Das Kind des Schattens
Neben mir bist du nichts und noch weniger. Du reichst nicht auch nur annähernd tief genug, als dass ich auch nur meinen Hammer schwingen möchte.«
»Aber ich«, rief eine andere Stimme, und Lancelot du Lac betrat den mondbeschienenen Hain.
Sie schliefen am Strand im Süden des Anor. Brendel hatte Flidais Anweisung übertreten, er war allein nach drinnen gegangen und hatte aus den unteren Räumen, wo Lisens Wächter geschlafen hatten, Decken und Bettzeug gebracht. Die Treppen stieg er nicht noch einmal hinauf, er fürchtete, er könne Galadans Bewusstsein für diesen Platz noch ein weiteres Mal erwecken.
Auf einem Strohsack lag Jennifer in bewegungslosem Schlaf, der aus äußerster Erschöpfung rührte, neben Arthur, ein wenig entfernt von den anderen auf einem Strohsack. Ihr Kopf lehnte auf seiner Schulter, die eine Hand ruhte auf seiner breiten Brust, und ihr goldenes Haar floss lose auf ihr gemeinsames Kissen. Der Krieger schlief nicht, er lauschte ihren Atemzügen und fühlte den Schlag des Herzens, das er liebte. Dann veränderte sich der Herzschlag. Sie schoss kerzengerade in die Höhe, war augenblicklich wach, ihr Blick blieb auf dem hohen Mond hängen. Ihr Gesicht war so weiß, dass sich ihr Haar daneben dunkel abhob. Er sah, wie sie erschauernd und betroffen Atem holte, er fühlte es als einen Schmerz in sich selbst. Er fragte: »Ist er in Gefahr, Guinevere?«
Sie brachte kein Wort hervor, ihr Blick wandte sich nicht vom Gesicht des Mondes ab. Eine Hand hielt sie über den Mund. Die andere nahm Arthur so sanft in die seinen, wie er nur konnte. Sie zitterte wie Espenlaub im Herbstwind. Und sie fühlte sich kälter an, als sie in dieser milden Mittsommernacht jemals hätte sein dürfen.
Er wiederholte seine Frage: »Was siehst du? Ist er in Gefahr, Guinevere?«
»Sie sind beide in Gefahr«, flüsterte sie, ihre Augen starr auf den Mond gerichtet. »Beide sind in Gefahr, mein Geliebter, und ich habe sie beide weggeschickt.«
Er schwieg. Er sah zum Mond hinauf und dachte an Lancelot. Er hielt Guineveres eine Hand fest zwischen seinen eigenen breiten kantigen Händen und wünschte ihr Frieden und Erleichterung ihres Herzens, und dieser Wunsch war heftiger und leidenschaftlicher als jedes Verlangen, das er jemals dafür empfunden hatte, sich selbst von seinem Verhängnis zu befreien.
»Ich reiche so tief wie du«, sagte der hochgewachsene Mann ruhig, als er die Lichtung betrat. Er hatte ein gezogenes Schwert in der Hand, das schwach schimmerte und das silberne Licht des Mondes einfing. »Ich weiß, wer du bist«, fuhr er fort und sprach dabei leise und ohne Eile. »Ich kenne dich, Curdardh, und weiß, woher du kommst. Ich bin hier als Bewacher dieses Kindes. Wenn du seinen Tod willst, musst du erst mich töten.«
»Wer bist du?« grollte der Dämon. Wieder wurden die Bäume in ihrem Umkreis laut, bemerkte Danen. Er blickte auf den Mann, der gekommen war, und wunderte sich.
»Ich bin Lancelot«, hörte er. Im hintersten Winkel seines Bewusstsein bewegte sich eine Erinnerung. Es war ein Spiel vom Krieger mit seinem König Speer und seinem Freund, seinem Tanist, hatte Finn ihm erzählt. Er war der Erste aus der Begleitung des Kriegers, und sein Name war Lancelot. Er hatte die Königin des Kriegers geliebt und ihr Name, ihr Name …
Der Dämon Curdardh wechselte seinen Platz, und man hörte, wie Granit über das Gras schliff. Er hob seinen Hammer und sagte: »Ich dachte nicht, dass ich dich hier sehen würde, aber ich bin nicht überrascht.« Er lachte leise, es klang wie Kies, der einen Abhang hinabrollt. Wieder wechselte er seine Gestalt. Er hatte jetzt zwei Köpfe und beide waren Dämonenköpfe. Er fuhr fort: »Ich möchte keinen Kampf mit dir, Lancelot. Und Pendaran weiß, dass du einen Winter im Wald gelebt und dort nichts Böses angestellt hast. Es wird dir nichts zuleide getan, wenn du jetzt gehst. Aber wenn du bleibst, muss ich dich töten.«
Mit vollkommen gesammelter innerer Ruhe entgegnete Lancelot: »Du kannst höchstens versuchen, mich zu töten. Das ist keine leichte Aufgabe, Curdardh, selbst für dich nicht.«
»Ich bin so tief wie der Erdkern, du Schwertmann, mein Hammer wurde in einer Höhle geschmiedet, die so tief liegt, dass das Feuer nach unten brennt.« Das sprach er ohne Selbstlob, als bloße Tatsache. »Seit Pendaran hier gewesen ist, war ich hier«, fuhr Curdardh, der Älteste, fort. »Diese ganze Zeit habe ich diesen Hain heilig gehalten, bin ich nur aufgewacht, wenn er
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