Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken
nicht herausfinden können. Eine Erklärung könnte sein, dass es die Säuren im Mund zu Süßstoff verwandelt, eine andere besagt, dass die Süßrezeptoren auf der Zunge vom Miraculin verändert werden und jetzt auf Säure ansprechen. Ein französischer Forscher, Chevalier des Marchais, berichtete schon 1725 anlässlich einer Afrika-Expedition, dass dort die Einwohner vor den Mahlzeiten die Früchte des Wunderbaums verzehrten, um damit ihr Essen schmackhafter zu machen. Miraculin-Früchte sehen aus wie Hagebutten und sind eigentlich geschmacklos. Ihre Wirkung im Mund hält zwei bis drei Stunden lang an, weshalb sie in den USA gern als Partyscherz benutzt werden. Leider lässt sich Miraculin bei uns schwer auftreiben, da es in der EU noch nicht zugelassen ist. Synthetisch hergestellt ist es sehr teuer. Bleibt nur noch selbst züchten oder in einen botanischen Garten gehen.
Großartig für uns Salzliebhaber ist, dass es bestimmte Aminosäuren gibt, die geradezu als Salzbooster wirken.Der Salzgehalt bleibt gleich, das Essen wird aber als viel salziger empfunden. Als allgemeiner Geschmacksverstärker wirkt die Aminosäure Glutamat, die den Umami-Geschmack erzeugt, der salzig, würzig und nach Maggi schmeckt. Eigentlich heißt der Stoff Natriumglutamat und wird in Asien oft als Salzersatz für Natriumchlorid verwendet. Auf unserer Zunge wirkt er auf Salz- und spezifische Süßrezeptoren. Ein asiatisch gewürztes Huhn wird deshalb immer intensiver schmecken als das einfach gesalzene deutsche Huhn, weil es mehr Geschmacksnuancen bietet.
Doch nicht alle Geschmäcker sollen verstärkt werden. Besonders unbeliebt ist bei vielen Menschen zum Beispiel der Bittergeschmack, obwohl er, wie wir im Wellness-Kapitel noch sehen werden, jede Menge sympathische Seiten hat. Aber der Bittergeschmack erinnert eben auch an Medizin, scheußliche Gesundheitstees und Kräuterschnäpse, die immer dann zum Einsatz kommen, wenn einem ohnehin schon übel ist. Tatsächlich gibt es für den Bittergeschmack bestimmte Stoffe, die die Rezeptoren blockieren. So könnte man zum Beispiel den Bitterblocker Adenosinmonophosphat ( AMP ) verwenden und damit Lebensmittel wie Kaffee oder Endivien weniger bitter machen.
Der Nachteil dabei ist es, dass AMP alle Bitterstoffe gleichermaßen blockiert und zusätzlich den Umamirezeptor aktiviert, deshalb schmecken manche Lebensmittel plötzlich sehr merkwürdig nach Brühwürfel. Ein ganz neuer Blocker, der erst vor Kurzem am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam entdeckt wurde, arbeitet da genauer. Er blockiert sehr gezielt nur den Bittergeschmack von künstlichen Süßstoffen wie Saccharin und Acesulfam. Damit könnte sich der Geschmack von Getränken, Fertigprodukten, aber auch Medikamenten verbessern lassen.
Vor allem die Industrie ist daher an der Entwicklung von Bitterblockern und anderen Geschmacksveränderern interessiert. Gern wird in diesem Zusammenhang erklärt, sie seien ein Weg, um gesündere Lebensmittel herzustellen: mit weniger Zucker, weniger Salz. Doch sind die Zusätze selbst überhaupt unbedenklich? Die meisten Verbraucher sind skeptisch und kaufen lieber naturbelassene Produkte. Oder solche, die sie dafür halten. Denn bei vielen Lebensmitteln, wie zum Beispiel Chicorée, sorgen schon die Züchter dafür, dass sie kaum mehr Bitterstoffe enthalten. Was natürlich dazu führt, dass wir von deren positiven Eigenschaften nicht mehr profitieren können. Dabei können Bitterstoffe sehr hilfreich sein bei Verdauungsproblemen und Stoffwechselerkrankungen. Außerdem sind sie der ideale Partner für Schönheit und Fitness, weil sie unseren Hunger auf Süßes stillen und als aktive Fatburner überflüssige Pfunde verhindern.
Schmerzkiller aus der Natur
Zahnschmerzen treten bekanntlich meist am Wochenende auf. Wenn der eigene und einzig vertrauenerweckende Zahnarzt sich beim Golfen vergnügt und sein Anrufbeantworter auf irgendeinen Kollegen verweist, der gerade Notdienst hat. Ehe man sich dessen Künsten anvertraut, greift man doch lieber erst mal auf Großmutters Hausapotheke zurück. Die empfiehlt: Nelken kauen – ein Rezept, das von alters her bekannt ist.
Nelken enthalten den Geschmacks- und Geruchsstoff Eugenol, eine chemische Substanz, die in der Lage ist, einen unserer Riechrezeptor-Typen in der Nase zu aktivieren und damit den typischen Nelkengeruch hervorzurufen, aber zusätzlich auf den Schmerz- und Warnnerv unseres Gesichts, den Nervus trigeminus, einzuwirken. Dieser
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