Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
Vom Netzwerk:
verletzt wurde. Du hast eine Klinge und bist unübertrefflich geschickt in deren Führen. Aber das wird nicht genügen. Ich bin nicht gnadenlos. Geh!«
    Bei diesem letzten rollenden, rumpelnden Befehl erzitterten die Bäume am Rande des Haines, und die Erde schwankte. Darien kämpfte um sein Gleichgewicht. Als das Zittern dann zu Ende ging, erwiderte Lancelot mit einer Höflichkeit, die auf merkwürdige, geheimnisvolle Weise zu diesem Ort passte: »Ich habe mehr, als du glaubst, aber ich danke dir für die Freundlichkeit deines Lobes. Bevor wir beginnen – denn wir werden hier kämpfen, Curdardh – solltest du wissen, dass ich in Caer Sidi als Toter gelegen habe … Jetzt heißt es Cader Sedat, und es ist die Krone des Nordens der Könige unter den Sternen. Du wirst wissen, dass dieses Schloss am Achsenbaum aller Welten liegt, dass das Meer an seine Wände pocht und alle Sterne sich darum drehen.«
    Dariens Herz raste, obwohl er nur einen Bruchteil dessen verstand, was er hörte. An etwas anderes hatte er sich noch erinnert: Finn, der in jenen Tagen alles zu wissen schien, was es zu wissen gab, hatte ihm erzählt, dass seine Mutter eine Königin gewesen war. Dass er das nun wusste, machte alles noch verwirrender, als es ohnehin schon war. Er schluckte. Er fühlte sich wie ein Kind.
    »Trotzdem«, sagte Curdardh zu Lancelot, »auch wenn du dort gelegen hast, bist du sterblich, Schwertmann. Willst du wirklich für den Sohn von Rakoth Maugrim sterben?«
    »Ich bin hier«, entschied Lancelot, und der Kampf begann.

 
Kapitel 8
     
    Ungefähr im selben Augenblick kam Shalhassan von Cathal zu dem Schluss, dass sein Sekretär nicht für das Soldatenleben geboren war. Auf dem Rücken des Pferdes war Raziel nur ein blasser Schatten … und zwar fast wörtlich … seiner normalen Tüchtigkeit. Zweimal bereits hatte der Hohe Herr sein Diktat unterbrechen müssen, während Raziel wie verrückt in seiner Satteltasche herumwühlte, um einen zerbrochenen Stift zu ersetzen. Während er wartete, ließ Shalhassan seine Finger durch seinen langen zottigen Bart gleiten und spähte auf die mondbeschienene Straße vor seinem dahineilenden Wagen.
    Sie waren in Brennin, und zwar auf dem Weg von Seresh zur Hauptstadt; sie ritten im Mondlicht und mit hoher Geschwindigkeit, denn der Krieg erforderte es. Es war eine milde Sommernacht, allerdings hatten die Ausläufer eines Sturmes spät an diesem Tag durch Seresh gepeitscht, als er und seine Verstärkungen aus Cathal den Fluss überschritten hatten. Raziel fand einen Stift und ließ ihn auch prompt wieder fallen, als er versuchte, die Zügel seines Pferdes besser in die Hand zu nehmen. Shalhassan zeigte nicht einmal den Funken einer Reaktion. Wenn Raziel fest auf dem Boden stand, führte er alles, was er tat, sehr gut aus, und Shalhassan war immerhin bereit, ihm diese Abweichung von seiner vollkommenen Zuverlässigkeit zuzugestehen. Er gab seinem Sekretär mit einem Wink seiner Hand zu verstehen, dass er zu den anderen zurückfahren könne. Das Diktat konnte warten, bis sie Paras Derval erreichten. Sie waren nicht mehr weit entfernt. Shalhassan erinnerte sich plötzlich sehr lebhaft an das letzte Mal, als er an der Spitze seines Heeres auf dieser Straße nach Osten gezogen war. Es war ein Wintertag gewesen, hellglänzend wie ein Diamant, und auf dem Weg war ihm ein Prinz in einem weißen Pelzmantel und einem weißen Hut entgegengekommen, auf dem Hut steckte eine rote Feder, die sich prächtig gegen den Schnee abzeichnete. Und jetzt, keine zwei Wochen später, war der Schnee vollkommen verschwunden, und der strahlende Prinz war mit Shalhassans Tochter verlobt. Auch war er weit weg auf dem Meer. In Seresh hatte man nichts mehr vom Schicksal des Schiffes gehört, das zum Spiralschloß gesegelt war.
    Vom Großkönig hatte man jedoch gehört, dass er an der Spitz(des Heeres von Brennin und der Männer von Cathal, die bereits dort waren, nordwärts geritten war. Dies war in derselben Nach’ geschehen, als die Prydwen in See gestochen war, und zwar als Reaktion auf den Ruf des Rufglases aus Daniloth.
    Shalhassan nickte seinem Wagenlenker kurz zu und packte der vorderen Haltegriff fester, als sie die Geschwindigkeit beschleunig ten.
    Wahrscheinlich war es nicht notwendig, dachte er. Es war eher wahrscheinlich, dass er und dieses zweite Kontingent zu spät kamen, als dass sie in diesem Stadium mehr als nur die Nachhut bilden konnten, aber er wollte Gorlaes, den Kanzler, treffen, um das bestätigt zu

Weitere Kostenlose Bücher