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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Schwert in die Scheide an seiner Seite gleiten. Mit einem kalten Seufzen folgten die sieben Könige seinem Beispiel. Owein sah auf Ruana herab und fragte halb fordernd, halb flehend: »Aber es ist nicht für immer?«
    Und Ruana antwortete ruhig: »Es kann nicht für immer sein, mein Herr Owein, weder durch Connlas Zauberspruch noch durch euren Platz im Gewebe. Die Jagd wird immer ein Teil von allen Welten des Webers sein. Ihr seid die Unberechenbarkeit, die uns Freiheit gibt. Aber nur wenn wir euch in den Schlaf bannen, können wir leben. Doch es ist nur Schlaf, Himmelskönig, du wirst wieder reiten, du und die sieben Könige der Jagd, und vor dem Ende des Tages wird es wieder ein anderes Kind geben. Wo wir dann sein werden, wir Kinder aus der Hand des Webers, das weiß ich nicht, aber ich sage dir jetzt, und ich spreche die Wahrheit, dass alle Welten wieder dein sein werden, wie sie es waren, bevor das Gewebe zu Ende ist.«
    Seine tiefe Stimme führte den Klang der Prophezeiung mit sich, einer Wahrheit, welche die Zeit gemeistert hatte. Er betonte nochmals: »Aber jetzt an diesem Platz seid ihr meinem Willen unterworfen, weil das Kind wieder verloren ist.«
    »Nur deswegen«, fügte sich Owein mit einer Bitterkeit, die ebenso scharf durch die Luft schnitt, wie es sein offenes Schwert vielleicht getan hätte.
    »Nur deswegen«, bestätigte Ruana ernst. Und Kim wusste, wie knapp sie dem Unheil entronnen waren. Sie schaute wieder zu der Stelle hinüber, wo Finn abgestürzt war, und sah, dass ein Mann zu ihm hinübergegangen war und neben ihm kniete. Zuerst wusste sie nicht, wer es war, und dann erriet sie es.
    Owein sprach von neuem, und jetzt war seine Bitterkeit verschwunden und hatte einer ruhigen Resignation Platz gemacht. Er fragte: »Sollen wir wieder zur Höhle zurückkehren, Connlas Erbe?«
    »Genau das«, antwortete Ruana vom Bergrücken aus und blickte in den Himmel. »Dorthin sollt ihr gehen und euch wieder auf euren Steinbetten zur Ruhe legen, du und die sieben Könige. Und ich werde euch zu jenem Platz folgen und Connlas Zauber ein zweites Mal sprechen, um euch in den Schlaf zu bannen.«
    Owein hob seine Hand. Einen Augenblick lang verharrte er in dieser Haltung, ein grauer Schatten auf einem schwarzen Ross, und die roten Juwelen leuchteten im Sonnenuntergang. Dann verbeugte er sich vor Ruana und ließ seine Hand wieder sinken. Durch Finns Eingreifen war er nun dem Willen des Riesen unterworfen.
    Und plötzlich raste die Wilde Jagd hinweg nach Süden zu einer Höhle am Rande des Waldes von Pendaran in der Nähe eines Baumes, der vor vielen tausend Jahren durch einen Blitz gespalten worden war.
    Hinter ihnen allen flog die reiterlose Iselen hinterher. Ihr weißer Schweif wehte wie ein Komet hinter ihr, sie war noch immer sichtbar, nachdem die Pferde der Könige bereits aus dem Blickfeld der Menschen verschwunden waren.
    Kim war durch die Intensität der Geschehnisse wie betäubt, sie sah, wie Jaelle rasch am Grat entlang zu der Stelle ging, wo Finn lag. Paul Schafer sagte kurz etwas zu Aileron und folgte dann der Hohenpriesterin.
    Kim wandte sich von ihnen ab und schaute zu Ruanas Antlitz empor. Seine Augen waren genau so, wie sie sie in Erinnerung hatte: Sie strahlten ein tiefes und ruhiges Mitgefühl aus. Er blickte auf sie nieder und wartete.
    »Ruana, wie konntest du rechtzeitig hierherkommen? Gerade noch rechtzeitig?« begehrte Kim zu erfahren.
    Er schüttelte langsam den Kopf. »Ich bin hier gewesen, seit der Drache kam. Ich habe von hinten zugesehen … mehr wollte ich mich dem Kampfplatz nicht nähern. Aber als Starkadh zusammenbrach, als der Krieg vorüber war und der Wolflord ins Horn stieß, erkannte ich, was mich hierher gezogen hatte.«
    »Was? Was, Ruana, zwang dich hierher?«
    »Seherin, was du in Kath Meigol getan hast, hat uns für immer verändert. Als ich zusah, wie sich mein Volk nach Eridu aufmachte, wurde mir klar, dass der Baelrath eine Kraft des Krieges, ein Aufruf zum Kampf ist und dass wir ihm nicht Genüge tun würden, wenn wir auf unserem Zug nach dem Osten nur die Regentoten aufsammeln würden, so notwendig das auch sein mochte. Ich spürte, dass das nicht ausreichte.«
    Kim schwieg dazu. Ihre Kehle war wie zusammengeschnürt.
    Ruana fuhr fort: »Und so habe ich es allein auf mich genommen, anstatt in den Osten nach Westen zu ziehen. Ich nahm es auf mich, zum Kriegsschauplatz zu eilen und zu prüfen, ob es noch eine passendere Rolle geben würde, welche die Paraiko in den

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