Das Kleine Buch Der Lebenslust
bewusst lebe, wenn ich gut lebe, wenn ich mich richtig verhalte, wenn ich Gottes Willen erfülle, dann ist die Freude mein Abendbrot. Die Freude ist Ausdruck eines erfüllten Lebens. Und die Freude ist wie ein Abendbrot, das mich nährt. Die Seele wird satt an der Freude. Wer dankbar auf sein Tagewerk zurückblicken kann, der wird von Freude erfüllt. Und die Freude wird seine Begleiterin sein am Abend und während der Nacht. Sie wird sich in derNacht in seine Seele eingraben, so dass sie auch von Konflikten am nächsten Tag nicht aus dem Herzen vertrieben werden kann.
Genieße dein Alter
„Es ist wenig Raum zwischen der Zeit, wo man zu jung, und der, wo man zu alt ist“, sagt Charles de Montesquieu. Ein weiser Satz. Ich selber werde älter – und genieße diese Zeit. Ich trauere meiner Jugend nicht nach. Sie ist vorbei. Sie war schön. Aber ich möchte nicht mehr jung sein. Das Alter schreckt mich nicht. Ich bin gespannt, was sich in mir entwickelt und welche Erfahrungen ich in den nächsten Jahren machen werde.
Doch vielen Menschen geht es anders. Wenn sie jung sind, möchten sie endlich erwachsen werden. Sie möchten mitreden und die Welt gestalten. Doch später haben sie Angst, 30 zu werden, weil sie fürchten, dass die Zeitspanne zu kurz ist, in der sie in Blüte stehen. Oder sie haben Angst, ihren 40. Geburtstag zu feiern: denn da müssten sie endgültig Abschied nehmen von der Jugend. Noch schlimmer ist der 50. Geburtstag. Anstatt die Fülle des Lebens zu genießen, trauern sie der verlorenen Zeit nach. Solche Menschen leben nie in der Gegenwart. Sie können das Geheimnis jeder besonderen Zeit nicht genießen, weil sie immer entweder zu jung oder zu alt sind,aber nie zufrieden mit dem Alter, das sie gerade haben. Solche Menschen müssen irgendwann einmal bekennen, dass sie nie wirklich gelebt haben. Immer waren sie zu jung oder zu alt. Nie waren sie passend. Nie haben sie den Augenblick ausgekostet. Jede Zeit und jedes Alter ist gut. Aber ich darf mein Alter nicht mit anderen Zeiten vergleichen. Wenn ich ganz im Augenblick lebe, dann geht mir das Geheimnis gerade meines jetzigen Alters auf. Und ich erkenne die Chance, gerade jetzt gegenwärtig zu sein und zu leben .
Lebenselexier
Der Weisheitslehrer Jesus Sirach verbindet jüdische Weisheit mit Einsichten hellenistischer Lebenskunst. Von ihm stammt ein Rat, der heute noch aktuell ist: „Gib dich nicht dem Trübsinn hin, quäl dich nicht selbst mit nutzlosem Grübeln! Freude und Fröhlichkeit verlängern das Leben des Menschen und machen es lebenswert“ (Jesus Sirach 30, 21).
Es ist eine optimistische Weisheit. Wir können uns das Leben selbst schwer machen. Wir sollen die negativen Gedanken nicht verdrängen. Denn sonst würden sie uns überallhin verfolgen. Doch es geht darum, Abstand zu gewinnen zu dem Trübsinn, der manchmal in uns aufsteigt. Ich nehme ihn wahr, ohne ihn zu verdrängen. Aber indem ich ihn wahrnehme, lasse ich ihn auch los, distanziere mich davon. Der Weisheitslehrer ist davon überzeugt: Die Freude entspricht dem Wesen des Menschen. Sie tut seiner Gesundheit gut und sie verlängert sein Leben.
Ein Geschmack der Ewigkeit
„Alle Lust will – Ewigkeit! ... – will tiefe, tiefe Ewigkeit.“ Dieser Ausruf Nietzsches ist nicht nur Rebellion gegen ein
einengendes, lustfeindliches Christentum, das überall nur die Sünde sah. Er ist auch Ausdruck einer tiefen Sehnsucht nach einer lebendigen Religion, nach
einer Lust, die auch die Beziehung zu Gott prägt. Nietzsche sehnt sich nach dieser Lust, ohne sie in seiner eigenen Krankheit selbst zur Genüge erfahren
zu können. Lust kann gar nicht eine lange Zeit hindurch erfahren werden. Sie übersteigt aber bereits unsere Endlichkeit, weil sie Aufhebung der Zeit
ist. In ihr ist Sehnsucht und Erahnen der Ewigkeit. Ewigkeit ist hier nicht verstanden als lange Dauer. Ewigkeit ist hier vielmehr der Augenblick, der
ganz tief erlebt wird, in dem ich ganz in dem bin, was ich tue, was ich fühle, was ich bin. Sie ist eine Erfahrung, die den ganzen Leib durchdringt, die
den Menschen in Leib und Seele vibrieren lässt, die das Innerste des Menschen erschüttert. Diese Lust hat in sich etwas vom Geschmack der Ewigkeit. Und
sie verweist auf den, der allein unsere tiefste Sehnsucht zu erfüllen vermag.
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