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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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stellt.«
    »Es ist gestohlen«, sagte ich, »und mit Blut bezahlt.«
    Aaron reichte Marie-Luise ein Taschentuch. Blütenweißer Baumwollbatist, gebügelt. »Niemanden wird es interessieren. Der Markt ist nicht groß, aber verschwiegen. Und ich denke, Sie haben jetzt genug gesehen.«
    »Lassen Sie wenigstens Natalja und Milla in Frieden«, sagte ich. »Die beiden haben nichts getan und nichts gewusst.«
    Aaron schüttelte den Kopf. »Dieses Risiko kann ich nicht eingehen. Utz wird sie suchen. Seit er weiß, dass sie lebt, will er sie sehen. Ich kapier das nicht. Eine alte Ukrainerin. Ich kenne niemanden, der sich gerne an sein Kindermädchen erinnert. Aber Utz will zu ihr. Das kann ich nicht zulassen. Sie wird einen Unfall haben. Sie …« Er drehte sich einmal um die Achse. Leider zu schnell. Er stand da wie Lucky Luke und grinste. »Sie wird aus dem Fenster fallen. Wussten Sie, dass in Moskau mehr Menschen durch Fensterstürze als durch Selbstmord sterben? Es geht um ihre Wohnungen. Sie sind kostbar, aber die Alten geben sie nicht her. Wenn alle Mittel versagt haben, kommt der Fensterstürzer. Mittlerweile ein anerkannter Ausbildungsberuf in gewissen Kreisen. Keine Fragen, keine Zeugen. Ein kurzer Schwindel beim Fensterputzen, ein wenig zu weit hinausgelehnt, und schon ist das Problem aus der Welt.«
    Marie-Luise hielt sich das blutrote Taschentuch unter die Nase. »Sie sind ekelhaft.«
    »Ich weiß.« Aaron grinste. »Meine Herrschaften, da geht es hinaus.«
    Ich stellte die Lampe direkt neben die Holzwolle. Sie war alt und bröselig. Wenn sie Feuer fing, würde hier im Nu alles lichterloh
brennen. Wir mussten Zeit gewinnen, irgendwie. Ich hoffte inständig, dass die Hitze der Lampe ausreichte.
    Aaron bemerkte nichts. Wir verließen den Schuppen.
    Da hörte ich es. Motorengeräusch. Ein Wagen preschte mit ziemlicher Geschwindigkeit den Waldweg entlang.
    Aaron hörte es auch. Er blähte die Nasenflügel, als ob er Witterung aufnehmen wolle. Dann trat er an die Tür des Lkws und öffnete sie mit zwei Handgriffen. »Rein. Dalli.«
    Auf der Ladefläche lagen zwei eng verschnürte Bündel. Abgasschwaden drangen heraus.
    »Du Schwein«, brüllte Marie-Luise, »du elendes, dreckiges …«
    Er schlug ihr mit dem Pistolenknauf gegen die Schläfe. Marie-Luise brach zusammen.
    »Los, heb sie rein.«
    Ich sah zu der Jagdhütte.
    »Los jetzt.« Er bohrte mir den Pistolenlauf in den Nacken.
    Ich ging in die Knie, beugte mich zu Marie-Luise.
    »Nein!«
    Der Schrei kam von der Hütte. Connie rannte auf uns zu.
    Aaron stolperte zwei Schritte zurück und ließ die Waffe sinken. »Du? Was machst du denn hier?«
    Noch nie in meinem Leben war ich so erleichtert gewesen, Connie zu sehen. »Geben Sie auf, Lehnsfeld. Fünf Morde, das ist einfach zu viel. Da kann selbst ich nichts mehr für Sie tun.«
    Connie blieb stehen und schlug die Hand vor den Mund.
    Ich beugte mich über Marie-Luise. Sie atmete flach. Aus der Wunde an ihrem Kopf sickerte ein kleines Rinnsal Blut in ihre Haare. Ich drehte sie in die Seitenlage und wollte in den Lkw, um den anderen zu helfen.
    »Heben Sie sie hoch, und legen Sie sie da rein.« Aaron zielte wieder auf mich. Dann streckte er den freien Arm nach Connie aus. »Komm her.«

    Ich traute meinen Augen nicht, aber Connie stakste tatsächlich zu ihm hin. Sie trug ein weißes Sommerkleid aus Seide. Es fehlten nur noch Hut und Handschuhe, dann hätte sie Aaron zum Polo mitnehmen können. Er legte den Arm um ihre Schulter und drückte sie an sich.
    »Ich habe unser Tennisspiel vergessen«, sagte er. »Ich lade dich dafür zum Essen ein. In Ordnung?«
    Ich konnte es nicht glauben, aber Connie nickte.
    »Was ist hier los?«, fragte sie mit einer Stimme, die jeden Moment brechen konnte. »Ich habe mir Sorgen gemacht. Warum läuft der Motor? Und die Leute da drin, was soll das?«
    Aaron drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. »Davon verstehst du nichts. Sei ein braves Kind, und geh rein. Ich erledige das hier.«
    »Connie«, sagte ich langsam, »er will uns alle umbringen. Du kannst da nicht einfach zusehen.«
    »Soll sie auch nicht«, erwiderte Aaron. »Geh jetzt. Es dauert nicht lange.«
    Connie löste sich unsicher von ihm. »Aaron, liebst du mich?«
    Mir blieb der Mund offen stehen. Aaron ging es genauso.
    »Nein, nein!«, schrie ich. »Er liebt dich nicht! Er macht dich zu seiner Komplizin, kapierst du das denn nicht?«
    »Liebst du mich?«
    Aaron dauerte das alles offensichtlich zu lange. »Geh rein!«,

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