor ich an diesen Ort geführt wurde, sollte der Dolch selbst das Geschenk sein.«
    »Ein Geschenk für wen?« fragte Flidais, obwohl er es im Inneren wusste.
    »Für meinen Vater natürlich«, erwiderte Darien, »damit ich irgendwo in den Welten ein Willkommen finde.«
    Es musste irgend etwas geben, dachte Flidais, was er darauf entgegnen könnte. Es musste eine angemessene Antwort geben, denn so viel hing davon ab. Aber gerade dieses eine Mal fiel ihm nichts ein. Er konnte keine Worte finden und hatte dann plötzlich auch keine Zeit mehr dafür.
    Aus der Lichtung kam ein polterndes Geräusch, lauter als je zuvor, und diesmal lag ein Echo des Triumphes darin. Flidais wandte sich gerade rechtzeitig zurück, um sehen zu können, wie Lancelot durch die Luft flog, er hatte den letzten Ausläufer eines Hammerschwunges abbekommen, dem er nicht hatte ausweichen können. Er wäre zerquetscht worden, wenn der Hammer ihn mit voller Wucht getroffen hätte. So aber hatte ihn ein Schlag, der ihn nur gestreift hatte, über die halbe Lichtung geschleudert, er landete neben Darien, hilflos, zusammengekrümmt und gebrochen.
    Curdardh, der nun endlich ein Ende kommen sah, näherte sich ihm ohne Zeichen von Müdigkeit. Lancelots linker Arm hing nun nutzlos an seiner Seite, er blutete stark und war verzweifelt müde, aber mit einer Willensanstrengung, die Flidais nicht einmal verstehen konnte, vermochte er es irgendwie, wieder aufzustehen.
    Unmittelbar bevor der Dämon über ihm war, wandte er sich zu Darien um. Flidais sah, wie ihre Augen sich begegneten und nicht voneinander ließen. Dann hörte er Lancelot mit einer Stimme, die nicht die geringste Emotion mehr ausdrückte, rasch sagen: »Einen letzten Schlag zum Gedächtnis an Gawain. Ich habe nichts mehr übrig. Zähle für mich bis zehn und dann schreie und dann bete, zu wem du willst.«
    Mehr Zeit hatte er nicht mehr. Mit einer halben Drehung zur Seite warf er sich wieder rollend aus der Reichweite des mörderischen Hammers. Wo er gestanden war, krachte dieser auf den Boden, und Flidais wich zurück vor diesem donnernden Krachen und der Hitze, die aus dem zerborstenen Boden emporsengte.
    Curdardh drehte sich. Lancelot stand wieder auf seinen Beinen, schwankte ein wenig. Der Dämon gab ein undefinierbares spuckendes Geräusch von sich und ging dann langsam nach vorn.
    Flidais war es, als würde sein Herz in der Brust zerreißen, während er noch hier stand. Diese tickenden Sekunden waren die längsten, die er in seinem langen Leben jemals gekannt hatte. Er war ein Wächter des Waldes, dieses Hains, genauso wie Curdardh. Diese beiden hatten die Lichtung entweiht!!! Er konnte nicht auf Darien blicken. Der Dämon hieb mit seinem Schwert auf Lancelot ein, der den Schlag strauchelnd parierte. Fünf.
    Wieder stieß Curdardh mit dem Steinschwert zu und hielt dabei den gigantischen Hammer hoch in Wartestellung. Wieder verteidigte sich Lancelot. Fast stürzte er zu Boden. Flidais hörte plötzlich ein Rauschen in den Blättern der beobachtenden Bäume, es war ein Rauschen der Vorahnung. Sieben. Zum Schweigen verdammt und gleichzeitig gezwungen, der Szene beizuwohnen, schmeckte der Andain Blut in seinem Mund: Er hatte sich auf die Zunge gebissen. Curdardh bewegte sich flüssig, geschmeidig und vollkommen ohne Müdigkeit nach vorwärts und lancierte einen Scheinangriff mit dem Schwert. Flidais sah, wie der Hammer höher stieg. Er hob seine Hände

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