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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Kopf gestellt. So gut wie kein altes Bild, kein kostbares Möbelstück gehörte mehr den Zernikows. Stücke, deren Herkunft nicht eindeutig geklärt war, wurden konfisziert. Dressler erwischte die polizeieigene Spedition gerade beim Abtransport des Wörlitzer Parks aus Utz’ Büro.
    Die Freifrau hatte natürlich von nichts gewusst. Utz zog ins Kempinski und setzte tagsüber seine Geschäfte in der etwas kahler gewordenen Kanzlei fort.
    Auch bei den Lehnsfelds wurde beschlagnahmt, allerdings nicht so viel. Es sah ganz danach aus, als hätte der alte Abel von Lehnsfeld einen großen Teil des Schatzes tatsächlich im Keller gebunkert. Das meiste davon war in Carinhall verbrannt.
    Die Freifrau hingegen hatte bald nach dem Krieg einiges von Wilhelms Anteil verkauft und sich damit ein gutes Auskommen gesichert. Selbstverständlich, so gab sie an, hätte sie geglaubt, dass die Kunstschätze alle rechtmäßig erworben seien. Der plötzliche Reichtum der Zernikows nach der Währungsreform war also keinesfalls nur auf das Wohlwollen uniformierter Amerikaner zurückzuführen. Es wurde aber vermutet, dass über diese Kanäle einiges in die USA verschwunden war. Mit dem Rest hatte sich die Freifrau die Villa dekoriert. Und das war ihr nun zum Verhängnis geworden.
    Der Döllnsee – Schicksal deutscher Kunst?, titelte zwei Tage später die Berliner Tageszeitung. Dressler war ins Unterholz gekrochen und hatte Waldboden mit Lärchen und einige Ziegelsteine abgelichtet. Kollege Brettschneider entrang sich einen pathetischen Artikel, in dem er Carinhall – wie einst Göring – mit dem Palast des Nero verglich. Er hatte einen Taucher ausfindig gemacht, der tatsächlich vor einigen Jahren in dem See
zwei Bronzestatuen gefunden hatte. Immer wieder, so klagte der Bürgermeister des nächsten Kirchspiels, würden Glücksritter den Wald durchpflügen auf der Suche nach den letzten verlorenen Geheimnissen …
    Dressler hatte Marie-Luise beim Verlassen der Mordkommission erwischt. Sie habe den Schatz mit eigenen Augen gesehen, fabulierte Brettschneider in seinem Text, als Letzte habe sie die unersetzbaren Gemälde in der Hand gehalten. »Es war unglaublich! Franz Marc! Tizian! Ich hielt sie in meinen Händen, die größten Werke abendländischer Malerei …«
    Damit war es vorbei. Für Tizian und Cranach war die Feuerwehr zu spät gekommen, mit größter Mühe hatte man einen Waldbrand verhindert. Das Silber war geschmolzen, nur einige Putten und bronzene Kerzenständer hatte man in der Asche gefunden. Sonst war nichts übrig geblieben. Vielleicht konnte jetzt endlich Gras über die letzten Ziegelsteine von Carinhall wachsen.
    Die Lehnsfelds hingegen würden es einige Zeit schwer haben. Den Mord an Olga versuchte man gerade Walter in die Schuhe zu schieben, ebenso wie das Attentat mit dem Bagger in Grünau. Walter stritt alles ab. Dann bekam er den angeblich besten Anwalt der Stadt und schwieg erst einmal wie ein Grab. Milla und Horst machten ihre Zeugenaussage, konnten aber keine zuverlässige Täterbeschreibung geben. Ein maskierter Blumenbote hatte die beiden gezwungen, das Krankenhaus mit ihm zu verlassen. Dann hatte er sie betäubt. An mehr konnten sie sich nicht erinnern.
    Verena gramgebeugt und ganz in Schwarz. Abraham stützte sie. Das erste Foto, das beide zusammen zeigte. Zwei Wochen später schickte ich den Ring anonym an das Referat Kunstraub des Berliner Senats und schrieb Verena einige Zeilen, wo sie ihn abholen könnte. Sie wird auf ihn verzichtet haben.
    Mit Marie-Luise diskutierte ich lange, ob die beiden gewusst
hatten, welches unheilvolle Vermächtnis der Großvater dem Enkel vererbte. Marie-Luise verneinte vehement. Es gäbe, so argumentierte sie, nirgendwo auf der Welt eine Mutter oder einen Vater, die wirklich wüssten, wozu ihr Kind fähig war. Ich war der Meinung, dass sie es nicht wissen wollten. Zuletzt einigten wir uns darauf, dass beides wohl auf dasselbe hinauslief.
    Es klopfte.
    Marie-Luise steckte den Kopf durch den Türspalt. Mit drei Schritten war sie bei mir. »Das ist schädlich!«, rief sie und riss mir die Zeitung weg.
    »Zeig mal her«, sagte ich und ergriff ihre Hände. »Die Pfoten, die Tizian berührten.«
    Sie wand sich los. »Die schlechte oder die schlechte Nachricht zuerst? Dein Porsche ist weg.«
    Das tat weh. Im Vergleich zu meinem Porsche war mir Tizian schnurzegal. »Wieso weg? Geklaut?«
    Sie zog sich den Stuhl heran. »Nee, er war nur geleast. Sigrun hat ihn abholen lassen.«
    Zum ersten

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